Partnerwechsel und Tatort
Im August 1958 war es, daß meine neue Familie von Zweibrücken/Pfalz nach Augsburg/OBB, zog und ich zog mit. Verdammt, ich war noch in der Lehre und alles wurde umfunktioniert. Der Anfang schien mir wie ein neues Loch - erdrückend ohne Freunde und Tanzprogramm. Alles nochmal von vorne und schon wieder ein Neubeginn. Und das auch noch bei der Post! Der Beruf, den man mir auserwählt hatte, der war nicht der meine, nein, ich mußte was mit den Händen schaffen. Vielleicht tuen es die Füße auch? Ich schloß mich einem Kollegen an, der auch gerne tanzte und schon wieder zu kurz an Körpergröße und mein Traum von Highheels im Schrank verschwand. Jedenfalls waren Kontakte geknüpft und mein Blick fiel auf einen jungen Mann, einen Kopf größer, und gut in Rhythmus und Figur. Und er hatte einen Roller. Wir tanzten uns ein und alles klappte auch ganz gut, nur das Festhalten bei Rock'n Roll-Figuren, das war nicht die unbedingte Sicherheit. Er verpaßte ewig meine Hand, es war sozusagen Glückssache. Bei einem Schautanzen im Hotel "3 Könige" in Augsburg mit großer Ankündigung flog, ich in die Trommel rein. Ich hätte ihn umbringen können. Wir haben lange diskutiert warum er nicht aus einer Drehung oder eines Wurfes nicht festhalten konnte, er wußte es nicht und ich habe mich von ihm getrennt. Der nächste hatte meine Körpergröße, der konnte tanzen und meine Highheels blieben weiter im Schrank, ja verdammt. Der nächste war ein "Nachbarskind" und das paßte, aber in einen Tanzclub wollte er nicht. Okay, was solls, mit dem Tanzen klappte das auch so und vorallem er besaß eine Isetta. Ja, man wurde vornehmer, nur in die Straßenbahnschienen durfte man nicht geraten. Man kam nur noch schwerlich davon raus. Der jüngere Bruder gesellte sich dann dazu und schon fing es mit Eifersüchteleien an. Und das war auch nicht mein Ding. Ich setzte mich ab und auch von Familie und zog nach Kaufbeuren in Absprache mit meinem Dienstherrn, um dort ein Prakrikum zu absolvieren. Der "Feger" auf dem Tanzboden hatte sein Terrain erobert. Ich wohnte in einer "Hauswirtschaftlichen Schule" unter Regie eines Nonnenordens. Die wohl schönste Zeit meines Lebens. Meine "Pinguine" waren ein lustiges Volk. Es wurde gesungen, gekocht uuund genäht. Ein großer Nähraum stand zur Verfügung und man freute sich schon, wenn ich mit der "Burda" am und sie sich die neuesten Schnitte für mich aussuchen konnten. Ich suchte aus und fand ein Kleid mit tiefen Rückenausschnitt und kam am nächsten Tag mit dem Stoff, der mir gefiel. Oh Heiland, sie waren außer Rand und Band. Sie zerlegten den Stoff und brachten die Teile zu mir und ich nähte unter aller Augen deses Kleid zusammen. Es war wunderhübsch und stand mir gut, die passenden Schuhe noch dazu und ich war fertig für den nächsten Tanzauftritt. Frau Oberin war mir wohlgesonnen und akzeptierte mein Tanzvergnügen. Sie kam sogar einmal mit zum 1. Maitanz im Postamt. Ich hatte inzwischen einen großen Tanzpartner gefunden von der Bundeswehr, meine Highheels kamen zum Einsatz. Der erste Tanz gehörte dem Chef des Hauses. Ich startete los, übers ganze Parkett - und forderte unseren Oberamtmann auf. Und der konnte auch noch tanzen! Es blieb Gesprächsstoff über Jahre. Die freche Göre, ohne Respekt, die fordert den auf usw. Jedenfalls war meine Oberin vom Marienheim voll begeistert und jedesmal wenn ich für die Budeswehrler Spätdienst hatte, dann hob sie noch eine kleine Nachtmahlzeit für mich extra auf. Meine Damen in Schwarz/Weiß brachten mir sehr viel beim Nähen bei und warteten ganz gespannt auf die nächste Burda. Und ich habe genäht bis die Nadeln glühten und der neue Tanz begann.
finchen
finchen
Kommentare (4)
Kommentar bearbeiten
Ich war auch so tanzversessen den "Rock and Rol" hatte ich im Internat in Saßnitz gelernt. Tanz im Wandel der Zeiten, hatte unsere Arbeitsgruppe geheißen. Aber die neuen Tänze waren die, die wir wirklich mochten. Wir sind aufgetreten und die außer Rand und Band Musik und Tanz kam gut an bei den Leuten.Die Westmusik wurde nur geduldet, weil wir zeigen sollten wie die Westkultur ausarten kann. Aber klar war, wir und die Zuschauer machten alles nur deswegen und der RIAS wurde gehört, jetzt kommt die Tanzmusik für die verdorbene Jugend der Ostzone
Ich habe bei einem Preistanz, mit 54 Jahren beim Rock.. den 2. Preis gewonnen. Ach war ich stolz.
Danke für die realistische Schilderung der Zeit, ich füge die Ostsicht dazu
Ganz liebe Grüße und Dank für den Erinnerungsanstoß, es war mir ein Vergnügen, Deine Zeilen zu lesen,
liebe Grüße,
Traute
Kommentar bearbeiten
was für eine Akrobatik beim Einstieg und tatsächlich,
die Reifen waren wirklich ein wenig schmal geraten.....
Was Du alles an Erinnerungen in mir auslöst - gg - ich trug
natürlich am Sonnabend/Sonntag auch meine Stöckelschuhe und
konnte tatsächlich sehr graziös damit "schweben" - nach großen
Männern habe ich ebenfalls Ausschau gehalten und der, den ich
dann nahm, war auch 1,86 m.
Später setzte sich das in der Familie fort, mein Schwiegersohn
bringt 1,94 m auf das Parkett.
Herzlich Medea.
Kommentar bearbeiten
wie es in unserer Jugend war.
Da sitze ich nun und viele Bilder aus der Vergangenheit
tauchen vor den geschlossenen Augen auf.
Nur Schau - Tanzen habe ich nie getan. Aber wenn der Rhytmus
stimmte war ich nicht mehr zu halten.
Mach weiter so
gruessle
omasig
Kommentar bearbeiten