DSHelbw-03: Über eine spezielle Schreiberling-Art und wie man ratzfatz dazugehört

Autor: ehemaliges Mitglied



Elbwolfs sarkastische Kolumne (3)
Übers Pfingstfest habe ich angespannt überlegt, ob ich Euch Leserlingen bei meinen hiesigen Auftritten das Folgende schon so frühzeitig anvertrauen sollte - aber sei's drum!

Es gibt nämlich unter den Schreiberlingen eine hochspezialisierte Unterart, die in der Vergangenheit den Status einer gewissen Elite besaß. Und nun passiert in der Gegenwart etwas sehr Bedenkliches: immer mehr Individuen sind scharf auf diesen Status und wollen es unbedingt - wirklich auf Biegen und Brechen - der ehem. Elite nachmachen. Dieser Nachmachungstrieb (ja genau: nicht "Nachahmungstrieb"; eventuell könnte man auch "Nachäffungstrieb" sagen) verselbständigt sich bisweilen, gerät aus den Fugen und gefährdet dann sogar schon mal das ganze System (solche Begriffe sind hier, wo ich dem Affen Zucker gebe, niemals politisch gemeint, es sei denn, sie wären eben doch mal politisch gemeint!). Wie üblich, fragt auch niemand, was die Elite alles aufwenden musste, um zur Elite zu werden - und vor allen Dingen - um längere Zeit auch "am Ruder zu bleiben". Die neuen Prätendenten sind Draufgänger, die sich sagen: Weg mit allem Plunder! Wozu was investieren! Das schütteln wir einfach so aus dem Ärmel!

Was dabei herauskommt, ist natürlich Quark! Genauer gesagt: Es ist sogar bloß Magerquark! Und was passiert mit dem? Er wird breitgetreten! Und was passiert nicht? Der breitgetretene Quark macht nicht stark. Claro!

Hmmm..., ich habe mich soeben ziemlich ereifert, dass ich Euch noch gar nicht gesagt habe, welche Spezialistengruppe unter den Schreiberlingen ich überhaupt meine. Wenn ich Euch das jetzt anvertraue, dann wird Euch auch schlagartig klar, wie brenzlich die Sache manchmal steht.

Also: ich meine mit den hochspezialisierten Schreiberlingen einfach, schlicht und ergreifend - die Dichterlinge! Nun ist es heraus! Und nun müssen wir zusehen, dass wir damit auch umgehen können.

Zunächst halte ich folgendes für dienlich: Diejenige Handvoll unter den Dichterlingen, die immer noch auf altväterliche Art und Weise ihre Verslein und Ströphchen "kochen", denen wollen wir als Trostpreis weiterhin die Bezeichnung "Poeten" gönnen. Das ist der beste Köder und geeignet, sie "ruhig zu stellen", wenn sie (immer mal wieder) den Heerscharen der gemeinen (i. S. v. gewöhnlichen) Dichterlinge an den Kragen gehen wollen, weil sie nicht einsichtig genug sind, das als völlig aussichtslos einzuschätzen.
Claro, dass wir uns hier modern geben, die lästigen (sog.) Poeten links liegenlassen und uns fürderhin so gut wie ausschließlich den nachdrängenden Dichterlingen widmen.

Was muss ein Dichterling von der Lyrik (damit ist das Drum-und-Dran des Verfassens von Gedichten gemeint) eigentlich wissen? Na hört mal - das ist doch ganz einfach zu beantworten: So gut wie gar nichts! Oder?
Stimmt, ein paar Rudimente, Floskeln - aber alles Banalitäten - muss man schon mal gehört haben. "Müssen" muss man nicht eigentlich, aber sollen sollte man schon - oberflächlich genügt natürlich!

Was ich euch nun doch nicht ersparen kann:
Drei Dinge zeichnen ein Gedicht aus, um die kommt leider gar niemand rum, und deshalb nenne ich sie euch - falls sie bei euch hängenbleiben, gleich zur Beruhigung: direkt schaden tut das nicht. Also:
1. der Reim! Steht ganz rechts. Muss nicht sein. Wenn, dann ganz lässig!
2. der Rhythmus! Nur keine Sorge: hopsasa-trallala! Etwa unrhythmisch?
3. Zeilenstruktur! Und das ist die Masche - Rettung für jedes Gedicht!

Nochmal klipp und klar: Mit Reim&Rhythmus belasten sich nur noch "Poeten".
Aber Zeilenstruktur muss sein - andernfalls ist es KEIN Gedicht.
Damit bleibt dem modernen Dichterling nur noch eine einzige Sorge, und die wird einer zügig los, wenn er meiner Generalempfehlung folgt.

Stellt euch vor, womit die Leute im Vor-PC-Zeitalter ihre Schreibarbeiten mechanisierten - naaaa? Richtig - mit einer Schreibmaschine! Und das ist auch unsere Lösung!
Wenn man auf der Schreibmaschine eine Zeile schreibt, ruckelt der sog. Schlitten immer weiter nach links und der Schreibkopf kommt in bedrohliche Nähe des rechten Papierrandes. Und was macht der Schreiber dann? Er betätigt den Hebel "Papiervorschub/Schlittenrückholung" - und auf gehts zur nächsten Zeile! Jetzt dämmert es wohl endlich? Am PC entspricht dem ollen Schreibmaschinengetue die Taste (besser: "bottom") Zeilenschaltung, und so geht's:
Man tut so, als schreibe man einen Fließtext, ignoriert aber den automatischen Zeilenumbruch! Stattdessen betätigt man kurz vor dem rechten Papierrand stets den Zeilenschaltungs-Bottom! Wenn später das Blatt ausgedruckt ist, endet jede Zeile mit einem individuellen Zeilenumbruch, den man auch wirklich sehen kann.

Und das ist das eigentliche Wunder: Man setzt sich als Schreiberling hin, gibt Fließtext mit Zeilenschaltungen ein und kriegt - was vom PC auf die Hand? Ein fix und fertiges Gedicht!
Man ist auf elementare Weise vom Schreiberling zum Dichterling mutiert - ist das nicht wundervoll!? Claro: Reim und Rhythmus - Fehlanzeige! ABER die Zeilenstruktur ist eindeutig da - was will man mehr!

Diesmal bissl lang geworden, war ja aber auch was ganz Fundamentales - meint elbwolf

PS:
Wo ich nun schon so weit mit Euch bin, noch ein Bonus-Tipp!
Mit dem Erscheinungsbild der Dichterlinge setze ich mich auch noch an anderer Stelle im ST auseinander, und zwar in Form von Gedichten. Die Hellhörigsten unter Euch werden nun vielleicht die Vorahnung haben, dass ich "dort" nicht selber auch noch zu den "Dichterlingen" gezählt werden möchte, sondern zu den ... verschweige ich mal aus Bescheidenheit.
Ihr könnt aber selber gucken, wie ich dort die "Dichterlinge" tituliere. Bei mir heißen sie dort mit Fug und Recht und ganz präzise formuliert: Die Ignoranten und gehen von hier aus auch gleich anzuklicken - versucht es doch mal!

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