Romantik als Begriff


Romantik als Begriff
Ergänzung zu Ferdinands Thema.

Wenn man heute den Begriff »Romantik« hört, denkt man mit Sicherheit an »Kerzenlicht, trautes Beisammensein, oder Sonnenuntergänge. Und doch sind die Liebesschwüre in Gedichtchen und die »Schmetterlinge im Bauch« etwas völlig anderes, als das, was Romantik eigentlich bedeutet! Im Grunde genommen müsste man für das, was unser Ferdinand hier so gut beschrieben hat, einen völlig neuen Begriff prägen!
Glückseligkeit, Leidenschaft, Euphorie kämen in Frage - treffen aber nicht das Ziel.
Romantik ist im Sinne des Begriffs etwas unbestreitbar anderes! Der Begriff hat sich seit 300 Jahren in vielfacher Form gewandelt. Romantik war eine literarische Epoche, die etwa von 1795 bis 1848 ihre hohe Zeit hatte. Der Begriff entstammt den französischen Wörtern roman, romance und bezeichnete Werke, die in der Volkssprache des jeweiligen Landes statt in Latein geschaffen wurden!
        Die Romantiker wandten sich von den Vorbildern der Antike ab und mehr der alltäglichen Sprache des einfachen Volkes zu. Ihnen fiel sozusagen die Aufgabe zu, die Welt zu romantisieren, d.h. geheimnisvoll zu gestalten. Die Romantiker lehnten damit die Lebensrealität der aufklärenden Zeit als auch die erzieherischen Anliegen der Klassik entschieden ab.
        Die Zeit zwischen dem Ende des 18. und der Mitte des 19. Jahrhunderts war für die Menschen in Europa von vielen sozialen Umbrüchen geprägt. 1789 brachte die Französische Revolution weitreichende Umgestaltungen innerhalb Europas nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der schon den Anfang des industriellen Zeitalters anzeigte, brachte große Verunsicherung zu den Menschen. Die Welt veränderte sich mehr und mehr. Die Verstädterung und die einsetzende Industrialisierung wurde nun von den Romantikern als grau, herzlos und menschenfeindlich empfunden.
         Die Kritik an dieser Gesellschaft, die sie zunehmend nur als bloßes Streben nach Besitztum und Gewinn ansahen, wuchs in zunehmendem Maße. Nach dem Verständnis der Romantiker war die Welt zerrissen: auf der einen Seite die Welt der Vernunft, auf der anderen die des Gefühls. Um der gefühlskalten Welt zu entkommen, flüchteten sie in Fantasie und Mystizismus. Vor dem Hintergrund dieser Weltflucht wandten sich die Autoren der Romantik in verstärktem Maße den Märchen, Sagen und Volksliedern zu. Außerdem verehrten sie das Mittelalter und die Schönheit der Natur!
      Ihr Ideal, das sie anstrebten war eine Dichtkunst, in der Wissenschaft, Religion, Poesie und Prosa gleich verteilt sind; wo Epik, Lyrik, Dramatik über alle Grenzen hinaus miteinander verbunden werden.
      An Stelle von starren Grenzen sollte damals die romantische Literatur weltoffen sein und niemals vollendet werden können. Das bekannteste Motiv der Romantik war die »Blaue Blume«. Die Sehnsucht an sich wurde in dieser Epoche durch die »Blaue Blume« stilisiert, der Dichter NOVALIS griff dieses Thema erstmalig auf.Florea_130.JPG
      Andere Motive dieser Zeit waren dann noch das Fernweh, die Todessehnsucht oder das Nachtmotiv. Gerade Letzteres war für viele Dichter besonders wichtig! Die Nacht symbolisierte nicht nur die Dunkelheit sondern auch das »Geheimnisvolle«, das Mysteriöse, sie galt auch als Quelle der Liebe. Und damit schloss sich dann der Kreis der Romantik!
        Wir sehen heute dieses Wort ein wenig anders. »Er/sie ist so romantisch!« Oder: »Es sind so romantische Verse!« Man spürt, dass die Bedeutung eine andere Gewichtung erhalten hat. Das ist bestimmt kein Manko, im Gegenteil; ich glaube aber, dass ich schon mal darüber nachdenken müsste, wenn ich dieses Wort sinngemäß benutzen möchte.

©by H.C.G.Lux

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Kommentare (4)

Syrdal


...und wenn ich an Romantik denke,
zerquält mich die Realität,
verflogen sind die Traumgeschenke,
sie einzufangen ist‘s zu spät!
Es kamen mehrmals harte Zeiten
über die Völker und das Land,
Romantik musst‘ den Tod erleiden,
ist heut‘ den Menschen unbekannt.
…………….


Auszug aus einem Gedicht aus Jugendzeiten,
speziell zum Thema hervorgekramt von
Syrdal
 

Federstrich


@Pan
In zwei Punkten kann ich dir nicht ganz zustimmen. Ferdinands Verwendung des Wortes ist legitim und damit durchdacht. Das erzählen uns zwei renommierte Nachschlagewerke.

Wenn wir  die Etymologie des Wortes romantisch/Romantik betrachten, so war es zeitlich gerade umgekehrt zu deiner Darstellung:

Zunächst, Ende des 18. Jhd., gab es bereits das Wort in der Bedeutung, in der es Ferdinand verwendet hat (gefühlsbetont, von Stimmungen abhängig, schwärmerisch), bevor später, zu Beginn des 19. Jh., die Bedeutung, über die du referierst, d.h. die künstlerisch-philosophische Richtung, hinzutrat. VGl. https://www.dwds.de/wb/Romantik

Insofern hat sich auch nicht die "Gewichtung der Bedeutung", d.h. einer Bedeutung verändert, sondern es gibt verschiedene Bedeutungsebenen dieses Wortes, die seit langem und nicht erst "heute", gleichberechtigt nebeneinander stehen und verwendet werden. https://www.duden.de/rechtschreibung/romantisch
Grüße von Federstrich
 

Pan

Moment: Habe ich etwa von illegitim gesprochen?
Bitte genau lesen, lieber Federstrich!
Hast Du nicht gelesen, dass  ich zum Ende des 18.Jh. von Umbrüchen im sozialen Leben geschrieben habe, ja?
Wenn ich von "hoher Zeit" rede, stelle ich damit doch nicht die vorhergehenden Zeiten in Abrede.
Ich stelle jedoch fest, dass diese "angebliche falsche Aussage" in meinem Bericht in keinem Fall dem entspricht, was Du nun anders empfindest!
Ich bin immer noch der Meinung, dass die Gewichtung dieses Begriffes eine andere geworden ist. S o wie sich auch die Sprache jener Zeit verändert hat, geschah es auch mit den Werten und Vorstellungen!

Ich sehe überhaupt keinen Widerspruch in meinen Aussagen, wie ich auch das von Ferdinand geschriebene nicht von der Hand gewiesen habe!
Diese Unstimmigkeiten sind für mich nicht nachvollziehbar ...
Grüße von
Pan~

Federstrich

@Pan  

Lieber Pan,
da das der Blog-Bereich ist, können wir nun nach deiner Entgegnung gern unsere unterschiedlichen "Empfindungen", wie du es nennst, nebeneinander stehen lassen. Möge der interessierte Leser sich sein eigenes Bild machen.
Grüße von Federstrich
 


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