Erinnerungen an den 3. Oktober



Zum Tag der Einheit:
Eine Ost-West-Liebe wie ein Märchen

Es war einmal ein kleines Mädchen im Osten - genau genommen in Sachsen, dem Ursprungsland der merkwürdigen Dialekt-Sprache, über die sich heute noch wir "Wessis" lustig machen und die vielen Parodisten als Grundlage für ihre Späße dient.

Dieses wunderschöne Kind war gerade 18 Jahre alt und beschloss, seinem damaligen Verlobten in das gelobte Land, sprich Landesteil Nordrhein-Westfalen zu folgen, wo dieser eine Arbeitsstelle gefunden hatte.
Dieser Verlobte war keiner der Fleißigsten, um es gelinde auszudrücken und von Treue und Enthaltsamkeit im Suff hielt er auch nicht viel.
Kurz gesagt, dass Mädchen war in den Hintern gekniffen, ohne dass es dieses wusste.

Dort - im Land des Kapitalismus, befand sich ein 46jähriger Mann, der noch nie im Osten war und außer dem Versand von Care-Paketen zu weitläufigen Verwandten, die er auch noch nie im Leben gesehen hatte, keinerlei Beziehungen zu dem Land hatte, in dem es nicht einmal Bananen gab.

Die einzige Verbindung zum Osten bestand darin, davon zu träumen, wie es in den so genannten Inter-Hotels zwischen billigen Ostmädchen und Besuchern mit harter D-Mark in der Tasche heiß her ging – geschildert von Freunden, die dieses Land ohne die gebogenen Früchte schon besucht hatten.

Als das Mädchen in seiner vollendeten Schönheit mit der Traumfigur und seinem Anhängsel dort ankam, war der Chef der Firma, um den es sich bei dem Mann handelte, sofort angetan von diesem zarten Geschöpf, obwohl ihn nur böse Gedanken an ein Zusammentreffen mit diesem Ostkind trieben, denn wie alle Wessis wusste er, dass die Menschen im Osten wenig Fernsehen und freies Radio hatten und ihre Freizeit lieber mit der sprichwörtlichen Nächstenliebe verbrachten, was ihm natürlich gefiel und seine geistige Vorstellung beflügelte.

Der Mann war einer der übelsten Sorte, die vielen undurchsichtigen Geschäften nachging, mehrere Kolonnen von Mitarbeitern beschäftigte und wie es in den Märchen so gerne beschrieben wird, in Saus und Braus lebte.

Er war natürlich bemüht, das leichte Opfer, wie es ihm schien, in seinen Bann und somit in sein Bett zu ziehen, obwohl er bereits verehelicht war und mit 3 Sprösslingen gesegnet.

Indes, das zarte Geschöpf mit den schönen Augen und der mädchenhaften Ausstrahlung machte es ihm nicht leicht.

Ein halbes Jahr baggerte er wie verrückt an diesem unschuldigen Kind, bis es ihm gelang, ihre Zuneigung zu erringen. Seine Ehe war zwar noch auf dem Papier vorhanden, aber sowohl der Mann als auch seine Angetraute hatten andere Gespielen oder Gespielinnen, waren jedoch noch freundschaftlich verbunden und lebten in einem großen schönen Haus zusammen, wo jeder seinen eigenen Interessen nachging.

Zwischen dem Mädchen aus dem Osten und dem bösen Mann aus dem Westen
entwickelte sich im Laufe der Jahre eine innige, liebevolle Beziehung, täglich mehr von Respekt und Achtung vor dem anderen geprägt, natürlich begleitet von ungezügelter, wilder und hemmungsloser Liebe, die die Vorstellungen des Mannes von Ostfrau und Wessi bei weitem überflügelte.

Betrug anfangs eine Liebesnacht noch bis zu 32 Stunden, drängte das körperliche Verlangen mit der Zeit immer mehr in den Hintergrund und der Wunsch, mit diesem Ostmädchen ein Leben lang zusammen zu sein, gewann immer mehr die Oberhand.

Trotz der 26 Jahre Altersunterschied gingen die Beiden in den nächsten 3 Jahren nach der so genannten Wende durch dick und dünn, bemitleidet und belächelt von vielen, begleitet von Kommentaren, die man sich nicht vorstellen kann und nur aus der Szenerie billiger Talksshows kennt, in denen solchen Pärchen Pädophilie und Vaterkomplex unterstellt werden, entweder von Leuten, die neidisch auf eine glückliche Beziehung sind oder von Menschen, deren Horizont nicht so weit reicht, dass sie sich vorstellen können, dass das so klappt.

Es kamen – wahrscheinlich aufgrund der gegenseitigen sexuellen Anziehung des ungleichen Paares in den Jahren 1992, 1993, 1994 und 1995 so genannte “Wossis“ auf diese Welt - das sind diese Erzeugnisse aus Verbindung zwischen Kommunismus oder Sozialismus mit dem Klassenfeind, dem Kapitalismus.

Meine Geschichte geht jedenfalls so aus, dass dieses ungleiche Paar aus Ost und West heute 22 Jahre zusammen ist, seit 8 Jahren verheiratet und 4 gemeinsame "Wossis" hat, auf die jede Eltern stolz sein können - jeder für sich ein Prachtkind und erwachsen.
Ich bin heute 66 Jahre alt und meine geliebte Corinna ist - auch für Leute, die in Mathe nicht so gut sind - 40 Jahre und wir können, ohne überheblich zu sein, sagen, dass diese Ost-West-Liebe richtig gut funktioniert und auch n i e enden wird.

Wer immer dafür verantwortlich zeichnet, Helmut Kohl oder Herr Gorbatschow - Danke für immer und von Herzen an diesem heutigen 3. Oktober !
H.J. aus Sachsen-Anhalt,
seit 20 Jahren Wessi im Osten
und dort absolut glücklich.

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Kommentare (6)

Bully Lieber Hartwig,
sehr schön geschrieben,kommt gut rüber!Auch ich hatte mal ein Mädel,die jünger war,als meine Tochter.Obwohl meine Frau nicht mehr lebte und ich bis zu ihrem Tod treu war,wollten mich die lieben Verwandten und auch Freunde total fertig machen.Es hat aber keiner geschafft,ich weiß was ich will und ich werde mich auch nicht ändern um denen zu gefallen.Es war für uns eine Superzeit und ich kam gut über den Tod meiner Frau hinweg.Habe dann aber wieder geheiratet,nachdem wir uns getrennt hatten.Da war ich schon 60 Jahre alt und ich habe es bis heute nicht bereut,bin immer noch in meine eigene Frau verliebt!!

Herzliche Grüße
Klaus
nixe44 beim Lesen Deiner Geschichte dachte ich "welch ein Wüstling"... na hat ja noch ein gutes Ende gefunden...

ich mag keinen Sachsen Dialekt, obwohl ich auch so´n bißchen sächsele... versuche es weitestgehend zu vermeiden... gelingt mir nicht immer...

alles Glück auf Eurem Wege wünscht
nixe-Monika aus S/A
finchen ...Deine Geschichte hat mir nicht nur gefallen - ein Traum ging für Dich in Erfüllung und für Deine Anhaltinerin.
Ich stamme auch aus Sa.-Anhalt, obwohl ich schon seit 1953 im "Westen" lebe.Doch an solchen Tagen wie heute, blutet mir das Herz und meine Seele.
Zu der Sprache ist noch zu sagen: wir sprechen nicht, wir singen - von Nord nach Süd wird der Ton etwas dunkler.
Magdeburg und Umgebung hat schon den leichten Berliner Einfluß drin.
Jetzt wohne ich mein halbes Leben in Oberbayen - aber viel durch die BRD gereist.
Doch am besten finde ich noch immer das Plattdütsch und den der Westfalen.
Jedes Jahr bin ich dort für einige Wochen bei meiner Schwester - doch verstehen wirklich, tue ich sie nicht.
aber der Klang ist so schön...........
Ich wünsche Euch noch ganz viel Glück - auch für die Wossis, herrlicher Begriff,
seid recht herzlich gegrüßt
das Dessauer Finchen
anjeli passiert ja mal öfters. Finde ich gut, dass sich Menschen zum Positiven ändern.
Kam mir so bekannt vor, deine Geschichte. Was schon mal da, in anderer Form.
Jetzt hast du deine Geschichte als Märchen verpackt und sie kommt gut rüber.

Das mit dem Dialekt, da müssen wir noch mal genauer drüber sprechen.
Nicht nur die Sachsen werden parodiert, auch die Schwaben kriegen immer ihr Fett ab.
Meine Freundin spricht reines Hochdeutsch, obwohl sie nur
geschwäbelt hat. Sie wollte schon als Kind hochdeutsch sprechen und hat es geschafft.
Auch Sachsen können es, wenn sie denn wollen.

Schönen Gruß nach Corinna und nach Sachsen.

anjeli
Traute Weiterhin Glück und gegenseitige Liebe und Achtung für einander, Gesundheit und dass die Kinder sich gut entwickeln und die Eltern lieben und achten.
Alles Gute
Traute
ladybird In diesem Jahr haben wir unser neues Bundesland:
Sachsen+Anhalt besucht und sind sehr begeistert von Deiner
"Wahlheimat"
Zu Deinem "Lebenslänglich" ist Dir zu gratulieren, aus jeder Deiner Zeilen las ich Glück und Liebe,
es kam "spürbar" rüber.
Das sind sehr gefällige Lebensgeschichten mit "Happy End",
und DANK, daß Du uns über soviel Positives lesen läßt.
Der ganzen Familie nur Gutes weiterhin,
herzlichst Ladybird

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