Erfahrung mit dem Vestibularsyndrom bei Hunden


Erfahrungen mit dem Vestibular-Syndrom
1. Tag
Weder die Tage vorher noch am betreffenden Tag selbst, war auch nicht die geringste Veränderung im Verhalten der Hündin zu beobachten.
Wie gewöhnlich ruhte sie neben mir. Gegen 23 Uhr wollte sie aufstehen, brach auf der rechten Hinterhand ein und konnte sich nicht wieder selbständig erheben. Nach dem Aufrichten drehte sie torkelnd einen kleinen Kreis und fiel wieder um. Dabei war sie jederzeit ansprechbar, erschien aber orientierungslos.
Abgesehen von dem fehlenden Krampf ähnelten die Symptome sehr einem Anfall von sekundärer Epilepsie, die bei älteren Hunden auch sporadisch auftreten kann. Das kannten wir aber bei Lisa schon und es kam nicht in Frage. Es blieb nur die Schlußfolgerung auf Schlaganfall, bei einem Hund von knapp 18 1/2 Jahren fast das Todesurteil.
Damit galt es zu allererst, sämtliche Emotionen weitestgehend auszuschalten, um optimale Hilfe zuleisten. Da sie nichts unter sich gelassen hatte, trugen wir sie nach draußen, wo sie mit Unterstützung ihre Notdürfte verrichtete und dann zu ihrem Liegeplatz

Nach zwei Stunden guggeln war ich der Meinung, dass es das Vestibularsyndrom ist. Kennzeichnend dafür ist eine leichte Kopfschiefhaltung und ein fast rhythmisches Zucken und Rollen der Augen. Da wir die Symptome nicht kannten hatten wir sie auch nicht bemerkt.

2. Tag
Die Nacht verlief von Seiten des Hundes recht ruhig. Gegen 5 Uhr fing sie an ,stark zu hecheln und zu schmatzen. Angebotenes Wasser hat sie unverzüglich angenommen und dann weiter geschlafen.
Gegen 8 Uhr haben wir sie runtergetragen (Schlafplatz ist im Obergeschoss). Ihre Medikamente (Karsivan als Blutverdünner und Dexamethason gegen Allergie) hat sie wie immer mit einer Scheibe Wurst angenommen. Allein Laufen war nicht möglich. Ihre Notdurft verrichtete sie wieder auf dem Rasen vor der Terasse (mit Hilfestellung). Mit Festhalten am Geschirre torkelte sie zurück, konnte aber die zwei Stufen zum Haus nicht steigen.
Dabei stellten wir auch die leichte Kopfschiefhaltung und den Nystagmus (Augenrollen) fest. Bis zum Mittagessen hat sie unter dem Küchentisch geschlafen und dann ohne zu trinken ihre Mahlzeit (Naßfutter) zu sich genommen.
Kurz darauf wurde der gesamte Mageninhalt erbrochen und von da an verweigerte sie jegliche Nahrungs- und Getränkeaufnahme.
Unser TA hatte zwischenzeitlich mit unseren Informationen per Ferndiagnose den Verdacht auf Vestribularsyndrom bestätigt, mit dem Hinweis, dass der Hund bis zum nächsten Tag unter allen Umständen zum Fressen und vor allem zur Flüssigjeitsaufnahme gebracht werden muß, sonst werde es kritisch. (Großes Blutbild lag wegen der Allergie vor)

3. Tag
Wie Vortag, gegen 9 Uhr gepieselt unmd gelblichen Schaum erbrochen, danach kurz die Schnauze in den Saufnapf und eine Zungenspitze genommen. Danach wieder meist unter dem Tischgelegen, aber Aufstehen und kurzes Laufen war möglich. Nahrungsaufnahme wurde weiter strikt abgelehnt, bis ich dann auf den "Würgetrick" gekommen bin. Wasser hat sie zu sich genommen, indem ich meine kontinuierlich beträufelte Hand zum Ablecken hingehalten habe. So hatte sie zumindest genug zu sich genommen, um eine Infusion zu vermeiden.
Dazu muß ich sagen, dass es offensichtlich der "Rudelführer" sein muß. Bei meiner Frau haben die Tricks nicht gewirkt.

4. Tag
nach 9 Uhr erstes selbständiges Trinken ohne Animation, danach das erste mal Sitz gemacht
Mittagessen wieder nur aus meiner Hand aber dann selbständig getrunken
Nachmittags von jedem ein Leckerlie erbettelt und mit Animation getrunken, danach beim Kopfschütteln umgefallen.
Am Abend war eine kleine Gartenrunde von ca. 50 bis 60 Metern möglich, danach von allein zum Saufnapf, später das Gutenacht-Leckerlie verlangt.

5. Tag
sofort nach dem Aufstehen gesoffen, danach wieder eine kleine Runde. Fressen klappt nach wie vor nur aus der Hand, alles andere wird abgelehnt.
Am Nachmittag und am Abend war jeweils eine kleine Runde von ca. 300m möglich.

6. Tag
körperlicher Zustand weiter stabilisiert, auf rutschfestem Untergrund erstmals Schütteln des ganzen Körpers ohne umzufallen.
Erstes Suchspiel erfolgreich, Fressen immer noch nur aus der Hand.
Am abend eine Runde von ca. 1km

7. Tag
Erstmals wieder selbständig aus dem Napf gefressen.
Am Nachmittag volles Spielprogramm. Dabei stellte sich heraus, dass der Orientierungssinn noch nicht in Ordnung war.
Gut sicht- und erreichbar ausgelegte Gegenstände konnten nur nach mehreren Fehlversuchen gefasst werden.

8. und 9.Tag
täglich leichte Besserung, Nystagmus ist weg, Kopfschiefhaltung noch vorhanden, zwei Stufen können Auf- und Abwärts genommen werden,
Springen geht noch nicht.

10. bis 14. Tag
Täglich Verbesserung der "Laufleistung", Orientierungssinn und Gleichgewicht sind da.

15. Tag
Aus eigenem Antrieb normale Gassirunden gelaufen.

16. Tag
Am Morgen extragroße Gassirunde verlangt, tagsüber normal.
Am Abend RÜCKSCHLAG AUF TAG 4

Wie es nun weiter geht, muß die Zeit bringen. Im Bedarfsfall werde ich berichten.

Die im Thread angekündigte Linksammlung lasse ich weg, da ich zu viel unterschiedliche Auffassungen eigentlich kompetenter Vertreter (Tierkliniken - von tödlich bis absolut harmlos) gefunden habe.

PanTau

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Kommentare (5)

ehemaliges Mitglied Liebe Community,

Unser Hund ist 14 Jahre alt, hat grauen Star und ist taub. Er hat die beschriebenen Vestibularsymptome... Der Kopf ist schief, er schwankt, frisst nur aus der Hand, trinken geht regelmäßig.
Donnerstag ist er vom Sofa gefallen, dachten dass er sich nur etwas verstaucht hat...er hat etwas gehumpelt, und etwas geschwankt,er hätte eine leicht Kopfschiefhaltung. Bis Sonntag morgen ging es ihm wieder gut. Er konnte springen, laufen alles kein Problem. Sonntag Abend setzten die oben erwähnten Symptome ein, wir sind Montag zum Tierarzt er bekommt seit dem täglich Vitamin B und ein Schmerzmittel gespritzt. Heute hat er noch Karvisan bekommen. Dem Hund kann sein Geschäft selbstständig verrichten und eine kurze Runde laufen.

Der TA legt uns aber nahe den Hund einschläfern zu lassen,weil noch keine wirkliche Besserung eingetreten ist. Hat uns auch schon am Montag auf Euthanasie aufmerksam gemacht. Dienstag hieß es es gäbe eine Besserung. Heute hieß es wieder, dass man sich überlegen sollte ihn gehen zu lassen. Was tun? Der Hund will Leckerli, freut sich wenn jemand kommt....er wirkt nicht so als hätte er keinen Lebenswillen mehr.
Er sieht etwas aus wie ein Hund in einem YouTube Video an Tag 4.

Liebe Grüße
PanTau Liebe Woelfin,

ich danke Dir für die guten Wünsche für unsere Lisa. Sie hat den Rückfall gut überstanden und befindet sich schon wieder am Tag 14. Da ich gelesen hatte, wie wichtig Ruhe ist, habe ich sie einfach liegen gelassen und nicht durch das Haus getragen, nur Nachtwache gehalten und irgendwann gegen drei Uhr stand sie auf und lief wie am Tag 4.
Das Lob nehme ich dankend entgegen, sowas ist aber für mich selbstverständlich. Ich habe mir einen Problemhund aus dem Tierheim geholt und da muß ich mit Problemen rechnen. Wenn es dem Tier wieder gut geht, bin ich genug für meine Mühe belohnt.
Was Deinen Finn betrifft, mach Dir nicht zu große Sorgen. Da ich nichts über die Vergangenheit meiner Hündin weis, habe ich auch danach gegoogelt. Nur das kongenitive VS ist vererbbar, beginnt aber bereits im ersten Lebensjahr, eine vererblichkeit des geriatrischen VS ist nicht bekannt, aber jeder alte Hund kann es bekommen.
Ich drück Euch die Daumen, dass es nicht eintrifft.

Liebe Grüße
PanTau.
PanTau Liebe Birgit,
ich danke für die Youtube-Einstellung, die sicher Mut macht, aber m.E. nicht exakt genug ist.
Die Symptome werden gut dargestellt, aber es wird mit keinem Wort auf den idiopathischen Charakter des GVS
(geriatrisches Vestibularsyndrom) eingegangen. Es gibt keine Therapie für diese Krankheit, da die Ursache völlig unbekannt ist. Die angeführten Untersuchungen dienen lediglich dazu, andere Ursachen, also Krankheiten, für die Symptome auszuschließen.
Erfahrene Hundehalter sollten m.E. dem Hund die TA-Belastung an den ersten beiden Tagen ersparen, wenn es ihnen gelingt, ihn innerhalb von ca. 48 Stunden zumindest zum Saufen zu bringen. Unser TA hat eine Behandlung vor Ablauf dieser Frist abgelehnt (er kennt uns allerdings seit Jahrzehnen).
Dann wird mehrfach vom Schlaganfall, bzw. sogar geriatrischem Schlaganfall geprochen . Das verunsichert nur wieder.
Wenn der Hund während des Anfalles
nicht krampft,
nicht ohnmächtig wird,
ansprechbar bleibt,
der Augenreflex vorhanden ist,
rundum beweglich ist,
dann ist es weder ein epileptischer noch ein Schlaganfall. Kommt dann noch eine Schwäche in der Hinterhand dazu und ein Links- oder Rechtsdrall beim Torkeln ist es wahrscheinlich ein GVS.
Schwere Komplikationen oder gar Todesfälle nach einem GVS habe ich bei meiner Internetrecherche nur gefunden, wenn vorher Infusionen gegeben wurden. Infusionen deshalb nur als allerletzte Möglichkeit in betracht ziehen.
Sollte das recht Oberlehrerhaft klingen, dann bitte Entschuldigung


Durch Deine Einstellung bin ich boch auf einen Youtube-Clip gestoßen, wo genau das typische Verhalten gezeigt wird, wie es unser Hund ab 6. Tag zeigte.


Liebe Grüße
PanTau
Drachenmutter Lieber Pan Tau,

herzlichen Dank für Deinen ausführlichen Bericht. Auf diese Weise bin ich gut vorbereitet, sollte mein Hund einmal daran erkranken. Wie ich schon im Forum schrieb, seine Großmutter und seine Mutter hatten es beide, also muss ich damit rechnen, dass er das evtl. auch bekommt.

Deiner Hündin wünsche ich weiterhin gute Besserung. Dir ein dickes Lob für Deine aufopfernde Hilfe ihr gegenüber. Ich ziehe meinen nicht vorhandenen Hut.

Liebe Grüße,
woelfin
Landliebe

Lieber Peter, ich habe dir und allen Interessierten hier eine Youtube-Einstellung eingefügt, die sicher Mut macht, denn außer im Falle eines Hirntumors ist mit viel Geduld dieses Syndrom wegzubekommen.
Hab Dank, dass du deine Erfahrungen mit dieser Erkrankung so ausführlich hier eingestellt hast. Auch ich habe eine ältere Hündin und man sieht ja, wie schnell - und vor allem plötzlich - sich etwas einstellen kann. Und dann gilt es Ruhe bewahren, kühlen Kopf, das geht sicher besser, wenn man etwas über diese Erkrankung weiß.
Ich hoffe und wünsche, dass euer Hund diesen Rückschlag gut übersteht und es schnell weiter aufwärts geht.
Mit liebem Gruß und einem zustimmenden "Wuff" von meinem Dackel! die Landliebe

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