Schalalalalalala Budenzauber
Schalalalalalala Budenzauber
Jahrmarktsattraktionen anno 1891 in Radeberg
Es muss ein Zufall sein, dass die Sportfreunde Stiller genau jene Textzeile im Song „Budenzauber“ verwenden, der auch 1891bei den vielen Vergnügungen im Bereich des Radeberger Marktplatzes eine Rolle spielte. Eine stationäre Kapelle unter Zuhilfenahme örtlicher Musiker spielte das Lied zum Mitgröhlen: „Schalalalala, Schalalali Budenzauber bei Marie“, so der Chronist. Und es wurde viel geboten vor 125 Jahren.
Die erste Sensation war ab 9. Mai „Paty’s mechanische Kunstausstellung“, begleitet von künstlerischen Darstellungen im Sinne lebender Menschen. Man warb mit dem Versprechen „Ganz neu und zum ersten Mal im Kontinent zu sehen“. Zwei für Sachsen typische Mentalitäten brachten den Riesenerfolg. Zum einen verwies der Inhaber des Spektakels, Johan Paty darauf, dass seine Kunstausstellung auf der Dresdner Vogelwiese am 28. Juli 1890 durch König Albert samt dem Königshof und den Ministern „durch ihre Anwesenheit ausgezeichnet“ wurde. Und Radeberg sah zum ersten Male „Die Beerdigung Seiner Exzellenz Kriegsminister Grafen von Fabrice in Dresden“. Dieser im Volk bekannte Minister war am 25. März 1891 gestorben und ihm zu Ehren war an der heutigen Stauffenbergallee ein Mausoleum errichtet worden. Man war weder zur Beerdigung noch zur Einweihung des Mausoleums, nun hatte man es in Radeberg. Welch ein Ereignis.
Über 4000 Personen erwarben eine Eintrittskarte, Erwachsene 15 Pfennig, Kinder 10 Pfennig. Dazu vor dem Gasthof zur „Grünen Tanne“ ein „Riesen-Concert-Orchestrion“. Musikbeschallung vom Feinsten und Neuesten. Zu sehen waren auch „lebende Bilder“ zur Reise Sir Stanleys von Sansibar nach Zentralafrika. Dazu viel Brimborium, wie das Durchbrechen wilder Elefanten durch das Dickicht. Lichteffekte und Krach, damals „atemberaubend“. Und selbst der Kampf von Schwarzen mit Keulen, Messern und Speeren bot „gruselnde Schaulust“. Das Ganze erhielt in den Nachstunden erotisches Flair. „Kommen Sie, wenn die Kleinen im Bett sind“. Frauen in verwegen geschnittenen Badeanzügen stellten „amerikanische Freiheit“ vor. Man sah über diverse Anzeigen konservativer Bürger hinweg. „Wir sind doch modern“, war nicht nur die Meinung des Bürgermeisters.
Im Herbst dann die Schnitterfeste, modernisierte Veranstaltungen mit viel Frivolem und Spektakulären, so der „Erntetanz“ halbnackter Mägde oder das Darstellen mittels lebender Bilder eines Dorfmilieus. Dazu Umzug durch die Stadt. Mit dem traditionellen Erntefest in den Dörfern hatte dies nichts mehr zu tun, aber es zog Publikum. Die Umsätze in den Gasthöfen der Stadt entsprechend und viel zu tun für die Ortsgendarmerie.
Ende September ging es Schlag auf Schlag. Am 26. und 27. Stellte sich der Dauerläufer Dibbels aus Wien vor. Angekündigt, den Marktplatz in einer Stunde mit 65 Runden zu umlaufen, schaffte er gar 58 Minuten. Spitzenleistung, gut für das Geschäft. Zur gleichen Zeit gastierte der Zirkus „Boutoni“ auf dem Hof des Gasthofes zur „Grünen Tanne“. Pferdedressuren, Ballett und Pantomime, dazu Klamauk und Humoristen, alles durchweg gut besucht. Und zum Abschluss vier Tage lang ein Historisches Kunst- und Wachsfigurenkabinett an gleicher Stelle. Viele Szenen, darunter eine Dauertänzerin aus Wachs. Man nutzte die neuesten mechanischen Erfindungen und gewann damit ein „staunendes, oftmals ungläubig und naiv schauendes Publikum“ wie ein Chronist schrieb. Die Abwechslung über die uns auch noch heute bekannte Schaulust „samt Gaffen“ bot damals durchaus „tolle Tage“.
Jahrmarktsattraktionen anno 1891 in Radeberg
Es muss ein Zufall sein, dass die Sportfreunde Stiller genau jene Textzeile im Song „Budenzauber“ verwenden, der auch 1891bei den vielen Vergnügungen im Bereich des Radeberger Marktplatzes eine Rolle spielte. Eine stationäre Kapelle unter Zuhilfenahme örtlicher Musiker spielte das Lied zum Mitgröhlen: „Schalalalala, Schalalali Budenzauber bei Marie“, so der Chronist. Und es wurde viel geboten vor 125 Jahren.
Die erste Sensation war ab 9. Mai „Paty’s mechanische Kunstausstellung“, begleitet von künstlerischen Darstellungen im Sinne lebender Menschen. Man warb mit dem Versprechen „Ganz neu und zum ersten Mal im Kontinent zu sehen“. Zwei für Sachsen typische Mentalitäten brachten den Riesenerfolg. Zum einen verwies der Inhaber des Spektakels, Johan Paty darauf, dass seine Kunstausstellung auf der Dresdner Vogelwiese am 28. Juli 1890 durch König Albert samt dem Königshof und den Ministern „durch ihre Anwesenheit ausgezeichnet“ wurde. Und Radeberg sah zum ersten Male „Die Beerdigung Seiner Exzellenz Kriegsminister Grafen von Fabrice in Dresden“. Dieser im Volk bekannte Minister war am 25. März 1891 gestorben und ihm zu Ehren war an der heutigen Stauffenbergallee ein Mausoleum errichtet worden. Man war weder zur Beerdigung noch zur Einweihung des Mausoleums, nun hatte man es in Radeberg. Welch ein Ereignis.
Über 4000 Personen erwarben eine Eintrittskarte, Erwachsene 15 Pfennig, Kinder 10 Pfennig. Dazu vor dem Gasthof zur „Grünen Tanne“ ein „Riesen-Concert-Orchestrion“. Musikbeschallung vom Feinsten und Neuesten. Zu sehen waren auch „lebende Bilder“ zur Reise Sir Stanleys von Sansibar nach Zentralafrika. Dazu viel Brimborium, wie das Durchbrechen wilder Elefanten durch das Dickicht. Lichteffekte und Krach, damals „atemberaubend“. Und selbst der Kampf von Schwarzen mit Keulen, Messern und Speeren bot „gruselnde Schaulust“. Das Ganze erhielt in den Nachstunden erotisches Flair. „Kommen Sie, wenn die Kleinen im Bett sind“. Frauen in verwegen geschnittenen Badeanzügen stellten „amerikanische Freiheit“ vor. Man sah über diverse Anzeigen konservativer Bürger hinweg. „Wir sind doch modern“, war nicht nur die Meinung des Bürgermeisters.
Im Herbst dann die Schnitterfeste, modernisierte Veranstaltungen mit viel Frivolem und Spektakulären, so der „Erntetanz“ halbnackter Mägde oder das Darstellen mittels lebender Bilder eines Dorfmilieus. Dazu Umzug durch die Stadt. Mit dem traditionellen Erntefest in den Dörfern hatte dies nichts mehr zu tun, aber es zog Publikum. Die Umsätze in den Gasthöfen der Stadt entsprechend und viel zu tun für die Ortsgendarmerie.
Ende September ging es Schlag auf Schlag. Am 26. und 27. Stellte sich der Dauerläufer Dibbels aus Wien vor. Angekündigt, den Marktplatz in einer Stunde mit 65 Runden zu umlaufen, schaffte er gar 58 Minuten. Spitzenleistung, gut für das Geschäft. Zur gleichen Zeit gastierte der Zirkus „Boutoni“ auf dem Hof des Gasthofes zur „Grünen Tanne“. Pferdedressuren, Ballett und Pantomime, dazu Klamauk und Humoristen, alles durchweg gut besucht. Und zum Abschluss vier Tage lang ein Historisches Kunst- und Wachsfigurenkabinett an gleicher Stelle. Viele Szenen, darunter eine Dauertänzerin aus Wachs. Man nutzte die neuesten mechanischen Erfindungen und gewann damit ein „staunendes, oftmals ungläubig und naiv schauendes Publikum“ wie ein Chronist schrieb. Die Abwechslung über die uns auch noch heute bekannte Schaulust „samt Gaffen“ bot damals durchaus „tolle Tage“.
Im alten Dresden war "Donaths neue Welt" ein solcher vielbesuchter Renner.
Danke für den interessanten Rückblick und
b.G.
W.