Von der Wiege bis zur Bahre
... Der Mensch, sobald er auf der Welt,
gerade aus dem Ei gepellt,
mit andern Worten, neugeboren,
steckt bis zu den zerknautschten Ohren,
vom Allerwertesten zum Bauch,
nicht nur in Windeln, sondern auch
in einem Wirrwarr von Geboten,
die sein Geschick zusammenknoten.
Erst wenn das zuständige Amt,
testiert, woher und dass er stammt,
besteht und existiert er echt
im innerstaatlichen Geflecht.
Bestimmungen und Formulare
vom Kaiserschnitt bis hin zur Bahre.
... Dies ist verboten, jenes Pflicht.
Du sollst. Du musst. Das darfst du nicht.
Sei leise. Iss. Trink ja nicht. Trink´s.
Geradeaus. Nach rechts. Nach links.
Vokabeln lernen. Füsse waschen.
Gehorsam sein und niemals naschen.
Parkett und Rasen nicht betreten.
Den Helm ab. Niederknien zum Beten.
Umleitung, Einbahnstrasse. Stopp.
Ins Bett. Heraus. Marsch, marsch. Hopp, hopp.
Dreimal am Tag. Das ist Tabu.
Genug damit. Wähl SPU.
... Der Mensch, kaum weiss er, was geschah,
sagt, wie von ihm erwartet, ja.
Doch macht es´s schliesslich keinem recht.
Er fühlt sich eher schwach und schlecht,
als Punchingsball und Nervenbündel.
Es quält ihn Unwohlsein und Schwindel.
Er weiss, zerhackt in tausend Scheibchen,
kaum, ist er Männchen oder Weibchen.
... Er fasst den Plan, er selbst zu sein,
und sagt zum ersten Male: Nein.
Er fühlt sich nicht mehr leer und hohl,
nein, nun fühlt er sich endlich wohl.
Kommentare (4)
Hallo Christoph,
Dein Gedicht gefällt mir!
Dazu fällt mir der Spruch ein: Sage nicht ja, wenn Du eigentlich nein sagen willst.
Diesen Rat konnte ich schon oft geben.
Es grüßt Dich
Pusteblume
Sehr gut, Nein sagen muss man oft lernen.
Dein Gedicht gefällt mir, bis auf SPU ... die Partei kenne ich noch gar nicht. :-D
Im Neuen Testament heisst es: Dein Wort sei "Ja, ja" oder "Nein, nein", alles andere ist ist vom Übel
Christoph