Erfahrungen mit dem Vestibularsyndrom - Teil 2


Der im ersten Teil am 16. Tag angeführte Rückschlag war eigentlich gar kein Rückfall, sondern ein erneuter Anfall.
Es war auch die gleiche Ausgangssituation wie beim ersten Anfall -- Abspringen von der Couch, Umfallen und kein Aufstehen möglich.
Mit den Erfahrungen des ersten Anfalls haben wir aber anders gehandelt. Der Atem war wieder flach aber gleichmäßig ruhig, der Puls beschleunigt, aber auch gleichmäßig und so haben wir sie einfach dort liegengelassen, wo sie umgefallen war. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist sie von allein torkelnd aufgestanden und wir haben sie zum Schlafplatz geführt. Am nächsten Morgen war dann der Zustand vom 4. Tag erreicht. Die weitere Besserung ging dann so schnell, dass man sagen kann, sie hat fast stündlich einen Tag aufgeholt, so dass am 18. Tag (also nach 2 Tagen) der Zustand des 16. Tages wieder erreicht war.
Die weitere Besserung ging dann so allmählich vonstatten, dass man die einzelnen Etappen nur an Hand einer Protokollführung nachvollziehen kann. Seit dem 15. Oktober läuft sie auch wieder Treppen auf- und abwärts, so das annähernd der gleiche Zustand wie vor den Anfällen erreicht ist.
Allerdings hat die Gesamtleistungsfähigkeit merklich nachgelassen, dies ist aber wohl bedingt durch den Muskelabbau in den ersten zwei Wochen, der von einem Hund in diesem Alter nicht mehr aufgeholt werden kann.
Der am siebten Tag erwähnte fehlende Orientierungssinn wurde nicht durch das VS verursacht, sondern die Hündin ist an Altersstar erblindet und das Sehvermögen ist auf hell/dunkel begrenzt. Das ist zumindest die Meinung des TA. Ich kann diese Meinung aber nicht bedenkenlos teilen. Die temporäre Verknüpfung ist mir zu eng.

Im folgenden möchte ich noch einige Erfahrungen interpretieren die kausal nicht mit dem VS zu erklären sind.
Unsere Hündin ist futtermäßig zur Mahlzeit immer von der Frau abhängig. Zur Mahlzeit gibt es ca 2/3, der Rest wird beim Training als Belohnung eingesetzt. Seit diesem Jahr ist es aber nur noch mentales Training, da Agility nicht mehr in Frage kommt. Dabei bekommt sie den größeren Teil von mir. Naturgemäß ist sie deshalb mehr mit der Frau verbunden als mit mir, zumal wir sie als ausgesprochenen "Frauenhund" vom Tierheim übernommen haben.
Das ist auch noch bei leichteren Beschwerden so, aber sobald größer Beschwerden und Schmerzen eintreten hängt sie an meinem Hosenbein. Ihre Vorgängerin hat sich übrigens genauso verhalten.
Warum?
Ich bin ein ganz normaler Mensch (hoffe ich jedenfalls) lehne esotherischen Schnickschnack u. ä. kategorisch ab und trotzdem zieht es die Tiere dann zu mir. Sorgen machen wir uns doch gleichstark um das Wohlergehen.

Mein Erklärungsversuch:
Hauptsinnesorgan des Hundes ist die Nase. Aus englischen Studien ist bekannt, dass Hunde besonders empfindlich auf Buttersäure reagieren und steigende Konzentration dieses Geruches mit Unsicherheit und Angst des Gegenübers verknüpfen.
Aus verschiedenen internationalen Studien ist bekannt, dass in den Ausdünstungen des Menschen bei Gefahr und Angst die Konzentration von Buttersäure drastisch zunimmt, zum Glück für unsere Nasen nicht wahrnehmbar.
Man benötigt keine Studien, um zu wissen dass Frauen wesentlich emotionaler reagieren als Männer, die Erfahrung hat sicher jeder schon selbst gemacht.
Nun erkenne ich mir die Fähigkeit zu, im Gefahrenfall meine Gefühle völlig abschalten zu können. Handlungen erfolgen dann nur noch rational bis die Gefahr gebannt ist. Das Danach ist eine andere Sache.
Und all das erkennt der Hund mit seiner kleinen Nase.
In unserem Fall war der Bann gebrochen, als die Lisa das zweite mal Futter aus der Hand meiner Frau nahm.
Die Buttersäure hatte reißaus genommen, da die Frau keine Bange mehr hatte und alles lief wie am Schnürchen.

Warum muß der Hund nach dem VS erbrechen?
Wenn ein empfindlicher Mensch aus einem schnell fahrenden Karussell steigt, streikt das Gleichgewichtssinnesorgan. Was dann passiert haben viele bestimmt schon auf dem Rummelplatz gesehen. Der Mensch torkelt eine Weile, muß sich festhalten, im schlimmsten Fall übergeben. Hierbei sind aber die Gleichgewichtsorgane noch intakt, lediglich durch die schnellen Bewegungen in verschiedene Richtungen durcheinander gebracht.
Beim Vestibularsyndrom ist hingegen das Gleichgewichtsorgan eines Ohres völlig außer Kontrolle, während das andere normal funktioniert. Dem Hund muß also bei jeder Kopfbewegung speiübel werden. Deshalb ist es so wichtig, dem Tier nur soviel Bewegung wie unbedingt nötig zuzumuten und es ansonsten in Ruhe lassen. Aus diesem Grund hat der Hund auch das erste Wasser in Tropfen von meiner Hand geleckt. Sie brauchte den Kopf nicht zu bewegen.
Dies ist m. E. der wichtigste zu beachtend Kniff. In den einschlägigen Hundeforen habe ich schwere bleibende Schäden oder gar tödlichen Ausgang nur gefunden, wenn es dem Halter nicht gelang, sein Tier zum Trinken zu bewegen und Infusionen gegeben werden mußten.
Diese Gedanken sind natürlich erst im Nachhinein gekommen. Zum Zeitpunkt des Anfalles war der Kopf leer.
Resümierend kann ich sagen, dass das VS, wenn keine anderen organischen Schäden vorliegen, keinesfalls tödlich wirkt. Das Sclimmste ist wahrscheinlich der Schock für Mensch und Tier bei Eintritt des Anfalles und damit einhergehende unbedachte Handlungen.
Es gilt also unbedingt so schnell als möglich Gefühl aus/Verstand ein. Sobald das Tier bereit ist, das erste Wasser aufzunehmen, ist die größte Gefahr gebannt.

PanTau

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Kommentare (6)

Shiba Hallo,

meine Shiba Inu Hündin (14 Jahre) hat seit 7 Tagen den Verdacht auf das GVS. Verdacht sage ich daher, da mein Tierarzt diesen Begriff zu keiner Zeit in den Mund nahm, nur Schlaganfall (nachdem ich sagte das ich diesen Verdacht hege).
Es ging in der Nacht los mit Gleichgewichtsstörung, Augen rollen, Kopf Schiefhaltung, unkontrolliertes urinieren und Erbrechen.
Bin nach ca. 6 Stunden direkt in die Tierklinik gefahren. Hier wurde ihr durchblutungsfördende Mittel gespritzt und für 3 Tage an den Tropf gelegt.
Danach holte ich sie wieder aus der Klinik ab, da der Zustand sich erst besserte und dann wieder verschlechterte, sie war komplett schlapp, nur liegend, Bewegung = rollend, Medikamente Prednisilon, Karsivan und Vitamin B. Dadurch das der gesamte Körper geschwächt war bzw. nach 7 Tagen immer noch ist, bekommt sie vom Tierarzt Futter in flüssiger Form. Dieser wird mit den Medikamenten gut aufgenommen.
Der Stuhlgang erfolgt einmal täglich. Man meine sie versucht einzuhalten um ihr Bett nicht zu verschmutzen. Laufen geht nach Tag 7 überhaupt nicht. Erste Erfolge erzielten wir im sitzen für ein paar Sekunden. Die Kopfhaltung ist unverändert schief und bereitet langsam Unruhe in unseren Gliedern da das Gleichgewicht immer noch nicht vorhanden ist.
Ein Blutbild wurde nicht gemacht, Antibiotika wurden auch nicht verabreicht, dafür Cortison.
Ich habe diesbezüglich schon sehr viel gelesen. Viele sagen das es wieder wird aber seine Zeit benötigt. Allerdings würde ich mir schon gern mal eine Stabilität des Tieres wünschen.
Wer hat Erfahrung an solch einer lang anhaltenden Bewegungsunfähigkeit und Kopfschiefhaltung? Ich habe das Gefühl noch nicht alles versucht zu haben.
Was habt Ihr so an Futter verabreicht? Ich kann sie doch nun nicht auf Lebenszeit mit Flüssignahrung versorgen?! Langsam kommt dies einer Verzweiflung nahe.

Gruß Inga
PanTau (in der KK gecovert) sobald ich noch etwas Erfahrung gewonnen habe, werde ich einen Beitrag über Verhaltensänderungen und den Umgang mit erblindeten Hunden einstellen.
Aber nach reichlich vier Wochen kann ich mit Sicherheit sagen, dass ein Hund nur durch Erblinden nicht zum Beisser oder dauernd Schreckhaft wird, wie an anderer Stelle argumentiert wurde.

LG Peter
PanTau bis zum Septemberanfang kannte ich dem Begriff gar nicht. Es war nur so ein Hintergrundwissen vorhanden, dass der Vestibularapparat der Hauptbestandteil des Gleichgewichtsorgans aller Wirbeltiere ist. Dass das Syndrom auch beim Menschen auftreten kann, wußte ich bis zu Deinem Post nicht. Aber, naja, Meschen sind eben auch nur Wirbeltiere. Und ich hab auch noch was dazugelernt.

LG PanTau
ehemaliges Mitglied der Begriff Vestibularis-Syndrom kenne ich schon lange, weil ich auf meiner Arbeitsstelle (HNO-Rehaklinik) öfter darüber schreiben mußte (Krankenberichte).

Dass das auch bei Hunden auftreten kann, wußte ich noch nicht. Wird mir eine gute Hilfe sein, falls der Schäferhund meiner Tochter mal so einen Anfall erleiden sollte, dann richtig zu reagieren.

Danke für Deinen Beitrag!

LG nnamttor44
sissismam für diese ausführliche information!
gut und verständlich geschrieben

lg sissismam
inge43 grüße dich pan tau.
deinen bericht habe ich aufmerksam gelesen.
es ist gut,falls die störung bei unseren hunden auftritt,dass man weiß,wie man reagieren sollte.
noch eine schöne gemeinsame zeit mit dem hund
wünscht euch inge

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