"Oh Gott, sie kommen" Ein Familienausflug

Autor: ehemaliges Mitglied



"Oh Gott, sie kommen!"
Ein Urlaubstag mit Radtour sollte es werden. Aber: Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Hurra, meine Ferien sind da. Die Schulsachen fliegen schwungvoll in die erstbeste Ecke, die sich für die nächsten Wochen als Aufbewahrungsort für diese Dinge eignet. "Kinder, der Vater kommt gleich nach Hause. Packt doch mal schnell eure Sachen ein!" "Was denn für Sachen?", schallt es durch das Treppenhaus. Mein Gott, denke ich: "Na eure Sachen, die ihr mit auf Reisen nehmen wollt und braucht. Morgen, gleich nach dem Frühstück fahren wir gemütlich los. Ich will nicht wie sonst vor jeder Reise Hektik und Stress haben." Die älteste Tochter erscheint in der Küchentür und staunt die völlig im Packeifer aufgelöste Mutter ratlos an. "Ich denke, der Urlaub ist wegen unseres Hundes geplatzt?" "Nein, er fährt mit uns mit. Wir fahren ins Blaue und besuchen dieses Jahr einmal alle Freunde und Bekannte, die wir in der weiteren und näheren Umgebung kennen. Ein Quartier finden wir schon. Ansonsten schlafen wir in der Villa "Wiesenglück. Die Zelte liegen neben den Fahrrädern. Vater lädt, wenn er zurück ist gleich alles in den Kleinbus." Von den Vorbereitungsarbeiten geschafft, geht die Familie völlig erschöpft zu Bett. Der Nachbarhahn kräht, die Sonne scheint blank aus einem blauen, wolkenlosen Himmel. Die Familie ist gewaschen, geschminkt und schön angezogen. Der Teewasserkessel pfeift, der Eierkocher lärmt, der Toast wird kalt. "Beeilt euch!", ein energischer Ruf verhallt im Treppenhaus. Der Ehemann, die Zwillige und die Tochter mit klein Fritz haben sich im Grundstück so verstreut, dass sie den Ruf der Mutter erst einmal nicht hören können. Schließlich muss alles noch einmal im Fahrzeug überprüft werden. Das heißt der Vater packt alles wieder aus, was ich am Vorabend eingeräumt habe. Er packt alles noch einmal um und wieder neu ein. Aber dennoch gelingt es der Ehefrau ihre Familie doch noch zum Frühstück zu locken. Danach verteilen sich alle wieder, damit Mutter alleine die Küche aufräumen darf. Alles ist fertig und die Familie abfahrbereit. Nur klein Fritz braucht bereits ein zweites Bad und frisch gewaschene Sachen, weil er in der Zeit bis zur Abfahrt noch schnell selbst gefüllte Pfützen leer springen musste. "Warum hast du ihm alleine in den Garten gelassen?", fragte verärgert dessen Vater. "Warum bloß immer ich?", frage ich gereizt zurück.
"Weil du seine Mutter bist?" "Was hat das denn damit zu tun? Immer wenn er Blödsinn macht, weil er sich langweilt, bin ich Schuld oder er ist nur! Mein Sohn. Wenn du ihn vorzeigen kannst, natürlich dann deiner!", schrei ich meinen heißgelaufenen Mann an. Unser Tochter steht vor dem Fahrzeug und fragt: "Soll ich wieder alles auspacken?"
"Nein, natürlich nicht, wir fahren!" Ich habe mir Fritz unter den Arm geklemmt, bin in Bad gerannt und habe ihn zwangsmäßig unter die Dusche gestellt. Das mag er überhaupt nicht und strampelt sich los und spritzt uns beide pitsch nass. Also dusche ich vorsichtshalber mit. Frisch angezogen, eilen wir in den Hof und zum Auto. Fritz wird vorsichtshalber in seinem Kindersitz angeschnallt. Mein Mann sitzt bereits hinter dem Steuer. Unsere Tochter scheinheilig auf ihren zugewiesenen Platz. Warum ist sie so friedlich? Irgendetwas stimmt da nicht. "Wie lange dauert das denn noch?" "Hättest du mir geholfen, wäre alles schneller gegangen", schleudere ich ihm entgegen. "Oder auch nicht!" Er schaut mir grinsend auf den Ausschnitt meiner neuen, teuren Bluse. Unsere pubertierende Tochter lässt ein: "Oh auch das noch", von sich hören. Sie kennt sich aus. "Sagt mal, habt ihr nicht etwas vergessen?" "Was denn, fragt klein Fritz, ich habe meine Autos doch eingepackt." Auch wir schauen zu Lisbeth fragend hin. "Na Gustav? Unser Hund? Soll er nicht auch noch mit und nicht zum krank gewordenen Großvater?" "Opa wird immer krank, wenn Gustav zu ihm soll, bemerkt altklug unser Sechsjähriger." Dazu sage ich lieber nichts. Gustav freut sich und sitzt schon lange, seit seinem Aufstehen, vor dem voll beladenen Auto und wartet auf seine Familie. Endlich! Es geht los. Alles, Hausherr, Hund, Kinder und Mutter sind im Auto verstaut. "Was wird denn unser erstes Ziel sein?", wollen die Zwillinge wissen. Die Kinder schauen fragend auf das nun entspannte und Urlaubslieder fpeifende Gesicht ihres Vaters. "Am besten fahren wir jetzt los, dort vorn links ab und treffen nach ca. fünfzig Kilometern auf unser erstes Opfer. Auf Onkel Max."

von Birgit in DAS SCHREIBHAUS




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