Soll ich davon erzählen?
»In Schulterhöhe
hebst du den Arm«,
sagte damals mein Lehrer.
Meine Großmutter sagte,
»bei uns heißt es immer noch
Guten Tag«.
Ich bin zehn und
der Lehrer ist empört.
Das ist »Chocolate«
sagten die Soldaten aus Canada,
als sie bei uns eintreffen,
um das Ende zu beenden.
Der letzte Dienstag im April.
Ich bin noch keine Zwölf.
Es heulen die Sirenen,
dieses Mal noch nicht bei uns.
Ich bin fast neunzig.
Was macht den Unterschied?
Unser Land, euer Land.
Ob Großmutter wohl wusste,
dass ich Chocolate mochte?
Soll ich davon erzählen?
Oder besser nicht?
Kommentare (3)
Syrdal
Lieber Pan, du musst… wir müssen von unseren Erfahrungen erzählen!
Schweigen macht mitschuldig, weil unsere Erzählungen deutliche Warnungen sind. Warnungen, die nachdenklich machen (können)… Doch richtiges Nachdenken kann helfen, Schlimmes zu verhindern und kann somit helfen, Leben zu retten! Also… erzählen… reden!
...meint mit berechtigter Überzeugung
Syrdal
Bei uns kamen nach Kriegsende die Engländer, ebenfalls mit Chocolate, Zigaretten und Orangen! Da die "Besatzer" auch mit englischen Soldatinnen kamen, hatte mein Vater sie recht bald als Kundinnen, die mit "Astor"-Zigaretten bezahlten. Das bescherte uns Kindern aber auch die eine oder andere Tafel Chocolate oder auch mal eine Orange!
Irgendwann durfte er wieder seinen Vorkriegs-Salon beruflich nutzen. Der hatte zwar auch Kriegsschäden abbekommen, aber insgesamt war der Salon noch zu nutzen. Sogar die hinteren Räumlichkeiten dienten anfangs der Schwester unserer Mutter mit ihren zwei kleinen Jungs als Wohnung. Als Entgelt für ihre Nutzung besorgte sie dann die Sauberkeit der Friseurwäsche. Schließlich brauchte unser Vater für jede Kundin natürlich ein frisches Handtuch nach der Haarwäsche!
Dazu besaß der Bruder unserer Oma am münsterschen Stadtrand einen Bauernhof, wo wir das eine oder andere Mal doch Erträge des Hofes in Form von Obst, Gemüse oder auch gelegentlich Fleisch abbekamen.
Ich denke, es gab eine Menge Menschen, denen es zu der Zeit noch recht schlecht erging. Und Oma, gelernte Schneiderin, fuhr regelmäßig ihre Vorkriegskundschaft in der weiteren Umgebung Münsters ab, um dort die Kleidung älterer Geschwister für jüngere der Familien zu ändern. Noch waren die Kaufhäuser nicht mit lockenden Angeboten neuer Kleidung bestückt. Aber wir litten keine Not!