Hommage an Dich
Wir zwei sind schon lange unterwegs. Miteinander.
Unsere Reise begann in materiell schlechter Zeit, wir bauten mentale Brücken zu anderen Menschen, gingen auf sie zu, reichten die Hände, wurden Freunde.
Die Zeiten wurden besser, Frieden war im Land. Uns ging es gut und immer besser. Es gab Brot und Wein.
Doch wir zwei trifteten ab in ein ungünstiges Umfeld. Wir fühlten uns ausgestoßen, wir hungerten. An Liebe.
Ich erfuhr Grausamkeiten am Leib und auch du hast gelitten. Unser Glauben an das Gute war angekratzt. Wir waren verletzt.
Psychisch labil und willensschwach, so hat man uns eingeordnet. Krank im Kopf und unendlich traurig. Dann kam die Droge Alkohol.
Ich, der Körper, fing zu trinken an und du wurdest krank. Der schlimmste Fall trat ein – du hattest mich verloren. Ich hatte mein Herz verschlossen und dich an den Teufel verkauft.
Wut, Trauer, Zerstörung und Hilflosigkeit dominierten über die Jahre. Unser Miteinander wuchs erst wieder in der Geschlossenheit der Klinik.
Narben sind geblieben, aber das Wesen der Narbe ist die Abwesenheit des Schmerzes. Wir wurden wieder stark. Wir zwei. Wer, so frage ich, kann das besser als wir zwei hochsensiblen Wesen?
Du bist meine SEELE – und ich der Körper, der soviel schwächer ist als du. Es ist Zeit, einmal DANKE zu sagen. Dir, du treue SEELE du.
Kommentare (5)
Lieber Eisenwein,
ich habe schon hin und wieder einen Beitrag von Dir gelesen (hatte es unter dem Stichwort: das ist der trockene Alkoholiker) "abgelegt".. entschuldige wenn ich es so "krass" asudrücke Ich mag dieses Wort nicht-aber manchmal passt es eben....
Dein Blog ist total mutig und macht auch Hoffnung. Das hast Du ganz toll geschrieben...
Ich muss zugeben daß ich gebraucht habe bis ich wusste wer oder was der Zweite war...
Ich werde auch in Zukunft ein Auge auf Deine Blogs werfen. Sie sind es wirklich wert...meint
mit allen guten Wünschen
Angelika☀️
Lieber Ferdinand,
irgendwie empfinde ich diese Zeilen als ein Highlight Deiner zahlreichen und beeindruckenden Beiträge. Hunger an Liebe kann tödlich sein.
Hat mich sehr berührt.
Andrea
Deine Beiträge sind überaus mutig! Diesen Mut lernt man nur, wenn man begriffen hat, dass das Verstecken seiner Krankheit zu nichts führt als zu Verschlimmerung, Vereinsamung daran, man den Weg aus dem Dilemma heraus gefunden hat.
Als ich meinen Mann kennenlernte, war das Verschweigen von Krankheiten sowohl in seiner als auch in meiner Familie üblich. Dass er schon im Alter von 19 Jahren seit fünf Jahren ein heftiges Alkoholporblem hatte, war mir überhaupt nicht klar. Er wusste es auch sehr gut zu verstecken. Immerhin war es gang und gäbe, sich abends nach der Arbeit ein Feierabendbier zu gönnen, aus dem schnell eine Vielzahl wurde - allerdings nicht in meiner Gegenwart.
Seine charakterlichen Veränderungen wurden im Verlauf vieler Jahre immer mieser. Erst begann er, sein Trinken zu verstecken, zum Schluss, als sich schon sein Krebs ausgebreitet hatte, versteckte er die harten Sachen - aber ich brauchte ihn nicht im Krankenhaus zu besuchen, ohne nicht wenigstens zwei "Fläschchen Pils" zum Einschlafenkönnen in einer getürkten Aktentasche mitzubringen. Ohne dieses Minimum wurde er dem Krankenhauspersonal gegenüber unleidlich ... Es fielen viele Hemmungen, auch den Kindern und mir gegenüber ... Und wehe, ich schaute zu dem Eingang der Blaukreuz-Haustür, wenn wir auf einem Spaziergang dort vorbei kamen. Das reichte ihm schon zu einem Streit, selbst wenn ich kein Wort dazu, keinen Blick dorthin verlor.
Sich selbst einzugestehen, dass man ganz offensichtlich "abgerutscht" ist, ist die schwerste Erkenntnis. Dies auch noch der Partnerin einzugestehen wohl ebenso.
Ich lese alle Deine Beiträge sehr gerne, weil es mir Möglichkeiten aufzeigt, die meine Ex vielleicht geholfen hätten. Du hast es halt geschafft und konntest Dich wieder ins Leben zurück kämpfen.
Ich habe meine Flucht vor meinem Mann nach Jahrzehnten schleunigst vorbereitet, als mir sein Hausarzt erklärte: wenn er als Dozent seinen Studenten einen typischen Alkoholiker präsentieren müsse, wäre mein Mann prädestiniert. Ich bin noch nie so erschlagen nach Hause gewankt, wie mit dieser Erkenntnis. Und ich zitterte nicht nur, weil es frostig draußen war. Insgeheim wusste ich es ja, aber es so hören zu müssen, war schwerste Kost.
Heute bin ich glücklich, dass weder meine Kinder noch ich dem Alkohol zugeneigt sind. Mein Sohn hat nicht mal auch nur eine Flasche Bier mit seinem Vater in dessen Hobbykeller getrunken, obwohl er oft viele Nächte in einer Woche bei ihm saß.
Das Leben ist schon seltsam ...
Dir eine gute Woche, lieber Eisenwein
wünscht Uschi