Sie sollen doch die Lady wechseln!



Sie sollen doch die Lady wechseln!


Nach meiner Ausbildung im Dolmetscher Institut in Heidelberg wurde ich im Hauptquartier von der Firma E. Merck in Darmstadt fuer die Position des Leiters der Uebersetzungsabteilung in Bombay gewaehlt.  Ich war dort kaum drei oder vier Wochen, als ein interessantes Projekt angefangen wurde. In Mumbai wollte E. Merck eine Produktionsanlage fuer E. Merck Indonesien planen, die von einer Bombayer Ingenieurfirma geplant und von zwei deutschen Ingenieuren von dem deutschen Hauptbuero geleitet und geprueft wurde. E. Merck Indien koordinierte das Projekt und ich war natuerlich der Dolmetscher fuer die deutschen Ingenieure. Der aeltere unter denen hiess Josef Gierscheck, der bis dahin bei der Flugzeugfirma DORNIER als Leiter der Planungsabteilung arbeitete. Er war schon ueber 50, etwas korpulent und wollte seine letzten Jahre in einem angenehmen Job in Merck Deutschland verbringen. Daher hatte ein kluger Kopf in Deutschland ihn in dem schoenen Monat Mai nach Bombay geschickt, um das Indonesienprojekt zu planen und pruefen. Und jener Mai war vielleicht der heisseste in einem Jahrzehnt.  Um es noch interessanter zu machen, sprach er kein einziges Wort Englisch.  

Die zwei Herren haben sich in Bombay zurechgefunden. Sie wurden in dem schoenen Hotel Sun & Sand am Juhu Beach wohnhaft. Die ersten paar Wochen wurde tuechtig gearbeitet. Dann hatte man einen weiteren cleveren Gedanken Ende Mai. Es wurde entschieden, am Wochenende die zwei deutschen Ingenieure nach Ajanta und Ellora zu nehmen, um die schoenen Hoehlentempeln zu besuchen, selbsverstaendlich mit ihrem DOLMETSCHER. Am ersten Tag wurden die Hoehlentempeln von Ajanta besucht. Am naechsten Morgen sollte man das Daulatabad Fort und die Hoehlentepel von Ellora  besuchen.  Als wir am Daulatabad Schloss ankamen, hatte ich keine Lust in der Sonne hochzuklettern und fragte die Gaeste, ob die es machen wollten. Sie waren sehr enthusiastisch und wir sind in der Maisonne hochgeklettert. Natuerlich gab es dort oben fast nichts zu sehen. Als wir bald zum Auto hinunterkamen, sass Herr Gierscheck auf einem grossen Stein an der Strassenseite und nahm sein Hemd weg. Es war richtig heiss fuer ihn und er wollte das mitgenommene Eis benutzen, um seinen Koerper kuehl zu halten. Trotzdem wollte er weiter zu den Ellorahoehlen fahren. In etwa zwanzig Minuten waren wir vor dem Hoehlentempel, aber dann began er richtig zu schwitzen und wollte zum Hotel zurueckkehren. Natuerlich fuhren wir zum Hotel zurueck und ich ueberzeugte den Hotel Manager, den besten Arzt in Aurangabad zu holen. In einer halben Stunde war der Arzt da und er untersuchte Herrn Gierscheck. Ergebnis: Mr. Gierscheck hatte einen ‘kleinen’ Herzinfarkt mit der romantisch klingenden Bezeichnung Angina Pectoris. Er war jetzt zwar OK, musste jedoch so schnell wie moeglich nach Bombay zurueckkehren und einen Kardiologen besuchen. In jenen Jahren gab es nur einen Flug von Mumbai nach Aurangabad und zurueck.

Zurueck in Bombay informierte ich meinen Chef und am naechsten Tag besuchten wir den besten Kardiologen in Mumbai. Nach einer Untersuchung wurde eine Woche Arbeitspause empfohlen. Ich sollte tagsueber im Buero arbeiten und abends sollte ich Herrn Gierscheck  im Hotel Gesellschaft leisten, da der andere Ingenieur nach Deutschland zurueckkehrte. Jeden Abend lieferte mich ein Firmenwagen ins Hotel, wir haben zusammen zu Abend gegessen. Wenn man das Hotel Sun & Sand jener Jahre kennt, dann weiss man, dass die Gaeste um den Tanzboden sassen. Und da gab es einen kuriosen Strip-Tease Show.  Und die selbe ‘junge’ Dame war die Hauptattraktion des Abends.  Am vierten Abend unseres gemeinsamen Dinners sagte Herr Gierscheck mit seiner trockenen Stimme:

“Herr Chitale, Sie tun mir wirklich leid. Aber sie muessen die Lady moeglichst wechseln“.


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