Fee Lavendelchen und ihre Freunde

Kapitel 5. Neue Freundin

Die Freunde saßen im Schatten der Bäume am Rand des Dorfes. Vor ihnen erstreckte sich ein lila-violettes Meer: ein Lavendelfeld.
“Was für eine Schönheit!” flüsterte  Cristina verträumt. “Was für ein Duft! Und so leise, nur die Bienen summen. Es scheint, als sei es überall so friedlich, dass es kein Unglück und kein Unheil gibt. Aber wahrhaftig …”
“Wartet mal! Hört zu! Was ist das? Das sind ja keine Bienen, jemand jammert oder weint mit dünner Stimme. Irgendwo dort!” Darinka zeigte auf einen großen Lavendelstrauch am Rande des Feldes.
Sie sprang auf und ging leise zum Busch, von dem unverständliche schluchzende Geräusche  zu hören waren.  Darinka  drückte die blühenden Zweige  auseinander und erstarrte. Die seltsamen Geräusche hörten auf.
“Was ist da drin?”  fragte ungeduldig Dmitrik. Als er die Antwort nicht hörte, lief er zum Gebüsch und erstarrte ebenfalls.
Langsam zogen sich alle zusammen und erstarrten auch. Sie standen still. Auf einem Lavendelzweig saß ein unbekanntes Wesen mit lavendelfarbenen Flügeln und sah auf zu den Kindern.
“Was ist das? Ein Lavendel –Schmetterling? Ich habe noch nichts von solchen Faltern gehört. Es  gibt den Brombeer-Zipfelfalter, den  Distelfalter , den  Zitronenfalter, den  Kohlweißling, den  Schlüsselblumen-Würfelfalter, es gibt auch den Pflaumen-Zipfelfalter, aber es gibt keine Lavendelfalter.”  Christine liebte alle Tiere und verstand sich gut mit Insekten.
Das unverständliche Wesen wischte sich die Tränen aus den Augen, schaute die Freunde mit fliedervioletten Augen an und sprach mit einer hellen klangvollen Stimme:
„Ich bin kein Schmetterling! Ich bin eine Lavendelfee. Die Gastgeberin und Herrin dieses Feldes!” Und sie verdrehte sich und bereitete sich darauf vor, wieder zu weinen.
“Heule nicht! ” unterbrach sie Rustem.  „Die Lavendelfee? Das  ist so interessant! Aber zu lange. Können wir dich einfach Lavendel nennen? Was ist mit dir passiert? Warum bist du so aufgebracht?
“Mein Lavendelfeld will  man zerstören “, antwortete die Fee schluchzend. “Entwurzeln, und eine Kaserne für die grauen Männlein bauen.”
“Wieder diese grauen Männlein!” redete Rustem mit Wut. “Sie fällen Bäume, sogar seltene, zerstören alte Friedhöfe, nehmen Häuser von Einheimischen weg.”
“Sie vernichten Flüsse und Seen, zerstören Architekturdenkmäler, verschmutzen das Meer” fügte traurig  Christina zurück.
“Und jetzt wird auch mein Feld zerstört!” Und die Lavendelfee weinte noch stärker.
“Beruhige dich, Lavendelchen“,  Darinka hockte sich hin, um der kleinen Gesprächspartnerin näher zu kommen. “Weine nicht, wir werden uns was einfallen lassen!”
“Aber es gibt hier immer noch viele Lavendelfelder. Kannst du nicht dorthin umziehen?”  Lenara kannte die Gegend um ihr Dorf gut.
“Nein”, schüttelte die Lavendelfee traurig den Kopf, “auf jedem Feld gibt es eine eigene Fee. Wenn dieser Busch, mein Zuhause, stirbt, kann das Feld niemals wiederbelebt werden.”

” Ich hab es!“ Dmitrik wandte sich an die Fee.  “Hast du nichts dagegen an einen ruhigen Ort zu ziehen, an dem dich niemand stört? Wir helfen dir! Und  werden dich oft besuchen.”
“Ich bin einverstanden!” die Fee sprang in die Höhe auf, ordnete ihr lavendelfarbenes Kleid und ihren Hut, der aus Lavendelzweigen geflochten war, und fing an, um die Freunde herum zu flattern.  “Aber nur mit meinem Busch!”
Rustem lief nach Hause, brachte eine Schaufel und einen Sack mit. Während er vorsichtig den Busch ausgrub, kreiste die Fee darüber und zeigte besorgt, wie er vorgehen sollte. Dann flog sie das ganze Feld umher und verabschiedete sich von ihren Blumen.
“Das ist alles. Jetzt können wir losgehen. Und wenn die grauen Männlein von der Sonnigen Halbinsel weg sind, kommen wir zurück und beleben mein Lavendelfeld wieder!”