Auszeichnungen
Unser Vater bekam 1944 das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern 2. Klasse.

Gemäß der Verordnung über die Stiftung des Kriegsverdienstkreuzes
wurde dieses für Anerkennung für „besondere Verdienste“ verliehen, die nicht die Voraussetzungen des Eisernen Kreuzes erfüllten. Faktisch war also das KVK der Orden, der für Verdienste im rückwärtigen Frontgebiet oder in der Heimat verliehen wurde, während das EK für Verdienste bei unmittelbaren Kampfhandlungen reserviert war.
Das Kriegsverdienstkreuz aller Klassen konnte an sämtliche Dienstgrade verliehen werden.
Das KVK wurde in den folgenden Stufen verliehen:
1. Kriegsverdienstmedaille
2. Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse
3. Kriegsverdienstkreuz 1. Klasse
4. Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes (ab 1940)
5. Goldenes Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes (ab 1945)

Wofür wurde unser Vater ausgezeichnet:
Vater war nach Dienst bei Wehrmeldeamt II in Jüterbog zu den Landesschützen nach Berlin in die Greifswalder Straße versetzt worden. Er kam wegen der großen Kinderzahl nicht zur Kämpfenden Truppe. So hatte er als Obergefreiter seinen Stuhl in der Kompanie-Schreibstube, sein Bett stand in einer Achtmann-Bude. Natürlich war er nicht von gelegentlichen Sondereinsätzen und Wachdiensten befreit.
Einen schweren Gang hatte er mit der Überbringung der Unterlagen nach Potsdam über einen Soldaten, der wegen Diebstahls von Eßbarem aus einem Güterwagen zum Tode verurteilt worden war („Warum hat sich der arme Teufel nur erwischen lassen! – Nur weil er sein Koppel vergessen hatte“). Vater mußte Zeuge der Hinrichtung sein – er war sehr mitgenommen wieder zurückgekehrt.

Bei einem Wachdienst am Westhafen wurden seine Wachmannschaft und er, sowie der Zahlmeister des Depots bei einem nächtlichen Luftangriff im Luftschutzkeller verschüttet. Er hatte extra angeordnet, die nach außen zu öffnende Kellertür nicht zu schließen. Und das war das Glück für alle Verschütteten bei diesem Volltreffer auf das darüber befindliche Lager. Vater hatte nicht seinen Helm aufgehabt, der war plattgedrückt worden, Patronen in den Ledertaschen waren geknickt. Alles stockdunkel, nur der brennende Lagerinhalt beleuchtete den Ausgang, der nur aus einem flachen Schlitz im Gerölle bestand.
Sie befreiten sich. Der Zahlmeister „Das verstehe ich nicht, daß der Zucker brennt, ich habe doch die Säcke mit genügend großen Lufträumen stapeln lassen. Vater belehrte den „Schmalspurer“ über die Brennbarkeit von Zucker, ehe er und seine Mannen sich daran machte, aus den Tiefgaragen die blockierten Lkw’s herauszuschieben – er hatte sich noch über die dabei entwickelten Kräfte gewundert.

Und dafür bekam er diese Auszeichnung.

Einige Zeit später kam Vater spätabends kreidebleich nach Hause. Er umarmte uns Kinder (ich war doch schon dreizehn Jahre alt, wurde ebenso einbezogen) und küßte uns unter Tränen ab. Was war geschehen?
Einsatz in Tegel. Ein Kinderkrankenhaus hatte einen Bombentreffer bekommen. Die Keller waren total verschüttet. Rettungseinsatz, man hörte noch Stimmen aus den Trümmern. Man hob die befreiten Kinder heraus, doch für manches Würmchen kam die Befreiung zu spät. In Vaters Armen ist so ein kleines Wesen gestorben.

Seitdem wollte Vater raus an die Front.

Verrückte Zeit:
Vater jammerte, daß wir ihn in Berlin zurückgelassen hatten, Mutter sich mit uns Kindern am 16.Januar 1944 nach Erbach im Odenwald evakuierte.
Und er wollte weg aus Berlin, weg von den Bomben.
Er kam nach einem ABC-Lehrgang in Bromberg als frischgebackener Unteroffizier nach Dänemark. Das Schicksal wollte es, daß er beim Begehen eines Sicherheitsbereiches an der Küste auf eine Mine trat, sein dicker Wachmantel schützte ihn etwas, er überlebte als Einziger, seine Kameraden waren tot, er kam ins Lazarett und damit der Kommandierung an die Ostfront zuvor.

Die Briefe von Mutter und Vater aus dieser Zeit erzählen vieles dazu.
Diese Geschichten hatte mir Vater vor unserer Evakuierung in den Nächten erzählt, wenn wir bei Fliegeralarm in Eichwalde im Treppenaufgang des Luftschutzkellers zusammen eine Zigarette rauchten. „Du darfst ruhig rauchen, tust es doch sonst auch“ – Das war aber nicht so.
ortwin

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