einmal Dresden und zurück...........


...eine Fahrt der Superlative und ein Gezerre im Zug. Meine Mutter und ich waren auf Hamstertour. In Dresden wohnten "gute Bekannte" und ich war 9 Jahre alt. Ganz langsam bewegte sich der Zug in den sogenannten Bahnhof rein. Überall nur Trümmer und ausgebrannte Züge, verbogene Schienen und ausgeglühtes Metall.
Der Zug hielt an - aussteigen - brüllte jemand und wir verließen überstürzt den Zug.
Doch, wo ist der Bahnhof eigentlich? Wir liefen einfach den Schnellsten nach, denn die könnten den Weg kennen! Ja, wir standen vor dem Trümmerhaufen, der sich Bahnhof nannte. Aufgeschichtete Mauersteine türmten sich rechts und links - also weiter, das muß eine Straße sein.
Wir müssen zur Elbe runter - in der Schulstraße 6 wohnten die.
Ein abgerissenes Schild "Zoo", das entdeckte meine Mutter, und ja, wir waren in ungefärer Richtung. Und endlich sahen wir die Elbe - doch damit waren wir auch zu weit. Kein Haus, kein Baum ließ meine Mutter die Schulstraße erkennen. Alles nur Trümmer und Ruinen und den alten Fährplatz, den gab es auch nicht mehr.
Doch hier muß er gewesen sein! Und sie stürmte in eine Ruine rein und plötzlich sah sie einen freien Weg, der nach unten in den Keller führte.
Sie trommelte an eine Tür und wurde eingelassen - ein großes Hallo begann - wir waren angekommen.
Meine Mutter packte die mitgebrachten "Schätze" aus und fing das Handeln an.
Leichter wurde mein Rucksack nicht, doch es waren Fressalien drin.
Und damit suchten wir den Rückweg zum Bahnhof hin.
Doch wann ging ein Zug zurück, das war die Frage.
Etliche Stunden saßen wir auf dem Bahnhof, dösten vor uns hin und plötzlich brüllte der Lautsprecher los. Der Zug nach Berlin über Dessau fährt in Kürze ein. Doch wo ist Kürze, schrie ich auf.
Na los, irgendwo wird schon Kürze sein!
Und dann sah ich es, dieses große Dampfross, wie es auf den Gleisen ganz langsam vorwärts schlich.
Und es blieb stehen.....und alle stiegen ein.
"Es wird schon richtig sein", vertraute auf meine Mutter und krabbelte mit Rucksack durch die vielen Beine durch.
"Mutti, bist Du auch hier drin?" "Jaja, bleib einfach stehen, wenn wir aussteigen müssen, sage ich Bescheid"...
Und so fuhren wir eine Ewigkeit durch die Dunkelheit.
Mein Rucksack wurde immer schwerer - ich klappte wie ein Taschenmesser zusammen - man hob mich auf und hielt mich fest.
"Wem gehört dieses Kind"? blökte es durch den Waggon.
"Ja hier, meine Tochter - lassen sie das Kind dort stehen"....und schon fing das Gewurchtele wieder an. Meine Mutter versuchte sich durch die Massen durchzukämpfen, doch ohne Erfolg - ich blieb eisern auf meinem Platz. Genau neben der Klotür. Doch da konnte sowieso keiner rein, denn wer drin war, kam niemehr raus.
Und so ging es mir - genau neben dem Klo in die Hose gepieselt, doch diesen Platz gab ich nicht auf. Meine Mutter hätte mich doch nicht gefunden.
Je näher wir der Heimat kamen, entleerte sich der Zug, wenn auch nur in geringem Maße. Alle wollten nach Berlin.
Ja, in Deasau dann, war schon Bewegung im Programm.
Zumindest konnten wir ohne großen Quetschungen aussteigen. Wir setzten uns auf die nichtbeschädigten Treppenstufen und atmeten durch.
Ganz langsam schlichen wir den Weg zu den Großeltern hin.
Opa riß mich in die Arme, nahm mir den Rucksack ab und schimpfte mit Mutti............
"Und das nächste Mal läßt Du das Kind bei uns"...
Ich war froh, ich durfte bei Opa bleiben und mußte keinen schweren Rucksack mehr tragen....
Und ab sofort durfte Opa nicht mehr erfahren, wann wir "schwarz" über die Grenze gehen.
Und jedes Mal ein Albtraum für mich......Opa weiß es nicht.
Doch längst verwaschene Erinnerungen, doch noch immer vorhanden.
Und vor 3 Jahren, als ich Dresden besuchte - ich die neuerblühte Schulstraße sah - ein Traum für mich.
Ich rannte förmlich durch die Straßen und suchte nach Erinnerung. Nichts war mehr da, ich sah nur die alten Trümmer der Erinnerung.
Und bei jeder Stufe, die ich ging - fast wie eine Seifenblase, zerplatzte die Erinnerung.
Jetzt war es wieder schön, wie in meinen Träumen................

mit Dresdner-Grüßen
Euer Moni-Finchen






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Kommentare (6)

finchen was meinst Du, wo ich zu dieser Zeit zu Hause war?
In der glorreichen DDR.
Ich sprach von 1948 - im Volksempfänger mitgehört - ich brach zusammen, schon wieder Krieg.........doch ganz weit, beruhigte mich meine Mutter.
Das Wort "Krieg" löst bei mir nicht nur Gänsehaut aus.
mit ganz friedlichen Grüßen
Dein dnakendes Moni-Finchen
Komet ja das waren Zeiten, die ich heute keinem wünschen möchte und die Erinnerung wird so schnell nicht verblassen.
Wenn wir über die abgeernten Felder krochen um nach Resten von Getreide zu suchen. Im Hof wurden dann die Ähren tüchtig ausgeklopft damit die Körner herausfielen. Manchmal haben wir auch Kartoffeln geklaut. Viele Städter haben ihr Hab und Gut an die Bauern verschachert nur um was zu essen zu bekommen.
Einige Bauern konnten ihre Kuhställe mit Meißener Porzellan tapezieren. Und das ging lange so, denn auch in den Anfangszeiten der DDR gab es auch nix zu beisen.
Mit herzlichen Grüßen von Deiner Ruth, die sich nie wieder Krieg wünscht.
finchen ja, es war wirklich so - ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.
Eigentlich hat mich eine Geschichte über Park Pillnitz daran erinnert, den ich erst vor 3 Jahren kennenlernte.
Und der "starke August" in Zusammenhang mit dem Wörlitzer Park brachte und die Geschichte der Konkurrenz zwischen dem Kurfürsten von Anhalt nachgelesen habe.
Der Kampf um den schönsten Garten bzw. Parkanlage.
Und der Dessauer "Vater Franz" erschuf den Wörlitzer Park.
Was ein Kleinod- ausgelöst durch einen Wettbewerb.
Schön für uns - wir können es noch sehen und uns daran erfreuen. Lange soll es erhalten bleiben!
mit lieben Grüßen
Dein Moni-Finchen
finchen bis heute nicht vergessen, genau wie Traute, der es noch viel schlechter erging, als mir. Auch im festen Gemäuer waren wir ständig auf der Flucht.
Doch trotzdem kann man daran wachsen an Persönlichkeit.
Ach ja, am Montag fliege ich nach Münster - nach Lengerich -und genieße das Spargel-Land!
Ich freue mich auf das große Spargel-Fressen
und mit lieben Schluck-Grüßen
Dein Moni-Finchen
Traute Alles stimmt was Du geschrieben hast. Die Züge waren 1948 so voll, die Menschen fuhren auf den Puffen und den Wagendächern und den Wagonstufen mit.
Es war eine Schlange des Elends die sich von den Städten in das Umland bewegte. Die Hamsterfahrten auf das Land waren auch eine Sache für sich. Viele Gefahren und wenn alle überstanden waren, konnte immer noch die Polizei kommen und das Gehamsterte einziehen.Die Vorgärten in den Städten wurden mit Kartoffelschalen gepflanzt. Wer hätte das gedacht, auch daraus wuchsen noch Kartoffeln. Am besten war der dran der Zigaretten oder Tabak hatte das war eine harte Währung, besser als Geld.
Glück gehabt mein kleines Hamsterfinchen. Alle die das überlebten, sind heute kaum noch tot zu kriegen. Wünsche Dir ein trostreiches langes Leben als Entschädigung.
Mit freundlichem, das war unsere Zeit,
grüßt Traute
ehemaliges Mitglied Du hast als Kind den Krieg offensichtlich "richtig" erlebt und seine Auswirkungen bis heute nicht vergessen.
Ich kann von Glück sagen, dass ich ein Kriegsend-Kind war und nicht sehen konnte, wie zerbombt und zerstört meine Heimatstadt war. Und wir hatten Glück: das Haus, in dem mein Vater seinen Salon hatte, war nicht beschädigt worden. Aber er durfte in der englischen Kaserne den Soldatenfrauen die Haare machen und bekam dafür die damaligen begehrten Tauschwaren: Zigaretten, Schokolade, Obst oder auch mal ein kleines Gemälde. Dafür hatte er dann nachts seine todkranke Frau zu betreuen ... Aber das bekamen wir Kinder nicht so mit.
Wie Du Dein Dresden heute nicht wiedererkennst, kann ich das Münster meiner Kindheit auch nicht wiedererkennen. Nur der Prinzipalmarkt mit dem Rathaus ist so wieder aufgebaut worden. Ich fahre nicht mehr gern nach Münster, behalte es lieber so in Erinnerung, wie ich es als Kind kennengelernt habe.
Lieben Gruß Uschi

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