England, unvorstellbar weit weg
England,
...was treibt einen ehemaligen DDR Bürger nach England.
Es sind die ersten und ältesten Erinnerungen an die Zeit meiner Kindheit in der Nähe von Zwickau. Aufgewachsen bei meinen Großeltern war meine Oma der unerschütterlichen Überzeugung, ihr ältester Sohn käme irgendwann doch aus dem Krieg zurück. Von zweiten, den Gerhard hatte sie Nachricht, das er in Gefangenschaft war. Erst in Texas und dann in Sheffield, dort geheiratet hat und einen Sohn, meinen Couisin, hat.
In den 60 ziger Jahren durfte sie ihn sogar sehen. Um das zu erleben, fuhren meine Großeltern nach Hamburg und trafen sich mit ihm.
Für mich ein geheimnisvolles Erlebnis. Anschließend kamen sogenannte Westpakete an deren Geruch, als das Papier ausgewickelt wure, ich mich Heute noch erinnere. Eine Episode ist mir besonders in Erinnerung. Meine Cousine, die, und ihre Schwester wohnten bei uns im Haus, hatte als Folge von Kinderlähmung Mangelerscheinungen. In diesen Paketen also war eine Aufbaunahrung. Es waren kleine Marmeladengläser mit einem süßen Sirup.Fast Jedes war geöffnet worden und die Zöllner hatten aus jedem genascht
1969 lernte ich dann meinen Cousin, den Michael (Meikel, wie ihn seine Mutter nannte) bei einem Besuch bei uns kennen. Ich, der von allem verlachte Russenjunge (so riefen mich die Schulfreunde(?!?) wegen meines unklaren Vaters und des Lebenswandel meiner Mutter) hatte mit einem Mal einen so bedeutenden Verwandten, konnte binnen kurzer Zeit sogar ein wenig englisch. Die Zeit ihres Besuches viel in den "Prager Frühling" und die Panzer der NVA fuhren Tage und Nächtelang durch unser Dorf in ihr Aufmarschgebiet an der Tchechischen Grenze. Mein Onkel musste sich bis zum Ende seines Besuchens täglich bei der Polizei, dem ABV, melden und war doch sehr eingeschränkt, was Reisen und Besuche zu seinen Schulfreunden anging.
Während seines zweiten Besuches in den 70 zigern war ich als Zeitsoldat beim der NVA und durfte natürlich nicht in den Urlaub zum Klassenfeind.
Nach der Wende verschlug es mich recht früh erst nach Wolfenbüttel, dort lebten Verwandte meiner zweiten Frau und danach zog ich mit der ganzen Familie nach Appelhülsen in Nord Rhein Westfahlen. Schon als LKW Fahrer dann war ich zwei Mal in der Woche in England, Sogar direkt in Sheffield. Es ist mir bis Heute nicht gelungen Kontakt herzustellen mit meine Verwandten dort, weiß nicht mal ob sie alle noch leben. Hier im ST hatte ich mich an den "Engländer" gewandt, aber nach so langer Zeit fand selbst er, das es schwierig sei Nachforschungen anzustellen.
Du fragst, was einen Zeitsoldaten wohl bewogen haben wird, notfalls auch mit der Waffe für ein "Unrechtssystem" einzutreten.
Die Überzeugung war es nicht.
Ich hatte auf Grund meines Elternhauses keine Chance auf eine 10 Klassen Schulbildung. Dabei war mein Berufswunsch Rundfunkmechaniker. Mit 8 Klassen ein unerfüllter Traum. Ich lernte also Tischler und als die Frage Armee, Wehrpflicht eben, bestand, sollte ich als sogenannter Mot-Schütze zur Grenze. Als 18 jähriger hat man damals kaum wissen können, das 30 Jahre später die Grenze niedergerissen und der "Klassenfeind" mein Freund und Nachbar ist. Wahrscheinlich hätte ich an der Grenze, wie viele meiner Altersgenossen auch, auf sogenannte Republikflüchtlinge geschossen....
Es gab die Möglichkeit sich für drei Jahre zu verpflicheten, seine Waffengattung zu wählen und auch einen Standort. Meldete mich also als Funker, wurde an der U2 in Eilenburg zum Unteroffizier ausgebildet und blieb bis zu meinem "ehrenvollen" Ausscheiden als Ausbilder an eben diese Schule. Es bewahrte mich vor der "Schützenschnur" als Anerkennung für einen "gestellten" Grenzverletzer und einem möglichen Gerichtsverfahren als Mauerschütze.
nohidi (Stefan)
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