Auf den Feldern: Zuckerrübenernte
Eles Tag und Eles Abend
Personen: Studienreferendar „Wolle“ Steinböck und Schülerin Eleonore Weinrich
Im Vor- und Nachspsiel: Frau Dr. Mai (Schulleiterin) und Polizisten in einem Polizeiwagen
[Vorblende]
Ele und Frau Mai (im Direktorenzimmer)
Ele (erzählt, zuerst hektisch; dann ruhiger, ihrer Direktorin Frau Dr. Mai:) Wolle! Der war's – äh, na, der Steinböck - hat mich aus dem fahrenden Auto herausgesehen.
Muß er. Mit Sicht auf die Bushaltestelle, wo ich mich untergestellt hatte. Ein Bus fuhr heran; er setzt nur eine Aussteigerin ab; fährt sofort wieder an, das Aas von Fahrer. Warum, der Sack! Dass der mich nicht gesehen hat - unvorstellbar. Ich renn aus dem Häuschen raus, komm herangerannt; ich winke, stürze heran - aber: Pech - ich verpass den Bus.
Rückblende:
[Außen; westfälische Landschaft; Herbst; Erntezeit; Abendstimmung; Bauern mit Traktoren, Rübenroder auf den Feldern; Heimfahrt der Fahrzeuge]
Bus-Fahrgeräusch: (Der Fahrer hat schon Gas gegeben und ordnet sich wieder auf der Fahrbahn ein.)
Steinböck (im Auto – Kleinwagen; summt, quatscht für sich): Ach, die Kleine krieg’ ich! Na, dich mach ich alle! Die kann mal quieken lernen! Die lernt noch singen, wenn ich die pack!
Ele W. (wirft ihre Sporttasche auf die Bank an der Haltestelle; lehnt sich an das Warthäuschen; stampft mit dem Fuß auf. Dann: Nahaufnahme; sie schimpft:) Verdammte Busfahrer! Wenn die mal lernen müßten, freundlich zu sein...!
[Autostrom in der Vorbeifahrt)
Autofahrer Steinböck (noch unbekannt: Stud.Ref. „Wolle“ Steinböck - hinterm Steuer seines Wagens; er nähert sich nach einer Linkskurve von der Hauptstraße aus der Bushaltestelle; aus seiner Sicht gefilmt: Mädchen an der Haltestelle kommt zu spät an - Der Bus ist weg...)
Der Kleinwagenfahrer (grinst sich eins rein; fährt an den Straßenrand heran; kurbelt rechts die Scheibe herunter:) Hallo, junge Frau! Hast den Bus verpaßt?
Mädchen (schaut herüber zum Auto, abwartend)
Autofahrer (freundlich, überredend:) Na, wo soll’s hingehen! In ‘ner halben Stunde ist es ja total dunkel.. Na, Mädchen? Wohin nun?
Ele (abwartend:) Ich. Na, ja. Ich muß zehn Uhr zu Hause sein. Wenn der Busfahrer mich noch mitgenommen hätte - (bricht ab)
Autofahrer: Is ja kein Beinbruch! Komm! Steig ein!
Ele (nähert sich:) Ne, danke. Ich mach nicht auf Tramper! Nicht im Dunkeln. Das hab ich meinen Eltern versprochen.
Ele (schaut ins Auto; die Tür wird geöffnet: ) Sie -? Herr Steinböck! Sie?! - Mein, Gott, natürlich! Haben Se 'nen neuen Wagen?
Steinböck (angenehm gefärbt:) Na, siehste, Mädel! - Geht doch! Warum sollst du kein Vertrauen zu mir haben!? Bist doch schon in der Oberstufe - oder?
Ele (Pause. Ele ignoriert die Frage): Ich hatte Sie nicht erkannt.
Steinböck: Ja, wenn’s auf zehn Uhr zugeht. Da muß Papis Töchterchen aber schnell nach Hause.
Ele: Bin Mamas Liebling. – Papa? Den haben wir in den Wind geschossen. - Na, ‘ne halbe Stunde - die hab ich noch! - (Sie ist eingestiegen; reibt sich den rechten Knöchel....)Hab mir heut den Knöchel wehgetan! Verdammt! Als ich den Scheissbus noch erreichen wollte. Der dann einfach davonfuhr!
Steinböck (dreht leise Musik an; Soft-Rock): Ja, denen müßte man ab und zu eine Stinkbombe in den Bus schmeißen!
Ele (reibt sich weiterhin den Knöchel:) Wenn das bis Sonntag nicht weg ist, ist meine Fahrt nach Münster futsch!
Steinböck (warmherzig, interessiert:) Zum Baskettball-Turnier?
Ele: Eben! Ist ja was drin für die Landesschul-Meisterschaft!
Steinböck: Na, hoffen wir doch alle!
Stetig summende Fahrt in die steigende Abenddämmerung. Vorbei an zwei Verkehrsschildern.
Ele: Hej, ich woll nach Derendorf!
Steinböck: Woher soll ich das wissen.
Ele: Dann fahren Sie die nächste rechts! Das ist kaum ein Umweg!
Steinböck (… fährt an der Abzweigung rechts vorbei)
Ele: Hej, Sie! Zurück!
Steinböck (fährt auf einen Feldweg, vor einem kleinen Büschchen hält er, 300 m von der Straße entfernt.)
Ele (empört!): Das! Was soll ich das! Ich will raus! Sie Idiot!
Steinböck: Hier. (Er greift in die Jackentasche, zieht Geldschein heaus: Hier, für zehn Minuten! Mehr kannze nich vadienen! Mädken!!
Ele (steigert sich in Schreien): Du Sau! Bist du nicht gescheit! Ich bin doch nicht – (bricht ab.)
Steinböck; Käuflich, meinst du? Ach, was! Du bist doch keine Jungfrau mehr. Und da - (er holt noch einen Geldschein heraus; zeigt drei 50-Mark-Scheine, macht das Innenraumlicht an.): Sieh, das ist doch mehr als Taschengeld für zwei Wochen! Du brauchst mir nur einen abzuwichsen! Mehr verlang ich ja nicht! Das ist fürstlich belohnt für ein kleine Mädchen!
Ele: Scheißer! Elender! Das wirst du büßen!
Steinböck (grinst, hält ihr das Geld hin. Holt überdeutlich markierend ein großes Taschentuch heraus:) Mach schon, Kind! Alles sauber zu erledigen! Und AIDS hab ich noch nicht! - Bist doch keine Zimperliese!
Ele (beruhigt sich, zeigt ihm den Vogel, protestiert’s rational-sachlich:) Du Schweinchen! - Laß mich raus!
Steinböck (grinst, hebt die Türverriegelung auf:) Da, das ist die freie Welt - des Edlen und Guten. Schönen Heimweg!
Ele (steigt schnell aus; tritt in eine Pfütze; will tapfer weiter, greift nach ihrem Knöchel, schmerzverzerrt:) Scheiße! Auch das noch! (Sie schaut zur fernen Straße; sieht einen Wagen vorbeifahren - winkt; der Wagen fährt vorüber...)
Steinböck (ist ausgestiegen; gibt sich mitleidig:) Komm, Dern! Steig ein. Das ist nix für dich hier!
Ele: Puh, du Dreckssau! Ich wichs dir doch keinen ab, du Schmutzlappen!
Steinböck (beruhigt:) Reg dich ab. War nur ein Vorschlag!
Ele (empört:) Vorschlag, nennst du das? Das ist - das ist -
Steinböck: Siehste! Weißte selber nicht! Komm, steig ein. Ich wollte es nur freiwillig haben. Aber wenn man sich da erst Wochen lang um eine hübsche Schülerin kümmern um - (kuckt sie frech an:) um - zum Petting zu gelangen - weißt du (bricht ab!)
Ele (zeigt ihm den Vogel): Sau du! Wichs dir erst einen ab! Dann erst steig ich erst wieder ein!
Steinböck: Na, lass man! So sehr steh ich auch nicht unter Druck! Aber du bist ein besonders scharfes Weib. Da hatte ich die Idee -!
Ele (unterbricht ihn scharf:) Machst du das öfter? Da sollte man dich in die Psychiatrie packen!
Steinböck (lacht auf:) Nein, das war völlig spontan - das mußt du mir glauben. Komm, steig wieder ein. Ich werd mich benehmen.
Steinböck (wendet mit dem Wagen, kommt mit dem rechten Hinterrad vom Feldweg ab, gibt Gas, die Räder drehen durch; er, wütend:) Scheiße, scheiße!
Steinböck (schaukelt sich mit dem Wagen, nachdem er sich beruhigt hat, aus der Erdkuhle neben dem Feldweg heraus; dann öffnet er rechts die Seitentür, bittet Ele einzusteigen:) Hast nichts mehr zu erwarten. Komm, gib deinem empörten Herzen einen Schubs! (Sieht sie humpeln.) Ich bring auch noch zur Ambulanz im Krankenhaus, wenn du das da mit dem Fuß - da was hast!
Ele (droht ihm ernstlich:) Aber, oh weh, du! Ich zeig dich an, wenn du ausnutzen willst, dass ich nicht weglaufen kann - dann!
Steinböck: Laß! Laß man, war keine gute Idee von mir!
Ele (läuft noch bis zur Fahrstraße; setzt sich dort auf einem Kilometerstein; zieht Schuh und Socken aus; massiert sich den Enkelknochen; stöhnt leise..)
[Zwischenmusik]
(Sie fahren ab, zurück zur Straße; sie kehren um, biegen ab, zurück nach Derendorf.)
Steinböck: Ehrlich, gestanden. Ich hab’s schon einmal gemacht. Da hatte ich aber auch jemand anderen erwischt.
Ele (schweigt...)
Steinböck: Wirst du darüber reden? Ich meine, zu Hause?
Ele (zögert): …’ntürlich erzähl ich meinem Freund. Wenn ..., wenn der mal gerade Zeit hat, zuzuhören -
Steinböck: Was treibt der denn?
Ele: Sport: Freitags auf Schalke, Samstag nach Dortmund, Sonntags, möglichst noch nach Leverkusen - oder sonst wohin! - Vorigen Samstag-Sonntag auf dem Hockenheimring. Dafür hat der 600 Mark ausgegeben!
Steinböck: Viel Knete! Woher hat er die?
Ele (zögert erst, zu antworten:) Die hat er sogar von mir. Ich hatte - hatte mein Feriengeld noch nicht aufgebraucht. Ich wollte erst in den Herbstferien losfahren.
SteinböcK : Und wieviel Geld fehlt dir jetzt?
Ele: Etwa 500 Mark!
Steinböck: Du hättest... (Er vergewissert sich in Eles Gesicht, ob er so ungeniert sprechen kann...:) Du hättest mich vorhin abzocken können. Ich hatte 1000 Mark abgeholt von Monatsersten!
[Weiterfahrt; die Landschaft: Zuckerrübenfelder, ziehen vorüber…]
SCHILD: „Zum Apfelbock“. Sie fahren an einer ländlichen Kneipe vorbei.
Steinböck: Na, komm, ich fahr da auf den Parkplatz, Da geb ich dir einen aus! Kannst dich abreagieren. - Wisch dir mal übers Gesicht. Da, da sind Tempos!
Ele: Arsch! Arschloch! Verficktes (Sie bricht ab!)
Steinböck: Na, so drückt sich eine guterzogene Tochter aber nicht aus!
Ele: Saukopp!
Steinböck: Na, das ist nicht die Hochsprache, die in der Schule gepflegt wird.
Ele (wieder wütend:) Los, nach Hause! Keine Tricks oder sonst was! Bild dir nicht ein - weil ich mit dir rede - dass ich dich nicht für ein Schweinchen halte!
[Nach- und Rückblende]
[Die Szene verändert sich: Innen. Vorbei an der kleinen Grabbe-Büste auf dem Wandsockel. (Sekretariat des Grabbe-Gymnasiums) Die Personen gehen weiter in ein Direktorenzimmer: Abschlusseinstellung: Ele und Frau Dr. Mai sitzen auf Sesseln einander gegenüber.]
Ele (sie hat dieses Erlebnis erzählt; sie sitzt Fr. Mai gegenüber und wartet nun auf eine Reaktion der Direktorin.)
Fr. Mai: Das ist also für dich eindeutig klar, dass der Kerl unser kleiner Steinböck war. Religion und Sport! - Sport und Religion!
Ele (schnauft noch, grinst dann ein wenig): Ja, er hat mich ja erkannt. Aus der Volleyball-AG. Er wußte, dass ich in einer „Zehn“ bin. Er grinste gar, als er meinte, wir sähen uns ja mal in der „Elf“.
Fr. Mai: Davon erzähl noch mal. Dazu rufe ich die Polizei an. - Aber vorher musst du deine Eltern noch unterrichten. Okay, ja? - Das ist ja interessant für die!
[Eleonore und Frau Dr. Mai. Sie gehen durch das Schulgelände spazieren, zum Schulgarten.
Zu dem dahinter liegenden Parkplatz. Sie sehen, da kommmt ein Polizeiwagen angefahren.]
Personen: Studienreferendar „Wolle“ Steinböck und Schülerin Eleonore Weinrich
Im Vor- und Nachspsiel: Frau Dr. Mai (Schulleiterin) und Polizisten in einem Polizeiwagen
[Vorblende]
Ele und Frau Mai (im Direktorenzimmer)
Ele (erzählt, zuerst hektisch; dann ruhiger, ihrer Direktorin Frau Dr. Mai:) Wolle! Der war's – äh, na, der Steinböck - hat mich aus dem fahrenden Auto herausgesehen.
Muß er. Mit Sicht auf die Bushaltestelle, wo ich mich untergestellt hatte. Ein Bus fuhr heran; er setzt nur eine Aussteigerin ab; fährt sofort wieder an, das Aas von Fahrer. Warum, der Sack! Dass der mich nicht gesehen hat - unvorstellbar. Ich renn aus dem Häuschen raus, komm herangerannt; ich winke, stürze heran - aber: Pech - ich verpass den Bus.
Rückblende:
[Außen; westfälische Landschaft; Herbst; Erntezeit; Abendstimmung; Bauern mit Traktoren, Rübenroder auf den Feldern; Heimfahrt der Fahrzeuge]
Bus-Fahrgeräusch: (Der Fahrer hat schon Gas gegeben und ordnet sich wieder auf der Fahrbahn ein.)
Steinböck (im Auto – Kleinwagen; summt, quatscht für sich): Ach, die Kleine krieg’ ich! Na, dich mach ich alle! Die kann mal quieken lernen! Die lernt noch singen, wenn ich die pack!
Ele W. (wirft ihre Sporttasche auf die Bank an der Haltestelle; lehnt sich an das Warthäuschen; stampft mit dem Fuß auf. Dann: Nahaufnahme; sie schimpft:) Verdammte Busfahrer! Wenn die mal lernen müßten, freundlich zu sein...!
[Autostrom in der Vorbeifahrt)
Autofahrer Steinböck (noch unbekannt: Stud.Ref. „Wolle“ Steinböck - hinterm Steuer seines Wagens; er nähert sich nach einer Linkskurve von der Hauptstraße aus der Bushaltestelle; aus seiner Sicht gefilmt: Mädchen an der Haltestelle kommt zu spät an - Der Bus ist weg...)
Der Kleinwagenfahrer (grinst sich eins rein; fährt an den Straßenrand heran; kurbelt rechts die Scheibe herunter:) Hallo, junge Frau! Hast den Bus verpaßt?
Mädchen (schaut herüber zum Auto, abwartend)
Autofahrer (freundlich, überredend:) Na, wo soll’s hingehen! In ‘ner halben Stunde ist es ja total dunkel.. Na, Mädchen? Wohin nun?
Ele (abwartend:) Ich. Na, ja. Ich muß zehn Uhr zu Hause sein. Wenn der Busfahrer mich noch mitgenommen hätte - (bricht ab)
Autofahrer: Is ja kein Beinbruch! Komm! Steig ein!
Ele (nähert sich:) Ne, danke. Ich mach nicht auf Tramper! Nicht im Dunkeln. Das hab ich meinen Eltern versprochen.
Ele (schaut ins Auto; die Tür wird geöffnet: ) Sie -? Herr Steinböck! Sie?! - Mein, Gott, natürlich! Haben Se 'nen neuen Wagen?
Steinböck (angenehm gefärbt:) Na, siehste, Mädel! - Geht doch! Warum sollst du kein Vertrauen zu mir haben!? Bist doch schon in der Oberstufe - oder?
Ele (Pause. Ele ignoriert die Frage): Ich hatte Sie nicht erkannt.
Steinböck: Ja, wenn’s auf zehn Uhr zugeht. Da muß Papis Töchterchen aber schnell nach Hause.
Ele: Bin Mamas Liebling. – Papa? Den haben wir in den Wind geschossen. - Na, ‘ne halbe Stunde - die hab ich noch! - (Sie ist eingestiegen; reibt sich den rechten Knöchel....)Hab mir heut den Knöchel wehgetan! Verdammt! Als ich den Scheissbus noch erreichen wollte. Der dann einfach davonfuhr!
Steinböck (dreht leise Musik an; Soft-Rock): Ja, denen müßte man ab und zu eine Stinkbombe in den Bus schmeißen!
Ele (reibt sich weiterhin den Knöchel:) Wenn das bis Sonntag nicht weg ist, ist meine Fahrt nach Münster futsch!
Steinböck (warmherzig, interessiert:) Zum Baskettball-Turnier?
Ele: Eben! Ist ja was drin für die Landesschul-Meisterschaft!
Steinböck: Na, hoffen wir doch alle!
Stetig summende Fahrt in die steigende Abenddämmerung. Vorbei an zwei Verkehrsschildern.
Ele: Hej, ich woll nach Derendorf!
Steinböck: Woher soll ich das wissen.
Ele: Dann fahren Sie die nächste rechts! Das ist kaum ein Umweg!
Steinböck (… fährt an der Abzweigung rechts vorbei)
Ele: Hej, Sie! Zurück!
Steinböck (fährt auf einen Feldweg, vor einem kleinen Büschchen hält er, 300 m von der Straße entfernt.)
Ele (empört!): Das! Was soll ich das! Ich will raus! Sie Idiot!
Steinböck: Hier. (Er greift in die Jackentasche, zieht Geldschein heaus: Hier, für zehn Minuten! Mehr kannze nich vadienen! Mädken!!
Ele (steigert sich in Schreien): Du Sau! Bist du nicht gescheit! Ich bin doch nicht – (bricht ab.)
Steinböck; Käuflich, meinst du? Ach, was! Du bist doch keine Jungfrau mehr. Und da - (er holt noch einen Geldschein heraus; zeigt drei 50-Mark-Scheine, macht das Innenraumlicht an.): Sieh, das ist doch mehr als Taschengeld für zwei Wochen! Du brauchst mir nur einen abzuwichsen! Mehr verlang ich ja nicht! Das ist fürstlich belohnt für ein kleine Mädchen!
Ele: Scheißer! Elender! Das wirst du büßen!
Steinböck (grinst, hält ihr das Geld hin. Holt überdeutlich markierend ein großes Taschentuch heraus:) Mach schon, Kind! Alles sauber zu erledigen! Und AIDS hab ich noch nicht! - Bist doch keine Zimperliese!
Ele (beruhigt sich, zeigt ihm den Vogel, protestiert’s rational-sachlich:) Du Schweinchen! - Laß mich raus!
Steinböck (grinst, hebt die Türverriegelung auf:) Da, das ist die freie Welt - des Edlen und Guten. Schönen Heimweg!
Ele (steigt schnell aus; tritt in eine Pfütze; will tapfer weiter, greift nach ihrem Knöchel, schmerzverzerrt:) Scheiße! Auch das noch! (Sie schaut zur fernen Straße; sieht einen Wagen vorbeifahren - winkt; der Wagen fährt vorüber...)
Steinböck (ist ausgestiegen; gibt sich mitleidig:) Komm, Dern! Steig ein. Das ist nix für dich hier!
Ele: Puh, du Dreckssau! Ich wichs dir doch keinen ab, du Schmutzlappen!
Steinböck (beruhigt:) Reg dich ab. War nur ein Vorschlag!
Ele (empört:) Vorschlag, nennst du das? Das ist - das ist -
Steinböck: Siehste! Weißte selber nicht! Komm, steig ein. Ich wollte es nur freiwillig haben. Aber wenn man sich da erst Wochen lang um eine hübsche Schülerin kümmern um - (kuckt sie frech an:) um - zum Petting zu gelangen - weißt du (bricht ab!)
Ele (zeigt ihm den Vogel): Sau du! Wichs dir erst einen ab! Dann erst steig ich erst wieder ein!
Steinböck: Na, lass man! So sehr steh ich auch nicht unter Druck! Aber du bist ein besonders scharfes Weib. Da hatte ich die Idee -!
Ele (unterbricht ihn scharf:) Machst du das öfter? Da sollte man dich in die Psychiatrie packen!
Steinböck (lacht auf:) Nein, das war völlig spontan - das mußt du mir glauben. Komm, steig wieder ein. Ich werd mich benehmen.
Steinböck (wendet mit dem Wagen, kommt mit dem rechten Hinterrad vom Feldweg ab, gibt Gas, die Räder drehen durch; er, wütend:) Scheiße, scheiße!
Steinböck (schaukelt sich mit dem Wagen, nachdem er sich beruhigt hat, aus der Erdkuhle neben dem Feldweg heraus; dann öffnet er rechts die Seitentür, bittet Ele einzusteigen:) Hast nichts mehr zu erwarten. Komm, gib deinem empörten Herzen einen Schubs! (Sieht sie humpeln.) Ich bring auch noch zur Ambulanz im Krankenhaus, wenn du das da mit dem Fuß - da was hast!
Ele (droht ihm ernstlich:) Aber, oh weh, du! Ich zeig dich an, wenn du ausnutzen willst, dass ich nicht weglaufen kann - dann!
Steinböck: Laß! Laß man, war keine gute Idee von mir!
Ele (läuft noch bis zur Fahrstraße; setzt sich dort auf einem Kilometerstein; zieht Schuh und Socken aus; massiert sich den Enkelknochen; stöhnt leise..)
[Zwischenmusik]
(Sie fahren ab, zurück zur Straße; sie kehren um, biegen ab, zurück nach Derendorf.)
Steinböck: Ehrlich, gestanden. Ich hab’s schon einmal gemacht. Da hatte ich aber auch jemand anderen erwischt.
Ele (schweigt...)
Steinböck: Wirst du darüber reden? Ich meine, zu Hause?
Ele (zögert): …’ntürlich erzähl ich meinem Freund. Wenn ..., wenn der mal gerade Zeit hat, zuzuhören -
Steinböck: Was treibt der denn?
Ele: Sport: Freitags auf Schalke, Samstag nach Dortmund, Sonntags, möglichst noch nach Leverkusen - oder sonst wohin! - Vorigen Samstag-Sonntag auf dem Hockenheimring. Dafür hat der 600 Mark ausgegeben!
Steinböck: Viel Knete! Woher hat er die?
Ele (zögert erst, zu antworten:) Die hat er sogar von mir. Ich hatte - hatte mein Feriengeld noch nicht aufgebraucht. Ich wollte erst in den Herbstferien losfahren.
SteinböcK : Und wieviel Geld fehlt dir jetzt?
Ele: Etwa 500 Mark!
Steinböck: Du hättest... (Er vergewissert sich in Eles Gesicht, ob er so ungeniert sprechen kann...:) Du hättest mich vorhin abzocken können. Ich hatte 1000 Mark abgeholt von Monatsersten!
[Weiterfahrt; die Landschaft: Zuckerrübenfelder, ziehen vorüber…]
SCHILD: „Zum Apfelbock“. Sie fahren an einer ländlichen Kneipe vorbei.
Steinböck: Na, komm, ich fahr da auf den Parkplatz, Da geb ich dir einen aus! Kannst dich abreagieren. - Wisch dir mal übers Gesicht. Da, da sind Tempos!
Ele: Arsch! Arschloch! Verficktes (Sie bricht ab!)
Steinböck: Na, so drückt sich eine guterzogene Tochter aber nicht aus!
Ele: Saukopp!
Steinböck: Na, das ist nicht die Hochsprache, die in der Schule gepflegt wird.
Ele (wieder wütend:) Los, nach Hause! Keine Tricks oder sonst was! Bild dir nicht ein - weil ich mit dir rede - dass ich dich nicht für ein Schweinchen halte!
[Nach- und Rückblende]
[Die Szene verändert sich: Innen. Vorbei an der kleinen Grabbe-Büste auf dem Wandsockel. (Sekretariat des Grabbe-Gymnasiums) Die Personen gehen weiter in ein Direktorenzimmer: Abschlusseinstellung: Ele und Frau Dr. Mai sitzen auf Sesseln einander gegenüber.]
Ele (sie hat dieses Erlebnis erzählt; sie sitzt Fr. Mai gegenüber und wartet nun auf eine Reaktion der Direktorin.)
Fr. Mai: Das ist also für dich eindeutig klar, dass der Kerl unser kleiner Steinböck war. Religion und Sport! - Sport und Religion!
Ele (schnauft noch, grinst dann ein wenig): Ja, er hat mich ja erkannt. Aus der Volleyball-AG. Er wußte, dass ich in einer „Zehn“ bin. Er grinste gar, als er meinte, wir sähen uns ja mal in der „Elf“.
Fr. Mai: Davon erzähl noch mal. Dazu rufe ich die Polizei an. - Aber vorher musst du deine Eltern noch unterrichten. Okay, ja? - Das ist ja interessant für die!
[Eleonore und Frau Dr. Mai. Sie gehen durch das Schulgelände spazieren, zum Schulgarten.
Zu dem dahinter liegenden Parkplatz. Sie sehen, da kommmt ein Polizeiwagen angefahren.]
Verzeih, aber so ist das.
Kein Mensch wäre ein zweites Mal
in den Wagen eingestiegen,
hoffe ich doch!
Aber spannend war es allemal.
Laura