„Mindestens ein Dutzend Taschentücher fehlen!“
„Mindestens ein Dutzend Taschentücher fehlen!“
Das Taschentuch vor Gericht
Man möchte meinen, dass Taschentücher als Corpus delicti vor Gericht keine Rolle spielen. Doch auch hier gibt es manchmal Banales. So geschehen im Jahr 1909. Die Hofarbeitersehefrau Charlotte Böhme aus Lausa, dem heutigen Weixdorf, stand vor dem Schöffengericht in Radeberg. Ihr Schwager Friedrich Ernst Hennig hatte sie angezeigt. Die Gendarmerie von Hermsdorf musste zunächst die Ermittlungen führen. Hennig behauptete, dass ihm mindestens ein Dutzend Taschentücher fehlen. Er wurde dabei auch gefragt, wieso er diese Behauptung aufstellen würde. Seine Schwägerin hätte sich in unberechtigter Weise den Stubenschlüssel angeeignet. Auf die Frage, wie das hätte geschehen können, gab Hennig an, „dass die Böhmsche ein neugieriges Weib sei. Sie wolle immer genau wissen, was sich bei uns so abspielen würde“.
Doch vor Gericht ergab sich die von Hennig, zur Wahrheit ermahnt, nicht bestrittene Tatsache, nach der er manchmal die Böhmsche Schwägerin zu einem Tratsch einlade, „denn sie käme gut rum und erführe vieles, was er so nicht wusste“. Das war die eine Seite der Medaille.
Von Charlotte Böhme wollte das Gericht nun wissen, warum bei der Haussuchung durch den Hermsdorfer Gendarmen zwei der beschriebenen Taschentücher in ihrer Wohnung zu finden gewesen seien. „Nun diese Popelfahnen hat er kürzlich seiner Nichte geschenkt!“ Diese Antwort brachte Hennig so in Rage, sodass es zu hässlichen Szenen kam. Hennig unterbrach die richterliche Befragung mit der Bemerkung „Her Richter sie sehen ja, Charlotte ist noch jetzt vom gestrigen Tag angeschlagen. Ihre Ausdrucksweise von Popelfahnen und Rotzfahnen zeugt doch davon, dass sie im Suff nicht wisse, was sie redet“.
Nun kam es auch zur spontanen Entgegnung seitens der Angeklagten. „Mein Ernst, das fragt sich wer hier besoffen ist. Und Du bist ja einer der Übelsten. Immer wenn du einen über den Durst getrunken hast, hast du auch Interesse an meiner Tochter. Das Schenken der übrigens wenig wertvollen Rotzfahnen beweisen deine Absichten!“
Der Richter unterbrach die sich entfaltende hitzige Debatte und erklärte rund heraus „Im Trunke weiß mancher nicht was er redet!“ Schwägerin Böhme unterstützte den Richter in seiner Ansicht und verwies darauf, dass Friedrich Ernst Hennig erst kurz vor der Verhandlung sein Taschenpulli getrunken habe. „Der kann doch schon nicht mehr anders!“
Und jetzt erfolgte die frappierende Wende der Verhandlung. Friedrich Ernst Hennig zog seine Anzeige samt Strafantrag zurück. „Na, warum nicht gleich so!“, war der amtliche Tenor des Richters, um dann die Strafe festzulegen. Charlotte Böhme wurde freigesprochen und Friedrich Ernst Hennig wegen „Irreführung der Behörden“ und falscher Anschuldigung zum Tragen von 60% der Gerichtskosten verdonnert. Wenn nicht zahlbar in drei Raten, kämen 12 Tage Haft auf ihn zu.
Worauf man räsonierte, für den Betrag hätte sich Hennig mindestens einhundert Taschentücher kaufen können.
haweger
Das Taschentuch vor Gericht
Man möchte meinen, dass Taschentücher als Corpus delicti vor Gericht keine Rolle spielen. Doch auch hier gibt es manchmal Banales. So geschehen im Jahr 1909. Die Hofarbeitersehefrau Charlotte Böhme aus Lausa, dem heutigen Weixdorf, stand vor dem Schöffengericht in Radeberg. Ihr Schwager Friedrich Ernst Hennig hatte sie angezeigt. Die Gendarmerie von Hermsdorf musste zunächst die Ermittlungen führen. Hennig behauptete, dass ihm mindestens ein Dutzend Taschentücher fehlen. Er wurde dabei auch gefragt, wieso er diese Behauptung aufstellen würde. Seine Schwägerin hätte sich in unberechtigter Weise den Stubenschlüssel angeeignet. Auf die Frage, wie das hätte geschehen können, gab Hennig an, „dass die Böhmsche ein neugieriges Weib sei. Sie wolle immer genau wissen, was sich bei uns so abspielen würde“.
Doch vor Gericht ergab sich die von Hennig, zur Wahrheit ermahnt, nicht bestrittene Tatsache, nach der er manchmal die Böhmsche Schwägerin zu einem Tratsch einlade, „denn sie käme gut rum und erführe vieles, was er so nicht wusste“. Das war die eine Seite der Medaille.
Von Charlotte Böhme wollte das Gericht nun wissen, warum bei der Haussuchung durch den Hermsdorfer Gendarmen zwei der beschriebenen Taschentücher in ihrer Wohnung zu finden gewesen seien. „Nun diese Popelfahnen hat er kürzlich seiner Nichte geschenkt!“ Diese Antwort brachte Hennig so in Rage, sodass es zu hässlichen Szenen kam. Hennig unterbrach die richterliche Befragung mit der Bemerkung „Her Richter sie sehen ja, Charlotte ist noch jetzt vom gestrigen Tag angeschlagen. Ihre Ausdrucksweise von Popelfahnen und Rotzfahnen zeugt doch davon, dass sie im Suff nicht wisse, was sie redet“.
Nun kam es auch zur spontanen Entgegnung seitens der Angeklagten. „Mein Ernst, das fragt sich wer hier besoffen ist. Und Du bist ja einer der Übelsten. Immer wenn du einen über den Durst getrunken hast, hast du auch Interesse an meiner Tochter. Das Schenken der übrigens wenig wertvollen Rotzfahnen beweisen deine Absichten!“
Der Richter unterbrach die sich entfaltende hitzige Debatte und erklärte rund heraus „Im Trunke weiß mancher nicht was er redet!“ Schwägerin Böhme unterstützte den Richter in seiner Ansicht und verwies darauf, dass Friedrich Ernst Hennig erst kurz vor der Verhandlung sein Taschenpulli getrunken habe. „Der kann doch schon nicht mehr anders!“
Und jetzt erfolgte die frappierende Wende der Verhandlung. Friedrich Ernst Hennig zog seine Anzeige samt Strafantrag zurück. „Na, warum nicht gleich so!“, war der amtliche Tenor des Richters, um dann die Strafe festzulegen. Charlotte Böhme wurde freigesprochen und Friedrich Ernst Hennig wegen „Irreführung der Behörden“ und falscher Anschuldigung zum Tragen von 60% der Gerichtskosten verdonnert. Wenn nicht zahlbar in drei Raten, kämen 12 Tage Haft auf ihn zu.
Worauf man räsonierte, für den Betrag hätte sich Hennig mindestens einhundert Taschentücher kaufen können.
haweger
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