Wer hätte das gedacht ...

Autor: ehemaliges Mitglied


Über 50 Jahre sind vergangen

Als ich siebzehn war, wurde mir „geweissagt“, ich bekäme wohl zu 99 % keine Kinder. Ärzte mögen Medizin studiert haben, einer so jungen Frau lapidar so eine Diagnose zu geben, finde ich unverantwortlich. Und sie stimmte nicht einmal!

Wie die Natur sich trotz vieler Widrigkeiten dennoch durchsetzt, wird auf vielen Gebieten immer noch nicht verstanden. Fünf Jahre später war ich trotz dieser „Weissagung“ schwanger und bekam mit 22 Jahren meinen Sohn. Irgendetwas stimmte mit meinen Hormonen nicht, trotz fehlender Perioden war ich plötzlich schwanger. Da mir völlig die übliche Schwangerschaftsübelkeit fehlte, glaubte mir das in den ersten Monaten niemand. Ich übertrug meinen Sohn drei Monate. Im Herbst 2021 war es 55 Jahre her, dass er trotz aller Unwägbarkeiten das Licht dieser Welt erblickte.

Es sprach so viel dagegen, dass er überhaupt gezeugt wurde. Auch der damalige Arzt, der meine Schwangerschaft begleitete, war kein sorgfältiger Betreuer. Er wusste schon, als er im September 1966 meinen Beckendurchmesser maß und den Kindskopf ertastete, dass dieser starke Kindeskopf (scherzhaft nannte ich es Dickkopf) meinem schmalen Becken große Probleme machen würde. Das sagte er mir auch. Aber als junge Frau weiß man das nicht wirklich zu deuten.

So, wie ich die Schwangerschaft meiner Tochter vor elf Jahren erlebte, hätte heute kein Gynäkologe mich damals noch ein weiteres Vierteljahr „laufen lassen“, um dann die Geburt eines stark übertragenen Kindes einzuleiten und anschließend in seine Praxis zu fahren.

Ich durfte meinen Sohn noch bis Ende November (1/4 Jahr) übertragen und dann verschlief die Hebamme meine Betreuung unter der Geburt über vier Stunden. Als mein Sohn endlich nach seiner Gewaltgeburt auf der Welt war, wussten wohl nur mein Arzt und meine Hebamme, dass dieses Kind ungeheures Glück gehabt hatte, dennoch gesund geboren worden zu sein. Ob ich die schlimme Geburt tatsächlich überleben würde, musste meine Kondition in den nächsten Stunde zeigen.

Aber mein Arzt war nicht nur recht lapidar im Umgang mit meinem Leben, er war auch feige und verschwieg mir bei der Entlassung 14 Tage später, dass ich auf normalem Wege wohl nie wieder würde gebären können. Ich war total zerrissen. Da ich ja von einem früheren Arzt gesagt bekommen hatte, ich würde keine Kinder bekommen, war mir eine Frage dazu am Entlassungstag auch nicht wichtig. Ich hatte ja mein 1-%-Kind und das war gesund! Ich wollte nur noch nach Hause.

Ja, mein Sohn hatte eine schöne Kindheit und Jugend, die ich mit ihm auch sehr genossen habe. Mit 18 Jahren hätte er mich fast zur Oma gemacht. Aber die Freundin hat das Kind zum Ende des ersten Schwangerschafts-drittels verloren. Danach wollte er bis heute keine eigenen Kinder mehr in diese Welt setzen. Er hält das für verantwortungslos. Seine Lebenspartnerin hat sich seiner Ansicht nicht widersetzt, da sie von ihrer Mutter wusste, das sie eigentlich zwei Brüder hatte, die nur kurz nach der Geburt wieder starben. Das hat sie nicht gerade ermutigt, sich noch einmal für ein Kind zu entscheiden. Sie ist darüber Alkoholikerin geworden.

Wenn ich hier im ST las, welche glücklichen Gedanken eine Mutter zum 40. Geburtstag ihres Sohnes im Kopf hat, kann ich das nur zur Hälfte nachvollziehen. Auch ich liebe Kinder über alles, hätte gerne wenigstens vier gehabt! Aber mein Leben hat mir Anderes beschert.

Nach vielen Jahren den geschiedenen Mann und Vater des Kindes wieder zu sehen, mit ihm freundlich zu reden, entzieht sich meinem Verständnis. Meine jüngere Schwester hat sich scheiden lassen, weshalb? Ich weiß nur, dass die Geschehnisse, die bei mir oder meiner jüngeren Schwester zur Trennung geführt haben, äußerst massiv physisch und psychisch waren. Wenn ein Mann seine Frau schlägt, ihr die Pille wegnimmt, damit er sie so oft schwängern kann, wie es ihm gefällt, obwohl schon vier Kinder da sind, ihr ihre künstlerischen Arbeiten wegnimmt und diese als seine verkauft, alles um zu verhindern, dass sie sich endlich dem Beruf zuwenden kann, der ihr seit ihrer Jugend vorschwebte, kurz: wenn ER sie psychisch und physisch in die Knie zwingen will – was hätte sie ihm jemals zu verzeihen??!! Andersherum würde ein Schuh draus: ER hätte Abbitte zu leisten und ich würde mir dann immer noch überlegen, ob ich verzeihen würde! Denn die Dinge geschahen nicht aus ihrer Schuld heraus, er wollte sie mit Horror und Terror vernichten! Das ist fast so etwas wie Mord ... Aber ihre vier Kinder liebt sie heiß und innig!

Wenn mein Sohn dann im Herbst nun tatsächlich 56 wird, weiß er inzwischen anhand seines Neffen, dass er viele wunderbare Erfahrungen als möglicher Vater verpasst hat. Aber noch reagiert er auf seinen Neffen äußerst zurückhaltend. Er kann sich (noch) nicht auf das Kind, das sehr offen auf ihn zugeht, einlassen. Wer weiß, vielleicht findet er ja noch eine neue Partnerin, die sich mit ihm Kinder wünscht, sich das schlicht nicht ausreden lässt und auch dazu noch gesund genug ist, die es vielleicht schafft, seine Abneigung dagegen, Vater zu werden, wenden kann?

Meine Tochter – ja, die hab ich auch noch trotz allem viereinhalb Jahre später per Kaiserschnitt bekommen – hat es ihm vorgemacht: Diabetologe, Gynäkologe und Orthopäden hatten ihr in jungen Jahren sehr von einer Schwangerschaft abgeraten. Die orthopädische OP hatte mehrere Blutübertragungen erfordrlich gemacht. Dabei war eine Spende von einem Diabetiker - und prompt waren Bestandteile im Blut, die auch sie zur Diabetikerin machten.

Als sie 40 war, gaben die Ärzte überraschend grünes Licht, die Medizin hatte Fortschritte gemacht: sie hat es riskiert und Max ist seit über 10 Jahren unser aller Glück! Er hat den Diabetes nicht geerbt! Selbst mein Sohn und Onkel des Jungen genießen inzwischen sein Dasein!

 

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Kommentare (3)

Juergen101

Ich danke Dir für Deinen ermutigenden Bericht!

Bei Dr. von Hirschhausen habe ich gehört, das der aktuelle Wissensstand in der Medizin in ein paar Jahren wieder ganz anders aussehen kann.
Ich freue mich, darüber, das du so viel Schönes berichtet hast.

Ich habe 3 Kinder und inzwischen 6 Enkelkinder.

Meine Frau hatte Angst bei der Geburt eines Kindes  zu sterben, wie es ihrer Tante geschehen war.
Trotzdem war ihr Wunsch so groß, dass sie zweimal Kinder geboren hat.
Zuerst eine Tochter und später ein Zwillingspärchen.
Sie war Mutter mit Leib und Seele.

So kann es auch aussehen. Ich hätte sie auch ohne Kinder geliebt.

LG Jürgen

 

ehemaliges Mitglied

@Juergen101  
Hallo Jürgen!
Ich hätte nie damit gerechnet, dass ein Mann - Du - auf meinen Blog oben in dieser Form antwortet!

Ich habe eher erlebt, dass nur wenige Männer so reagieren. Mein Ex drohte mir, noch weitere Kinder in die Welt zu setzen. Auf unseren Erstgeborenen war er noch stolz, rühmte sich, ER könne Söhne zeugen! Etwas kleinlauter klang dann auf Glückwünsche seine Antwort, als viereinhalb Jahre später unsere Tochter kam: "Gekonnt ist gekonnt: erst einen Sohn, dann eine Tochter!"

Es muss ihm wohl völlig entgangen sein, dass auch sein Zutun dazu führte, dass ich Kinder in die Welt setzte!

Was er wohl gesagt hätte, wenn ich von mir die Wahrheit herausposaunt hätte, ohne die "unästhetischen Tage" trotzdem zwei Mal Mutter geworden zu sein?

Und ich weiß - als fast 78-jährige Oma - erst seit Kurzem, dass ich in jungen Jahren (ohne je meine Periode zu bekommen) zweimal schwanger wurde! Und beide Kinder wollten nicht auf diese Welt! Den Sohn übertrug ich drei Monate. Um dem 2. Kind und mir das zu ersparen, ließ ich die Geburt vier Wochen zu früh einleiten. Aber das kleine Mädchen wusste schon damals, was sie nicht wollte. Sie musste mit Gewalt geholt werden! Die Natur ist eben unberechenbar!

Ein junger Gynäkologe reagierte auf meine Aussage, ich hätte ein Elfmonatskiind gehabt, mit dem vermeintlichen Witz: "Sie sind doch keine Elefantenkuh!" Ich muss gestehen, seine verblödete Aussage machte mich fast zur Lügnerin, zur Witzfigur. Ob dieser Doc wohl jemals von seiner überheblichen Art ("Ich habe studiert!") ablässt? Als was sieht so einer seine Patient:innen? Dabei hatte er nach Geburten und Besonderheiten gefragt ...

Ich glaube, ich muß noch ein paar Löffel Selbstbewusstsein futtern, um über solchen (???) Geschehnissen zu stehen, zu grinsen ... !

Dir noch einen schönen letzten Mai-Sonntag (oder haben wir erst März???)

wünscht Uschi

Juergen101

@nnamttor44  

Hallo Uschi

Ärzte sind auch nur Menschen. Oft sogar überheblich.
Weil sie sehr viel über den Menschen und die Zusammenhänge gelernt haben.

Aber erst in den letzten Jahren hat man zur Ausbildung auch die Sprache auf den Patienten ausgerichtet. Das macht auch Dr. Hirschhausen für mich so hilfreich, das er auch an der Uni den Worten eine medizinsch Wirksame Bedeutung gibt.

Es ist zwar ein langes Video, aber ich kann es mir immer wieder mal ansehen. Dann erfahre ich auch, das die früher ausgebildeten Mediziner solche Klopse von sich geben.
Bei den Zwillingen war ein Junge. Er wirkte kleiner als das Mädchen.
Der Kinderarzt meinte er wird halt kleiner bleiben.
Wie er sich doch irrte, er ist sogar etwas größer als ich geworden - ca. 190cm.

Ich brauche die Worte, um stabil zu bleiben.
Deshalb helfen mir solche Sendungen immer wieder.

Noch einen schönen Sonntag!

LG Jürgen


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