12 Stufen abwärts
Stufe1
Angefangen hatte es mit plötzlich aufgetretenen Schmerz unterhalb des linken Rippenbogens. Zunächst ließ Frieder ihn unbeachtet, aber am Folgetag war der Schmerz immer noch da und wie es schien sogar stärker geworden.
Stufe2
Gegen seine sonstigen Gewohnheiten rief er in der Praxis seiner Hausärztin an, musste aber mit einer Vertretung vorlieb nehmen, da seine Ärztin im Urlaub war.
Stufe3
Am nächsten Morgen pünktlich sieben Uhr, meldete sich Frieder, (wie abgesprochen) in der Vertreter- Praxis an. Sie lag ein Stockwerk tiefer, als die Praxis seiner Hausärztin. Wie er erfuhr, war die aber erst ab acht Uhr geöffnet und er wurde freundlich gebeten, zu besagter Zeit wieder vorzusprechen. Langsam dämmerte Frieder, dass er es mit einer Pechsträhne zu tun hatte und eine innere Stimme schien ihm hämisch zuzuflüstern; warte, Freundchen, es kommt noch knüppeldicke.
Stufe4
Als Frieder dann wiedergekommen war, brauchte er nicht lange zu warten, um ins Behandlungszimmer gerufen zu werden. Viel Federlesen machte der Doktor nicht, er tastete die Frieder schmerzende Stelle nicht einmal ab. Dafür drückte er ihm nach kurzer Zeit eine Überweisung zum Röntgen in der Hand, da, wie der Herr Doktor meinte, eventuell eine Rippenfraktur der Grund für den Schmerz sei. Frieder teilte diese Meinung nicht, aber machte sich brav auf den Weg zur Radiologie, die etwa 3 km entfernt lag.
Stufe5
Das Pech schien Frieder tatsächlich zu verfolgen, denn die Röntgenapparatur war defekt und konnte erst am Folgetag wieder zum Einsatz kommen.
Stufe6
Am nächsten Tag brachte Frieder das Röntgen hinter sich, aber zu seinem Leidwesen bekam er den Befund nicht mit. Er würde wahrscheinlich am Mittwoch (Folgewoche) in der Praxis eintreffen. Frieder hatte das Gefühl, dass der Herr Vertretungs-Doktor, sich elegant seinen Gastpatienten vom Halse geschafft hatte. Wäre doch Frieders Hausärztin Beginn der neuen Woche dann wieder im Amt.
Stufe7
Letztlich und endlich waren das alles Vermutungen, trotzdem biss die Maus keinen Faden ab; der Doktor hatte es verstanden, Frieder bis zum Mittwoch, im Unklaren zu lassen, was die Ursache des Schmerzes sei. Frieder fragte am Mittwoch früh telefonisch in der Praxis an, ob der Röntgenbefund eingetroffen sei. Ja dem wäre so und man habe den Befund seiner Hausärztin überstellt; war die Auskunft
Stufe8
Also meldete sich Frieder in der Praxis seiner Hausärztin und brachte sein Anliegen vor. Allerdings war der Röntgenbefund dort nie angekommen. Frieder marschierte eine Treppe tiefer, in die Praxis des Vertretungs-Doktors und fragte dort nach. Nach einer halben Stunde ergebnisloser Suche schickte dann die Röntgenstelle ein Fax mit den benötigen Angaben. Wie Frieder schon vermutet hatte, war keine Rippe an – oder gar gebrochen.
Stufe9
Dann endlich bei seiner Ärztin, die ihn gründlich untersuchte, ihm die Leviten las – weil er sich fast zwei Jahre nicht hatte bei ihr sehen lassen und ihn schließlich nach der Blutabnahme entließ. Vorsprechen sollte er am kommenden Montag wieder bei ihr. Der Schmerz unterhalb des Rippenbogens war wie von Zauberhand verschwunden und Frieder marschierte guter Laune nach Hause und war überzeugt, alles sei nun wieder bester Ordnung und die Pechsträhne hätte ein Ende.
Stufe 10
Leider war dem nicht so, denn als Frieder am Sonntagvormittags seine eingegangenen Mails durchsah, war eine von seiner Hausärztin. Der Wortlaut war folgender;
Lieber Herr G.,
leider kann ich Sie telefonisch nicht erreichen. Ich habe keine guten Nachrichten für Sie. Sie haben einen sehr hohen Zuckerwert (28,3 mmmol/l). Der Natriumwert (133) ist sehr niedrig. Das heißt, Ihr Zuckerstoffwechsel ist sehr durcheinander und es könnte passieren, dass Sie in ein sogenanntes diabetisches Koma fallen. Ich möchte Sie herzlich und dringlich bitten, sich in der nächsten Notaufnahme vorzustellen und mit den Kollegen zu klären, wie es weiter gehen soll. Aus meiner Sicht wäre es zu spät, wenn Sie erst am Montag hierherkommen. Ich hoffe sehr, dass Sie es bitte so machen, auch wenn ich weiß, dass Sie ja nicht allzu gern zu Ärzten geschweige denn ins Krankenhaus gehen. Aber es kann wirklich schnell lebensbedrohlich werden, wenn Sie nichts unternehmen. Am besten, Sie drucken diese Mail aus, wenn Sie ins nächste Krankenhaus gehen und nehmen diese mit.
Nein, negieren würde er die Mail nicht. Er würde sie ausdrucken und sich brav in der Notaufnahme des Krankenhauses melden. Unschön und ärgerlich, dass sein Drucker just in dem Moment nicht funktionierte und Frieder den Text mit der Hand abschreiben musste. (E. besaß kein Handy mit Webanschluss.)
Stufe Elf
Frieder ging auf Nummer Sicher, packte Schlafanzug, Hausschuhe und die notwendigen Toilettenartikel in seine Tragtasche, samt Notebook, das aber keinen Internetempfang hatte. Dann machte er los, stieg dummerweise vier Haltestellen zu früh aus und musste bis zum Krankenhaus noch 2 km im kalten Nieselregen laufen.
Stufe12
Dann ging aber alles schnell und nach einigen sehr gründlichen Untersuchungen fand er sich im Bett einer Krankenhausstation wieder. Neben ihm lag ein 92 Jahre alter Herr, der sich freute, dass er endlich mit jemanden reden konnte. Am Montag wurde Frieder in die sogenannte Röhre geschoben und am Dienstag früh zeigte ihm die Frau Oberärztin ein sehr, sehr ernstes Gesicht. Frieder erfuhr, dass er Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium hatte! Ihm fiel nichts Besseres ein, als zu sagen: „Da hätte ich mir vor zwei Jahren nicht das Rauchen abgewöhnen müssen.“
Was hätte er sonst auch sagen sollen …?
(These events and people are fictional and any resemblance to personliving or dead is purely coincidental. )
Angefangen hatte es mit plötzlich aufgetretenen Schmerz unterhalb des linken Rippenbogens. Zunächst ließ Frieder ihn unbeachtet, aber am Folgetag war der Schmerz immer noch da und wie es schien sogar stärker geworden.
Stufe2
Gegen seine sonstigen Gewohnheiten rief er in der Praxis seiner Hausärztin an, musste aber mit einer Vertretung vorlieb nehmen, da seine Ärztin im Urlaub war.
Stufe3
Am nächsten Morgen pünktlich sieben Uhr, meldete sich Frieder, (wie abgesprochen) in der Vertreter- Praxis an. Sie lag ein Stockwerk tiefer, als die Praxis seiner Hausärztin. Wie er erfuhr, war die aber erst ab acht Uhr geöffnet und er wurde freundlich gebeten, zu besagter Zeit wieder vorzusprechen. Langsam dämmerte Frieder, dass er es mit einer Pechsträhne zu tun hatte und eine innere Stimme schien ihm hämisch zuzuflüstern; warte, Freundchen, es kommt noch knüppeldicke.
Stufe4
Als Frieder dann wiedergekommen war, brauchte er nicht lange zu warten, um ins Behandlungszimmer gerufen zu werden. Viel Federlesen machte der Doktor nicht, er tastete die Frieder schmerzende Stelle nicht einmal ab. Dafür drückte er ihm nach kurzer Zeit eine Überweisung zum Röntgen in der Hand, da, wie der Herr Doktor meinte, eventuell eine Rippenfraktur der Grund für den Schmerz sei. Frieder teilte diese Meinung nicht, aber machte sich brav auf den Weg zur Radiologie, die etwa 3 km entfernt lag.
Stufe5
Das Pech schien Frieder tatsächlich zu verfolgen, denn die Röntgenapparatur war defekt und konnte erst am Folgetag wieder zum Einsatz kommen.
Stufe6
Am nächsten Tag brachte Frieder das Röntgen hinter sich, aber zu seinem Leidwesen bekam er den Befund nicht mit. Er würde wahrscheinlich am Mittwoch (Folgewoche) in der Praxis eintreffen. Frieder hatte das Gefühl, dass der Herr Vertretungs-Doktor, sich elegant seinen Gastpatienten vom Halse geschafft hatte. Wäre doch Frieders Hausärztin Beginn der neuen Woche dann wieder im Amt.
Stufe7
Letztlich und endlich waren das alles Vermutungen, trotzdem biss die Maus keinen Faden ab; der Doktor hatte es verstanden, Frieder bis zum Mittwoch, im Unklaren zu lassen, was die Ursache des Schmerzes sei. Frieder fragte am Mittwoch früh telefonisch in der Praxis an, ob der Röntgenbefund eingetroffen sei. Ja dem wäre so und man habe den Befund seiner Hausärztin überstellt; war die Auskunft
Stufe8
Also meldete sich Frieder in der Praxis seiner Hausärztin und brachte sein Anliegen vor. Allerdings war der Röntgenbefund dort nie angekommen. Frieder marschierte eine Treppe tiefer, in die Praxis des Vertretungs-Doktors und fragte dort nach. Nach einer halben Stunde ergebnisloser Suche schickte dann die Röntgenstelle ein Fax mit den benötigen Angaben. Wie Frieder schon vermutet hatte, war keine Rippe an – oder gar gebrochen.
Stufe9
Dann endlich bei seiner Ärztin, die ihn gründlich untersuchte, ihm die Leviten las – weil er sich fast zwei Jahre nicht hatte bei ihr sehen lassen und ihn schließlich nach der Blutabnahme entließ. Vorsprechen sollte er am kommenden Montag wieder bei ihr. Der Schmerz unterhalb des Rippenbogens war wie von Zauberhand verschwunden und Frieder marschierte guter Laune nach Hause und war überzeugt, alles sei nun wieder bester Ordnung und die Pechsträhne hätte ein Ende.
Stufe 10
Leider war dem nicht so, denn als Frieder am Sonntagvormittags seine eingegangenen Mails durchsah, war eine von seiner Hausärztin. Der Wortlaut war folgender;
Lieber Herr G.,
leider kann ich Sie telefonisch nicht erreichen. Ich habe keine guten Nachrichten für Sie. Sie haben einen sehr hohen Zuckerwert (28,3 mmmol/l). Der Natriumwert (133) ist sehr niedrig. Das heißt, Ihr Zuckerstoffwechsel ist sehr durcheinander und es könnte passieren, dass Sie in ein sogenanntes diabetisches Koma fallen. Ich möchte Sie herzlich und dringlich bitten, sich in der nächsten Notaufnahme vorzustellen und mit den Kollegen zu klären, wie es weiter gehen soll. Aus meiner Sicht wäre es zu spät, wenn Sie erst am Montag hierherkommen. Ich hoffe sehr, dass Sie es bitte so machen, auch wenn ich weiß, dass Sie ja nicht allzu gern zu Ärzten geschweige denn ins Krankenhaus gehen. Aber es kann wirklich schnell lebensbedrohlich werden, wenn Sie nichts unternehmen. Am besten, Sie drucken diese Mail aus, wenn Sie ins nächste Krankenhaus gehen und nehmen diese mit.
Nein, negieren würde er die Mail nicht. Er würde sie ausdrucken und sich brav in der Notaufnahme des Krankenhauses melden. Unschön und ärgerlich, dass sein Drucker just in dem Moment nicht funktionierte und Frieder den Text mit der Hand abschreiben musste. (E. besaß kein Handy mit Webanschluss.)
Stufe Elf
Frieder ging auf Nummer Sicher, packte Schlafanzug, Hausschuhe und die notwendigen Toilettenartikel in seine Tragtasche, samt Notebook, das aber keinen Internetempfang hatte. Dann machte er los, stieg dummerweise vier Haltestellen zu früh aus und musste bis zum Krankenhaus noch 2 km im kalten Nieselregen laufen.
Stufe12
Dann ging aber alles schnell und nach einigen sehr gründlichen Untersuchungen fand er sich im Bett einer Krankenhausstation wieder. Neben ihm lag ein 92 Jahre alter Herr, der sich freute, dass er endlich mit jemanden reden konnte. Am Montag wurde Frieder in die sogenannte Röhre geschoben und am Dienstag früh zeigte ihm die Frau Oberärztin ein sehr, sehr ernstes Gesicht. Frieder erfuhr, dass er Bauchspeicheldrüsenkrebs im Endstadium hatte! Ihm fiel nichts Besseres ein, als zu sagen: „Da hätte ich mir vor zwei Jahren nicht das Rauchen abgewöhnen müssen.“
Was hätte er sonst auch sagen sollen …?
(These events and people are fictional and any resemblance to personliving or dead is purely coincidental. )
Kommentare (6)
Syrdal
Diese hier beispielhaft dargestellte Prozedur ist „im richigen Leben“ oft noch viel schlimmer und zwar nicht selten mit 12 x 12 Stufen. Die letzte Stufe allerdings geht man nicht mehr, über die wird man nur noch abgesenkt... sie wird gemeinhin als Gruft bezeichnet,
sagt mit ziemlich makaberem Gefühl im Solarplexus
Syrdal
Willy †
Ja- es geht dann noch mehr Stufen bergab, aber die noch auszumalen war mir dann doch zu makaber.
LG
Willy
Von dem Moment an, als meine Symptome bedenklich wurden, bis zur OP vergingen 6 Monate . Wäre der Tumor grosszellig gewesen, hätte ich die Wartezeit nicht überlebt .
Frieders Geschichte passiert leider jeden Tag in Deutschland.
LG Carola