Anderls Wohnmobiltouren
Unvergessliche Erinnerungen, Ausflüge zu Kunst und Kultur hat meiner Familie und mir das wohnmobile Reisen gebracht. Dabei kam ich eher unwillig zu dem Gefährt.
Ein Freund kam im dreijährlichen Rhythmus, damals musste man nur alle 3 Jahre zum TÜV, zu mir um sein Reisemobil zu reparieren. Das Gefährt war ein ziemlich komfortabler 7,5 Tonner, MB- Halbschnauzer, den er mir als Dankeschön für meine Gastfreundschaft zur freien Verfügung anbot. Ich dürfe so lange und wohin ich wolle damit verreisen. Meine Antwort daraufhin: "Du wirst doch nicht glauben, dass ich jemals im Leben in einen solchen Schäferkarren einsteige! Wenn wir Zeit für Urlaub haben, dann geht's ins Hotel und wir lassen uns von vorne bis hinten bedienen!"
Doch wie das Leben so spielt, kommt es erstens anders und zweitens wie man denkt - oder auch wie Frau denkt. Wegen unserer kleinen Landwirtschaft klappte es nie mit Urlaubsplanungen, weil sich Buchungen nicht nach dem Wetter richten. So konnten wir eben nur spontan verreisen - oder eben gar nicht. Meine Frau meinte nun, dass so ein Wohnmobil für spontane Ausflüge nicht schlecht wäre. Insgeheim hatte ich auch schon daran gedacht und damit wurden quasi die sprichwörtlichen, offenen Türen eingerannt.
Aus dem Traum wurde dann Wirklichkeit in Form eines zufällig entdeckten Reisemobiles, das ein Autohändler als mobiles Büro auf einer Ausstellung genutzt hatte.
Hotel passee - Individualität ist Trumpf! Das Umdenken hat sich gelohnt, zumindest für uns.
Auf der Eismeerstraße in Norwegen.
Die eindrucksvollste und schönste Reise führte uns durch Skandinavien.
Aber fangen wir doch von vorne an. Das Reisemobil steht vor der Türe. Stolz, Freude auf kommende Abenteuer und etwas beklemmende Unsicherheit vor dem noch unbekannten Camping-Leben mischen sich in meinen Gedanken. Wie wird das ablaufen? Stellplatz finden, mit Gas kochen und heizen und was nimmt man mit auf die Reise? Natürlich Frau und Kinder! Was zum Essen und Kleidung und für draußen Stühle nebst Tisch und- und- und ... Das Klügste wird wohl sein, zu einer Probefahrt in bekannte Gefilde aufzubrechen. Mit dem PKW waren wir im letzten Frühling zwei Tage am Bodensee, dann sind wir wegen der uns entgegengebrachten Gastfreundschaft im "ersten Haus am Platze", wie die Gastwirtin ihr Hotel nannte, geflüchtet. Nun gut. Um den See herum kennen wir uns ein wenig aus und diesmal haben wir unsere eigene Bleibe dabei. Da kann in dieser Hinsicht schon mal nichts schiefgehen.
Während ich mich um Gasflaschen, Stromkabel, Adapter, Weltempfänger-Radio(!) und Bedienungsanleitungen für die Technik kümmere, befasst sich Traudl, meine Frau, mit Kleidung für alle Wetterlagen und sorgt vor, dass uns das Essen nicht ausgeht. Zahlreiche vorgekochte Gerichte lagern schon im Kühlschrank. Fertigsuppe in Dosen stapeln sich in den Küchenschränkchen und für Notfälle noch ein paar Tüten Packerlsuppe daneben. Kaffee und Tee, Zucker, Gewürze und was man sonst noch alles brauchen könnte. Schließlich wollen wir ja fast eine ganze Woche wegbleiben. Etwas dürfen wir keinesfalls vergessen, den großen Erste-Hilfe-Kasten und eine Großpackung Pflaster. Unsere Tochter hat quasi ein Abonnement auf Unfälle und Verletzungen.
Wie sich die Startvorbereitungen dem Ende zuneigen, bunkere ich noch frisches Trinkwasser. Die Kinder checken noch ihre Reisebegleiter, ohne die sie nie und nimmer das Haus verlassen können. Ein dicker Frosch und ein Schlumpf, beide größer wie unsere Kinder müssen unbedingt mit. Also wenigstens heute. Morgen wäre es vielleicht eine kleine Puppe oder was ähnliches.
Endlich ist es dann geschafft. Wir verabschieden uns von meiner Mutter, die sich während unserer Abwesenheit um den Hof kümmert. Für die Kinder ist der Abschied besonders traurig. Freilich nicht der Abschied von der Oma, sondern von Hund und Katzen. Da heißt es gut aufpassen, dass nicht still und heimlich ein Mäusejäger als blinder Passagier an Bord geschmuggelt wird und mit auf die Reise geht. Wie gut, dass wir nicht pünktlich sein müssen. Inzwischen ist es Mittag. "Eigentlich könnten wir jetzt noch zu Hause Mittagessen", meint meine Frau. "Nein", entgegne ich, "sonst geht das ganze Theater wieder von vorne los und wir fahren dann am Ende erst morgen!"
Nun aber los! Langsam geht's dahin. In gemächlichem Tempo genießen wir die Fahrt durchs Oberland. Auf einem Parkplatz gibt es dann eine Brotzeit als verspätetes Mittagsmahl. Die Kinder sitzen stolz wie die Spanier am offenen Fenster und winken den vorbeifahrenden Autos geradezu hoheitsvoll zu.
So wird es schon leicht dämmrig, als wir auf dem Parkplatz eines kleinen Sportflugplatzes kurz vor Lindau Station machen. Natürlich wäre das ein Nachtquartier "wie gemalt" für mich, weil ich ja die Fliegerei liebe. So frage ich bei den Piloten nach, ob ich denn auf ihrem Parkplatz übernachten dürfe. Niemand hat etwas dagegen und so rangiere ich schließlich an den Rand des Platzes. Während der Vorbereitungen zum Abendessen schlendere ich mit meinem Sohn noch zu den Fliegern. Letztlich also doch noch ein rundherum gelungener Tag, resümiere ich, bevor es ins Bett geht.
In der Nacht schrecke ich plötzlich hoch. Was war das! Mir war, wie wenn das Mobil geschaukelt hätte. Eine Weile rührt sich nichts mehr und ich nicke wieder ein. Dann wieder! Diesmal habe ich es deutlich gespürt! Da muss jemand am Auto sein. Ich raus zur Türe und rund herum um den Wagen. Nichts! Nur friedlich grasende Kühe auf der Weide - sonst nichts. Also wieder rein ins Bett und unter die warme Zudecke. Jetzt ist es vorbei mit der Ruhe. Trotzdem döse ich wieder ein. Da ruckelts wieder! Wieder raus, rum um die Karre und über die Heckleiter rauf aufs Dach - nichts! Nichts wie friedlich grasende Kühe im weiten Rund. Noch ein Blick unters Auto und dann erneut ins Bett geschlüpft. Traudl ist inzwischen natürlich durch meine Aktionen auch wach und da passiert es wieder. Doch jetzt bemerke ich die Ursache des nächtlichen Bebens. Jedes mal, wenn sich eines der Kinder im Alkoven-Bett umdreht, schaukelt das Mobil und damit unser Bett im Heck des Wagens. Umgekehrt wird es vermutlich genauso sein, doch die Kids haben einen guten Schlaf und bemerken nichts. Das ist nun die Quittung dafür, dass ich mir das herunterkurbeln der Heckstützen am Abend gespart hatte.
Endlich Ruhe - endlich Schlaf. Weit gefehlt. Plötzlich Motorenlärm. Scheinwerfer geistern durch die Nacht. Musikfetzen aus der Dorfdisco wehen zu uns herüber. Der Parkplatz scheint der bevorzugte Platz für die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen der Jugend zu sein. So rührt sich noch einiges ringsum, bis es nach vier Uhr in der Frühe endlich still wird. Endlich finde ich den verdienten Schlaf.
Kommentare (9)
@Greta Grünherz
Grüß Dich!
Da komme ich ja mit dem Schreiben nicht mehr nach(aber ich bemühe mich).
Einen Fotoband zu machen ist handwerklich etwas schwierig, weil ich dazu erst ein für mich neues Programm (Skribus) lernen muss. Das Handbuch dazu liegt schon vor mir - der Geist ist willig doch das Fleisch ist schwach. Man wird sehen, ob noch was draus wird.
Du kommst aus einer der schönsten Gegenden Deutschlands. Ich war Jahre nach unserer ersten Reise dorthin wieder einmal dort und fand alles um den See herum ziemlich überlaufen vor. Schön ist es trotzdem dort!
Anderl
Hallo Bandagenanderl (lustiger Name😄),
dieser Vorspann scheint eine Einleitung für schöne und aufregende Reiseerlebnisse zu sein. Wer so viele Länder, so wie Du, individuell mit dem Wohnmobil bereist hat, kann uns hier sicher viel darüber berichten. Bin gespannt...
Herzliche Grüße
Rosi65
@Rosi65
Der Name stammt noch aus meiner Zeit als aktiver Fußballspieler bei unserem Dorfverein. "Bandagiert, wie ein Traber" war auch ein gängiges Attribut.
Anderl
Es ist tatsächlich so, dass jener der lesen kann im Vorteil ist. Nach dem Studium der Hilfe zum Blog schreiben habe ich auch das Rädchen zum editieren entdeckt.
Entschuldigt bitte meinen Schnellschuss. Eigentlich bin ich ja kein Freund von "learning by doing", doch manchmal probiere ich herum und es klappt dann mehrheitlich nicht.
Anderl
Leider hat das mit dem Titelbild nicht geklappt. Kann ich eigentlich in meinen Beitrag noch eingreifen um weiterzuschreiben oder das Bild zu platzieren? Ich liefere es hier mal nach, weil sonst die Geschichte nicht zusammenpasst.
Anderl
@Bandagenanderl
Hallo, Anderl,
Dein Womo-Bericht spricht mich an ! Dafür war ich auch fast 20 Jahre mit Womo und Partner unterwegs, in fast allen Mittelmeer-Staaten (außer Afrika) und auch in Schweden ! Norwegen und Großbritannien sollten noch folgen, aber leider habe ich mich dann getrennt und mein Ex fährt mit einer neuen Frau immer zum selben Platz in Spanien...was ich immer wollte! Doch damals war er immer reiselustig und wir blieben überall nur kurz, leider auch da, wo ich gerne länger geblieben wäre...
Heute haben wir noch guten Kontakt, aber Corona hat natürlich auch seine "Winterreise" verhindert. Dafür war ich im letzten Jahr anders auf Tour...kann man in meinem "Blog" lesen !
@Meerjungfrau43
Wohnmobilreisen sind ein weites Feld und bestimmt auch nicht Jedermanns Sache. Wir sind immer, natürlich auch aus Zeitnot wegen der Ferien der Kinder, von Ort zu Ort gewechselt um auch ein bisschen Kultur aus den Ländern "mitzunehmen". Selbstredend haben wir auch oft zwei oder drei Tage Station zum Baden gemacht. Die Kinder haben dann schon manchmal gejammert aber auch die Fahrten zum Teil verschlafen.
Das eigenartige daran, dass meine Tochter mit Familie heute mit Wohnwagen, meine Reisegewohnheiten übernommen hat.
Meine Frau und ich genießen es heute mit dem Wohnmobil ohne zeitlichen Zwang reisen zu können. Trotzdem werden wir immer unruhig, wenn wir mal zwei Tage am gleichen Platz stehen.
Ich habe das Wohnmobil über Jahre auch zeitweise über eine Agentur vermietet und dadurch viele Leute und deren Ansprüche an den Urlaub kennen gelernt. Darum glaube ich auch, dass viele Menschen nach Corona wieder auf den Pauschalurlaub umsteigen werden. Denn viele sehen diese Art zu reisen in der Form, wie es die Werbung propagiert und werden sicher schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, wie es erst kürzlich in der Zeitschrift "test" formuliert wurde. Freilich ist es für die Liebhaber dieser Art des Camping die ultimative Art zu Reisen.
Anderl
@Bandagenanderl
Danke, Anderl für Deine Antwort !
Ja, manchmal spielt das Leben anders...natürlich würde ich gerne wieder mit dem Womo reise, ist aber nicht mehr möglich!
Dafür zehre ich sicher noch lange von dem, was ich hatte!
Lieben Gruß Marianne
Wunderbar zu lesen, lieber Anderl! ich schau gleich, ob ich noch eine Fortsetzung finde! Falls Du das mal in Buchform bringen möchtest, freu ich mich darauf!!!
Liebe Grüße vom Bodensee 😳😁
Greta💚