Da geht die Grummt vor dem Heu weg!


Da geht die Grummt vor dem Heu weg!

In einer Aufzeichnung aus Ottendorf zu den früheren Volkssprüchen entdeckte ich den Satz „Da geht die Grummt vor dem Heu weg!“ Ich vermutete zunächst, dass es dabei um Pfändungen und Ähnliches im Landwirtschaftsbereich ging. Doch weit gefehlt, das Sprichwort meint, dass die jüngere Tochter vor der älteren heiratet und somit die Gefahr bestand, dass die ältere Tochter „sitzen blieb“, wie man in unserer Gegend dazu sagte. Es ist immer wieder amüsant und manchmal kurios, wie unsere Vorfahren aus dem Jahreslauf der Landwirtschaft ihre anderen gesellschaftlichen Beobachtungen in Worte kleideten. Es dürfte heute schön schwierig sein zu erklären was ein „Heuweib“ ist oder ein „Füdergen Grummt“. Das Gras mähen und im Sommer zum Heu zu trocknen und dann als zweiten großen Grasschnitt „die Grummt machen“, waren für fast alle unserer Vorfahren wichtige Jahresereignisse. Denn selbst die kleinste Viehhaltung benötigte Heu für die Winterfütterung. „Heusegen kommt uns gelegen“, war die Grundlage für nicht so viele Sorgen „um über den Winter zu kommen“. Auch zwei Sprachbeispiele aus dem Radeberger Land.

Noch viel größer ist der mittlerweile fast ins Vergessen geratene Anteil jener Wörter, die sich um die Heuernte ranken oder auch jener Wortschatz, der sich mit dem Volksaberglauben befasst. So begann die Güte des Heuertrags für das kommende Jahr schon mit der Grummt. War sie eingebracht, sollte man sich auf die Wiese setzen und ein lustiges Lied singen. Dann war die Heuernte für das kommende Jahr sicher. Danach trank man im Bereich des Rittergutes Hermsdorf das „Heubier“ und ließ das Ganze im Dorf fröhlich ausklingen. Vielleicht ist aus diesem noch im 19. Jahrhundert vorhandenen Brauch ursprünglich das Lied vom Bauern, der fahren soll ins Heu, entstanden. Das Liegen im Heu für junge Paare wurde oft praktiziert, sonst hätte die Polizeiordnung nicht darauf reagiert. Bis zum „Heukind“ zog sich die landläufige Betrachtung.

Doch auch das Wetter war natürlich für die Qualität des Heus verantwortlich. So galt es die Märznebel genau zu beobachten. Ein Nebel aus dem es nicht regnete war nicht gut, denn dann regnete es vierzig oder mehr Tage im Juni oder Juli. Regnete es im nebligen März, wurde es günstiger.
Eine Reihe von Verhaltensweisen gab es für die Frauen, wenn sie im Frondienst das „Heu wenden“ mussten. Und das nicht nur auf ihren Wiesen. Die Frauen aus Lichtenberg und Leppersdorf mussten z. B. noch im 18. Jahrhundert bis zur Ullersdorfer Tanzzipfelwiese oder gar bis an das Elbufer um das Heu zu wenden, zu rechen oder bei der Heufuhre mitzuhelfen. Da musste das „Heubrot“ und der „Heukäse“ samt einem „Heu - Kändel Bier“ mitgenommen werden, denn Fronarbeit war bei eigner Kost zu verrichten. Natürlich ging man dann abends nicht nach Hause, wegen des langen Wegs, sondern übernachtete im Heu oder im nahen Dorf. Wobei dann sicher auch mancher junge Mann in der Nähe war.

Aus dem Volksglauben ist noch überliefert, wenn beim Heuwenden ein starker Wind aufkam, sollte es gut sein, dass die Frauen mit dem Rechen auf die Grasschwaden schlagen bzw. auf den Heuhaufen. Da flog dann nichts weg. Wurde ein Messer mitgeführt (zum Brotschneiden) konnte man es gegen den Wind werfen. Dann wurde dessen Kraft gemindert. Aber auf keinen Fall „über Kreuz werfen“. Die nächste Regenperiode wurde heraufbeschworen. Verboten war es den Rechen in ein fließendes Gewässer zu tauchen, um ihn zum Beispiel vom Schmutz zu säubern. Denn auch dann wird der „Regen ins Heu“ heraufbeschworen oder noch schlimmer, die Kühe gaben „wässrige Milch“.
Bleibt noch zu klären was ein „Heuweib“ ist. Das war jene ältere Frau, die „die jungen Dinger“ über das Wenden des gemähten Grases aufklärte und natürlich all die anderen Glaubensfragen. Und das erwähnte „Füdergen Grummt“ war Teil der Abschätzung des Ertrags, um die richtige Steuer spätestens zu Martini bezahlen zu können.

haweger

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Kommentare (1)

Willy Lehrreich und ebenso amüsant zugleich. Finde ich klasse, so altes Brauchtum, Lebensweisheiten usw. uns wieder nahe gebracht werden. Durch unsere Reisen in alle Welt und die Medien erfahren wir viel über anderer Länder Sitten, aber unsere eigenen geraten mehr und mehr in Vergessenheit. Ein Hoffnungsschimmer sind Menschen wie du, die es den heutigen Lesern wieder nahe bringen.

b.G.
W.

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