Das knallrote Tretboot


Das knallrote Tretboot

Das knallrote Tretboot

Als das Ziel unserer alljährlichen Wanderreise feststand, nämlich die Feldberger Seenplatte, da sagte ich ziemlich vorlaut: „Da muss ich auf jeden Fall Tretboot fahren, das habe ich seit meiner Jugend nicht mehr gemacht“.

Gleich am Ankunftstag stellten wir fest, dass es jede Menge Bootsverleiher gab. Ich suchte mir ein knallrotes aus und verkündete: „Das ist es!“

Am nächsten Tag hatten wir 2 Stunden Freizeit.  Zielstrebig peilten wir das leuchtend rote Bötchen an.

Schon beim Besteigen hätten wir wissen müssen, dass diese Fahrt so einfach nicht werden würde. 

Gut, ich bin ja noch einigermaßen elegant in dieses enge Ding, was keinesfalls für Senioren geeignet ist, reingekommen, aber mein Mann, immerhin zwei!!! Jahre älter als ich, hatte ziemliche Schwierigkeiten, weil er seine Füße einfach nicht in die Pedalen einfädeln konnte.
Die Verleiherin reichte uns noch zwei Kissen an, die wir dann mit viel Gestöhne unter unsere Hinterteile drapierten.

Hinter uns, in der Mitte, befand sich ein kleiner Griff und auf meine Frage, was das denn sei, erhielt ich die mysteriöse Antwort, das wäre das Steuer.

Dann ging es aber wirklich los. Wir wurden abgestoßen und traten in die Pedalen, was das Zeug hielt. Der Ruf: Nicht so schnell“, verhallte einfach im Nirgendwo.

Doch schnell merkten wir, dass einer von uns beiden ja auch steuern müsste. Großmütig überließ ich das meinem Mann. 

Nach kurzer Zeit tauchte plötzlich von rechts ein Ausflugsschiff wie aus dem Nichts auf, geräuschlos und reichlich schnell, da elektrisch angetrieben.

„Du musst steuern“, schrie ich und mein Mann riss das sogenannte Ruder herum, was leider nur zur Folge hatte, dass wir uns im Kreise drehten.

Da das Boot immer näher kam, brüllte ich: Rückwärts treten!“ 
Aus irgendeinem, mir verborgen gebliebenen Grund konnte mein Mann das nicht und so musste ich mit meiner ganzen Kraft allein rückwärts in die Pedalen treten.

Das klappte zwar, aber inzwischen floss der Schweiß in Strömen.

Nachdem wir das erste Hindernis überwunden hatten stritten wir uns um das Ruder, weil wir uns immer noch zeitweilig im Kreise drehten und nie eine angepeilte Richtung einhalten konnten. 

Im Grunde wusste ich natürlich, wie ein Ruder reagiert, aber dieses war  so schrecklich träge.
Und mein Mann, eine richtige Landratte, hatte überhaupt keine Erfahrung.

Bis wir endlich mal auf die Idee kamen, ein wenig langsamer zu treten, kamen wir gefährlich nahe an ein Ufer,  es machte raatsch, und schon war es passiert, wir waren aufgelaufen und weder Treten noch Rütteln machte uns wieder flott. 

Tja, da nur ich rückwärts fahren konnte, musste mein Mann seine Sandalen ausziehen und ins Wasser steigen. Seine Hose konnte er in dem engen Boot leider nicht ausziehen, denn schon die Sandalen loszuwerden, war schwierig genug.

Es war zwar nicht schwer, das Boot wieder flott zu kriegen, aber das Einsteigen entwickelte sich zu einem richtigen Problem. Ich musste ja rückwärts treten, damit wir nicht gleich wieder festsaßen, aber dadurch bewegten sich ja auch die Pedale auf der anderen Seite. 

Als dies dann doch mit viel Geschrei und lautem Fluchen endlich vollbracht war, hatten unsere Nerven ganz  erheblich gelitten. Mein Mann lag quer über dem Boot und es dauerte lange, bis er sich endlich wieder auf seinen Platz gezwängt hatte.

Ich war heilfroh, dass unsere Wanderfreunde weit genug entfernt waren, so dass sie dieses Drama nicht beobachten konnten, denn unseren Fastzusammenstoß mit dem Ausflugsschiff, den hatten sie bestimmt laut lachend mit ansehen können.

Da wir nun fast am Ende unserer Kräfte waren, ließen wir es ganz langsam angehen, und siehe da, plötzlich ließ sich diese kleine Plastikschale sogar steuern.

Trotzdem waren wir froh, als die vereinbarte Stunde rum war und wir zum Anleger zurück schippern konnten.
 
Die Bootseignerin stand schon parat um uns aus diesem Martyrium zu befreien. Mein Mann klammerte sich so an sie fest, dass sie beinahe kopfüber ins Wasser gestürzt wäre. Bei mir machte sich meine täglich Gymnastik bezahlt und so konnte ich fast ohne Hilfe aussteigen.

Zum Glück war keiner unserer Wanderfreunde am Anleger und so konnten wir zwar mit zitternden Knien, aber doch erhobenen Hauptes zum Hotel zurückmarschieren.

Pippa




 


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Kommentare (6)

werderanerin

Ja, liebe Pippa, wenn man das so liest, schmunzelt man schon..., diese, kleinen, ziemlich engen Dinger kenne ich auch und ich hatte damals auch das Gefühl, dass die nur für Kids gedacht sind..., Erwachsene haben es schwer, denn von viel Platz kann man wahrlich nicht sprechen.

In den Sommerferien hatte sich meine Enkeltochter mit 2 Freundinnen angemeldet, sie wollten auch unbedingt mit solche einem Tretboot fahren. Ich hatte sie hingebracht und selbst die jungen Mädels mussten aufpassen, nicht gleich ins Wasser zu stürzen. Sie sind ja in dem Alter noch viele wendiger und können Schwankungen auch schneller ausgleichen.

Man lernt daraus und solange ihr noch lachen konntet, ist doch alles gut.
Eine "Seepartie" ist lustig, sagt man ja....

Kristine

pippa

@werderanerin  Ja, Kristine,
im Grunde lache ich immer noch darüber,  das ist ja auch der Grund, weswegen ich nach so langer Zeit mal wieder einen Blog schrieb. Ich wollte einfach euch alle an meinem Vergnügen teilhaben lassen. Glaub mir, ich wäre nie und nimmer darauf gekommen, dass ich auf dem Wasser irgendwelche Schwierigkeiten hätte. 😩

Das nächste Mal nehm' ich ein schönes großes Ruderboot. 😊

Gruß aus dem Harz
von Heidi

ehemaliges Mitglied

Ist ja noch gut ausgegangen. Daher kann ich sagen, selten so gelacht. Nun kennt Ihr ja Eure Grenzen, ein zweites Mal bestimmt nicht wieder?
Aber 👍, dass wir dran teilnehmen durften.
Ebenfalls Brigitte oder bekannt unter HeddY

pippa

@Heddy  Danke, liebe Brigitte,
gerade, weil ich selber immer noch über uns zwei alten Zausel lache, habe ich mich aufgerafft und endlich mal wieder einen Blog geschrieben, denn man muss schließlich gönnen können. 😂
Grüße aus dem Harz
von Heidi

Roxanna

Eigentlich, liebe Pippa, hätte man einen kleinen Film daraus machen können, du kennst das ja mit der Schadenfreude, das Gelächter wäre sicher groß gewesen. Aber, du hast euer Bootsabenteuer so plastisch geschildert, es braucht keinen Film 😁. Trotzdem, erkenne ich auch den Ernst der Lage und kann mitfühlen, dass das wirklich keine entspannte Bootsfahrt war, sondern ihr eine Menge Stress hattet. Ward ihr den auch ein bisschen stolz auf euch, dass ihr all diese Klippen gemeistert habt 😉?

Gratuliere zum ersten Blog, der dir wirklich gut gelungen ist und grüße dich herzlich

Brigitte

pippa

@Roxanna Danke, liebe Brigitte,
ehrlich gesagt konnte ich es lange nicht fassen, dass sogar simples Tretbootfahren zu einem Problem werden kann.

Zugegeben, in meiner Jugend bin ich ein einziges Mal mit so einem Ding gefahren, denn überwiegend bin ich gepaddelt,  gerudert oder Motorboot gefahren. Das Tretboot in meiner Erinnerung hatte vorne ein Steuer, lach.

Doch Wasser war immer mein Element und Angst hatte ich keine Sekunde.
Vergessen werde ich diesen Kampf mit der Plastikschale aber bestimmt nicht mehr. 😂

Liebe harzliche Grüße
Heidi


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