„Im wahren Leben könnte es sein!“


„Im wahren Leben könnte es sein!“

Eine kleine Umschau zu heute vergessenen Begebenheiten

Die kleinen Alltagsereignisse sind es, die auch noch heute manchem zu diebischer Freude verhelfen. Übrigens ist die diebische Freude seit dem Mittelalter bekannt und bedeutet sich so wie ein Dieb zu verhalten, nämlich heimlich etwas zu tun.
Im Jahre 1900 war das Wort vom „Langebrücker wahren Leben“ im Sprachgebrauch. Ausgangspunkt war ein kleiner Diebstahl von Hermann Trepte. Vor dem Radeberger Schöffengericht antwortete Trepte auf die Frage, woher er den Schlüssel hatte, um in die Kammer zu gelangen, „Der Pfarrer hat ihn mir gegeben“. Durch diese neue Sachlage wurde die Verhandlung vertagt und eine Woche später weiter geführt. Im Zeugenstand war Pfarrer Schubert aus Langebrück. Er wurde mit der Aussage von Trepte konfrontiert und antwortete darauf: „Ich bin ein Gottesmann! Aber im wahren Leben könnte es so gewesen sein. Lasst das arme Luder laufen!“ Im Saal große Heiterkeit und das Verfahren wurde tatsächlich eingestellt.
Geradezu sprichwörtlich wurde das „Ullersdorfer Glück“. Aus der Familie Hennig hatte sich ein Mitglied zur Großen Görlitzer Ausstellung im Jahre 1885 begeben. Wie bei allen Ausstellungen gab es auch eine Tombola und die vierzehn ausgelosten Hauptgewinne wurden hinsichtlich ihrer Nummern registriert. Etwa drei Wochen nach Ausstellungsende kam ein Brief in Ullersdorf an. In ihm stand die Glücksnachricht, demnach man eine große Wohnzimmereinrichtung gewonnen hatte. Nun sollte man das Gegenlos per Einschreiben einsenden, damit alles seine Ordnung hätte. Doch weit gefehlt, das Los war weg. Etwa weitere vierzehn Tage später kamen Verwandte der Hennigs samt ihren Kindern nach Ullersdorf. Man spielte mit dem Sprössling der Familie und plötzlich ging ein Kind zu einem Elternteil. Es hatte in der Hand ein buntes Stück Papier, das sich als das Görlitzer Glückslos erwies. Über das „Ullersdorfer Glück“ schrieben damals selbst überregionale Zeitungen.
Im Jahre 1900 gab es dann noch die „Radeberger Trinkgewohnheit“. Ausgangspunkt war die Annonce des Radebergers Otto Richter. Dieser hatte abdrucken lassen: Da ich mich freiwillig auf die Trinkerliste gemeldet habe, was bis jetzt in Radeberg noch nicht dagewesen ist, so teile ich denjenigen Herren Gastwirten und Destilleuren öffentlich mit, dass ich von heute ab für Getränke, die mir verabreicht werden, nichts mehr bezahle. Otto Richter
Neben bissigen Kommentaren wie „So ist es recht, Du Sauflappen!“, kam noch eine Variante auf. „Herr Wirt, was kostet das Bier?“ „Na wie immer, 7 Pfennig“. „Ich habe nur 6 Pfennig mit, da lasse ich etwas drinne!“
Zu diesen Vorfällen hat es auch Polizeiakten gegeben, leider sind diese im Zuge der Zeit dem Altpapier verfallen. Aber einen kleinen Einblick geben die Episoden, denn es war Stadtgesetz, dass als Trinker eingestufte Personen, wenn sie mit den Steuern im Rückstand waren, eigentlich nichts mehr vom Gastwirt ausgeschenkt bekommen durften.

haweger

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