DER ETWAS UNPERFEKTE WEIHNACHTSBAUM
DER ETWAS UNPERFEKTE WEIHNACHTSBAUM
Wunderbar, meine fleißigen Gärtner-Kollegen hatten bereits unseren Tannenbaum aufgestellt, stellte ich hocherfreut fest. Komisch, denn keiner hatte mich, wie sonst üblich, über seinen Aufbau informiert.
Es war eine prächtige Nordmann-Tanne, hochgewachsen und von gleichmäßigem Wuchs. Endlich konnten wir den Baum auch gleich gemeinsam schmücken, denn Lichterketten, und jede Menge Rosetten, die meine Teilnehmer bereits in Feinarbeit aus farblich passenden Schleifenband gebunden hatten, lagen schon parat.
Drei der Mädchen waren bei meinem Einkauf dabei und suchten mit Begeisterung die Kugeln aus. Sicher würden wir hinterher einen richtigen „Teenie-Baum“ vor dem Laden präsentieren können, denn die Mädchen entschieden sich für die Farben: Rosa, Beige und Gold. Doch die Farbtöne harmonierten gut miteinander, deshalb gefiel mir diese Auswahl auch.
Als ich den Baum allerdings aus einigen Metern Distanz bewundern wollte, zuckte ich erschrocken zusammen. Ja, was war das denn? Gibt`s doch gar nicht! Die obere Spitze fehlte gänzlich, man hatte die Tanne stümperhaft gekürzt. Und zwar von oben, am falschen Ende. Anstatt der vielen verzweigten Ästchen, die sich zur Spitze hin in einem harmonischen Einklang verjüngten, ragte jetzt ein hässlicher Pömpel, heraus. Was für ein erbärmlicher Anblick!
Wer hatte nur den schönen Baum so verschandelt?
Die Kollegen aus dem Ga-La-Bereich, alle Meister ihres Fachs, konnten das aber nicht gewesen sein. Da war ich mir ganz sicher. Allerdings waren die auch gerade alle im Stress, denn sie bauten draußen die Verkaufsstände für den morgigen Adventsmarkt auf. Der jährliches Höhepunkt in unserem Jugenddorf.
Bestimmt hatten sie, vielleicht aus Zeitmangel, für das Kürzen und Einstielen des Weihnachtsbaumes einen ihrer Azubis beauftragt.
Den Ablauf der Szene konnte ich mir sofort lebhaft vorstellen. Sogleich tauchte in meiner Fantasie eine grüne Arbeitsmontur auf, in der ein tatkräftiges Bürschchen steckte, und zwar einer von der ganz ausgeschlafenen Sorte. Warum sollte man denn lange und mühselig das dicke Stammende absägen, wenn doch Wahlfreiheit besteht? Also her mit der Astschere, und dann schnipp-schnapp, einfach die dünnere Spitze ab. Fertig!
Das würde auch erklären, warum mir keiner nach dem Aufbau Bescheid gegeben hatte.
Ich überlegte krampfhaft womit ich die verkrüppelte Baumspitze kaschieren konnte.
Während ich noch grübelte, hörte ich das Klappern von Absätzen im Foyer, direkt vor dem Ausbildungsladen. Die Schrittgeräusche verstummten kurz, um dann von einem kreischenden Gelächter abgelöst zu werden. Einige Kolleginnen hatten den Weihnachtsbaum gesehen und lachten sich über seinen Anblick gerade schlapp. Auch das noch!
Nicht auszudenken wie erst die vielen Gäste morgen darauf reagieren würden, die wir ja für das Fest eingeladen hatten. Angefangen von den Eltern und Großeltern aller Teilnehmer und Azubis, über die Abgesandten der Arbeitsagentur, der IHK, der Handwerkskammer, und dann natürlich noch die Presse mit ihren Fotografen. Ach ja, und der Bürgermeister wollte uns auch noch besuchen kommen.
Ich versuchte meinen Ärger zu unterdrücken, denn jetzt konnte man an der Situation doch nichts mehr ändern. Wir begannen schon mal den Baum zu schmücken, denn die Zeit lief uns davon.
In einem Lagerraum, in dem Aktionsaufbauten aufbewahrt wurden, kramte ich alle Kisten und Kästen durch. Plötzlich fand ich doch noch das Richtige. Es war eine riesige Weihnachtsmütze, die vielleicht mal ein Nikolaus vergessen hatte. Ich stülpte sie einfach über den Baumspitzenrest. Ganz lässig verdeckte der rote Mützenstoff nun das Elend.
Ach, was für ein Glück, denn sie passte…, fast perfekt!👍
Rosi65
Kommentare (16)
Liebe Rosi,
ja, diese Art der Erinnerungen, einstmals in Nöte versetzt und heute lacht man sicherlich darüber - Das beste aber ist, dass du eine elegante Lösung gefunden hast, eine sehr kretive, wie ich finde.
Dankeschön für diese schöne Weihnachtsgeschichte, die ich mit einem Schmunzeln gelesen habe.
Habe noch einen schönen 4. Advents-Nachmittag, kuschelig und bei Kerzenschein und sei lieb gegrüßt.
Ingrid - indeed
Liebe Ingrid,
wohl immer dann, wenn es besonders gut werden soll, kommt etwas dazwischen. Ich habe mir sogar das Rosettenbinden mit Gärtnerdraht dafür beibringen lassen. Eine Mitarbeiterin, die für die Herstellung der Adventskränze zuständig war, hat es mir damals gezeigt.
Wie schön, wenn Du über diese kleine Erzählung schmunzeln konntest,
freut sich, mit besten Wünschen zum Adventssonntag🎄
Rosi65
...so wurde der Baum "neu eingekleidet"
liebe Rosie,
sicherlich war diese Nikolaus-mütze ein richtiger "Hingucker"....gleichzeitig ein toller gag...und für uns war Deine Geschichte auch noch amüsant zu lesen..
mit Dank und Freude
grüßt ladybird.
Liebe Renate,
es freut mich sehr, wenn Dir meine kleine Erinnerungsgeschichte gefallen hat. Gerne denke ich oft mit einem Lächeln an diese Zeit zurück, denn Langeweile hatte ich dort nie.😊
Ich wünsche Dir einen schönen vierten Advent!
Viele Grüße
Rosi65
Man muß sich nur zu helfen wissen......liebe Rosi
das ist eine gelungene- weil etrlebte Weihnachts-(baum)-Geschichte.
Ich habe so für mich gedacht....ob man ihn einfach nicht aus "Versehen" verkehrt aufgestellt hat???????
mneint nachdenklilch
Angelika
Danke für das Schmunzeln des Tages, liebe Rosi
Liebe Angelika,
da ich dort viele Jahre mit jungen Leuten gearbeitet habe, dachte ich immer, eigentlich kann mich gar nichts mehr überraschen. Da irrte ich mich aber gewaltig, denn es gab immer wieder mal neue Erlebnisse der besonderen Art.😊
Herzlichen Dank für Deinen Kommentar. Hab mich gefreut.
wünscht Dir
Rosi65
Ich kann es mir kaum vorstellen, liebe Rosi, dass Dich egal was verärgern könnte, Du bist ja immer guter Laune. :) Aber ja, sogar ein wenig Wut wäre da berechtigt... Schön, dass da ein Nikolaus seine Mütze gerade verloren hatte.
Wir hatten in unserem Schrebergarten, so um das Jahr 2000, auch eine schöne Tanne. Immer wieder gingen wir dorthin spazieren, auch im Winter, denn wir fütterten die obdachlosen Katzen, die da irgendwo lebten. Und mal im Dezember haben wir unsere Tanne nur in Form von ihrer Hälfte gefunden: Jemand wollte einen Weihnachtsbaum ohne Kosten haben. Unser Bekannte, ein studierter Gärtner, meinte, dass der Baum es vielleicht überlebt, unsere Hoffnung aber, dass er einen Zweig als den neuen quasi Stamm entwickelt, hat er gutmütig ausgelacht. Und er irrte sich. :) Leider kein Foto vorhanden, aber unsere - jetzt schon längst ehemalig unsere - Tanne sieht wunderschön aus, und die Stelle, wo der Ersatz-Stamm beginnt, ist nicht mehr zu sehen, so dicht die Nadeln.
Mit herzlichen Grüßen
Christine
Liebe Christine,
na ja, auch ein Gärtner ist nur ein Mensch und kann sich mal irren.
Da fällt mir zum Stichwort Foto ein, dass ich vorhin erfolglos nach Fotos gesucht habe.
Die meisten Fotos habe ich damals immer spontan mit der Firmenkamera gemacht. Dort konnte ich die Ergebnisse sofort mit dem Farb-Laserdrucker in guter Qualität ausarbeiten. Das war sehr praktisch. Einige Ausdrucke habe ich zur Erinnerung mitgenommen. Doch leider habe ich darunter keins von dem Unglücksbaum gefunden. Schade, denn als Titelbild nehme ich sehr gerne eigene Bilder.
Ich wünsche Dir, auch wenn es kalt ist (bei uns jetzt Minus 3 Grad) einen schönen vierten Advent.🎅
Herzliche Grüße
Rosi65
Liebe Rosi,
da hast Du eine interessante Weihnachtsgeschichte erzählt.
Herzlichen Dank.
Während des Lesens wartete ich schon auf dieses "unperfekt" und musste über den tollen Fund lachen, der den Baum dann "unperfekt" schmückte. Wunderbare Idee.
Mit Sicherheit war der Baum schließlich D I E Attraktion.
Mit guten Wünschen für das bevorstehende Weihnachtsfest und herzlichem Gruß von
Andrea
Liebe Andrea,
die verschiedenen anderen Innenbereiche (Restaurant, Malerei, Cafeteria) hatten natürlich auch ihren eigenen Christbaum vor Ort. Allerdings waren diese eher in den klassischen Weihnachtsfarben geschmückt.
Als unser Jugenddorfleiter alle Bereiche zum Inspizieren abging, stutzte er schon etwas, als er unseren Baum sah, denn rosa Tüll-Rosetten hatte er vorher bestimmt noch nie an einer Tanne gesehen. Es waren zwar absolut nicht seine Farben, wie er meinte, aber der Baum gefiel ihm trotzdem recht gut. Die Mütze hatte er gar nicht gesehen. 😊
Dank Dir schön für Deine Antwort
und wünsche Dir noch einen schönen Adventssonntag.
Herzliche Grüße
Rosi65
Ideen muss man haben 😊
dann findet sich schon ein kreative Lösung 😁
danke fürs Teilen
⭐️
lieben Gruß
WurzelFluegel
Liebe WurzelFluegel,
eigentlich passte die Nikolausmütze nicht wirklich zu der restlichen Baumdekoration, denn diese war ja eher zart und filigran gehalten. Doch das war damals das kleinste Übel.
Ein herzliches Dankeschön für Deine Zeilen, und einen schönen vierten Advent.
Wünscht Dir
Rosi65
Das ist ja die pure Freude wenn man so viele Herzchen erhält! Dafür möchte ich mich jetzt bei euch allen ganz herzlich bedanken...
WurzelFlügel
Claudine
ladybird
Christine62laechel
Muscari
Tulpenblüte 13
Roxanna
Indian Summer
Songeur
Sofia54
Margit
Sommerzauber
Indeed
Herzliche Grüße
Rosi65