Ostern 1948........


...ich erinnere mich noch gut daran.
Ein Weihnachtsfest 1947 in der Britisch besetzten Zone und weitergehend bis Ostern 1948.
Es war Anfang Oktober '47, als wir auf Schleichwegen "schwarz" über die Zonengrenze gingen. Auf den ebenen Flächen war noch Herbst, doch je näher wir dem Harz zugingen und höher stiegen - erreichten wir die "Winterfront". Der erste Schnee noch klein und fein - doch langsam wurde es ungemütlich.
Mein Onkel erwartete uns in Seesen, mit einem Schlitten in der Hand.
Warum, hier lag doch kein Schnee - doch es ging wieder bergan.
Je höher wir wieder kamen umso höher wurde der Schnee. Man setzte mich auf den Schlitten drauf und zog mich einfach durch Berg und Tal.
Halb erfroren kamen wir nach Stunden dort an, was meine neue Heimstatt für ein Dreiviertel-Jahr werden sollte.
Im Forsthaus mit Petroleum-Lampen und Wasserpumpe und einem Misthaufen unter'm Küchenfenster. Doch es war endlich warm.
Mutti mußte wieder zurück, um nicht aufzufallen nahm sie den beschwerlichen Weg in Kauf.
Alle Überredungskünste halfen nichts doch hierzubleiben - doch sie wollte den Eltern nicht den Verhörmethoden der dortigen Behörden aussetzen.
Weihnachten kam, ich ging inzwischen dort zur Schule - Weihnachten ohne Mutti und langsam ging der Winter vorbei und Ostern nahte.
Ein Frühling, den man sich nicht blühender vorstellen kann - der Kirschberg, ein Hügel mit lauter Kirschbäumen drauf und alles blühte...
ein Traum von Tausend und einer Nacht.
Und zu Ostern kam der obligatorische "Osterspaziergang".
Der Onkel sprang immer voraus - ich ahnte, was er da machte - ich war ja schon groß! Doch mein kleiner Cousin, dem wollte man die Illusion noch bewahren.
Bis der Förster plötzlich sein Gewehr von der Schulter riß und zischte: sofort alle stehenbleiben.
Schleichend ging er voraus und durchstöberte die "Kuscheln", wie sie die kleinen nachgepflanzten Fichten nannten.
Er deutete zurück und wir gingen rückwärts ganz vorsichtig den Weg entlang. Die Augen waren nach vorne achtend und auf Papa-Förster ausgerichtet.
Es fiel ein Schuß und Papa-Förster schrie - lauft oder auf die Bäume rauf.
Wie eine wildgewordene Herde rannten wir dem Forsthaus zu.
Der Onkel hatte seinen kleinen Sohn unter den Arm geklemmt und ich rannte, was ich rennen konnte.
Alle kamen wir am Forsthaus an - nur Papa-Förster fehlte noch....
einen Schuß haben wir auch nicht mehr gehört und somit ist wohl nichts passiert, kamen die beruhigenden Worte der Förster-Mutti.
Es dauerte noch einige Zeit und dann kam er auch an und erzählte, daß dort eine Bache mit ihren Frischlingen ihre Suhle hatte.
Völlig ungewöhnlich, denn dort seien sie noch nie gewesen - doch dieses Jahr gibt es ungewöhnlich viele Schwarzröcke, sodaß sie wohl auch in ungewöhnliche Gebiete wanderten.
Und der Onkel jammerte, da doch soviel bunte Eier auf dem Weg versteckt hatte und nun?
Die sind wohl den Wildschweinen zum Opfer gefallen......
Doch nun konnten wir alle wieder lachen, auch wenn wir an die verlorenen Eier dachten.
Das war der ungewöhnlichste Osterspaziergang meines Lebens - ein Renntag eben.
mit bunten Eier-Grüßen
Euer Moni-Finchen








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Kommentare (3)

finchen bevor ich es vor die Säue werfe?
Aber Du, dort gab es was zu Essen - im Forsthaus bei Förster-Mutti in der Küche!!! Eine Hühner- und Gänseschar, eine große Anzahl von Karnickeln, 4 oder 5 Schweine und zwei Milchkühe im Stall..............ein riesieger Obst- und Gemüsegarten hinterm Haus, dort war der Krieg nie angekommen - außer der britischen Besatzungsarmee.
Und mit denen handelte Förster-Papa die Jagden aus und schon war der Handel wieder perfekt.
Das war die schönste Kindheit in meinem Leben - und abends surrte die Zentrifuge um Butter herzustellen.
Ich denke gerne daran und ein Foto vom Forsthaus hängt noch heute bei mir an der Wand.
mit farbigen Eiergrüßen
Dein Moni-Finchen
Traute Das ist der Gipfel, die Ostereier vor die Wildsäue werfen.
Ach was waren das für Zeiten, voller Hunger ,Zorn und harten Richtern.
Die Grenzen waren später als eiserner Vorhang verschrieen und es hätte Euer Leben gekostet sie zu überschreiten.
Wieder ein Story aus der Zeit, als es leichter war zu sterben, als zu überleben.
Was die Eier Euch wert waren, damals kann ich Dir nachfühlen.
Ein frohes Osterfest und alles Gute,
wünscht Traute
ladybird wie ich lese, verbringst Du deine Warteschleife sehr sinnvoll mit Deinem, von uns geliebten Spaß,
der ja leider so sehr spaßig nicht war?
Aber Du hast ein super Talent, auch kritische und ernste
Geschehnisse durch Deinen Schreibstil etwas zu mildern.
Mit Dank und Gruß,
herzlichst Dein Renatchen

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