wie ich mit 6 Jahren kochen lernte............


das war eine volle Konzentrationsarbeit.
Meine Mutter war mal wieder auf "Hamstertour" unterwegs, diesmal sollte es Hamburg sein.
Sämtliche Buchwerke zog ich aus dem Bücherschrank hervor, bis ich endlich Hamburg fand.......dann wurde mir sehr flau.
Mensch, war das weit weg...........
Doch die Hoffnung starb auch bei mir zum Schluß und ich freute mich auf meinen Bückling, der ein Rogner zu sein hatte.
Zwischendurch war ich auch mal Omi, der ich aber nichts verraten durfte, doch ich mußte auch zur Schule..........
Mein Fahrrad war der Straßenrenner....und ich flitzte von hier nach dort. Zu Hause ganz allein, fühlte ich mich am Wohlsten. Auf dem Balkon goß ich die Petunien, ließ die Chalousien rauf und runter und lebte so, als wenn Muitti zu Hause war.
Doch eines Tages flog dieses Alleinleben auf.......
Nur zwei Tage fehlten noch an Mutis Heimkehr.
Omi stand vor der Tür.....................gerade sie.
Und schon ging das Geschimpfe los - ich kann nichts dafür, war meine Verteidigung, doch, das hielt sie nicht zurück.
Packte meine Sachen ein und zog mich mit in die Stadt hinein.
Und was ist jetzt mit der Schule?
"Nimm Dein Fahrrad mit!"...das wird wohl gehen und Punkt und Schluß!
Ich schlief bei Omi auf der Küchencouch und gegen 5 Uhr kam Opa rein, um sich für die Arbeit fertig zu machen.
Am großen Abwaschbecken mit lautem srudelden Tönen zu waschen und zu gurgeln und zu keuchen und zu schlotzen.
Hallo Frosch, es ist Zeit aufzustehen.....sagte er dann und sofort war ich aus dem Bett. Zog mich an, legte noch einen Holzscheid in den Ofen rein, kochte mir mein kleines Mehlsüppchen wie jeden Tag und schon war ich zur Schule unterwegs. Aua der Hintern tat schon weh, doch das wird besser, versprach mir Opa, ja doch, er hatte recht.
Jetzt waren schon 14 Tage vergangen und Mutti war noch immer nicht da.
Die Bilder in meinem Kopf und den Weg, den sie gegangen ist, den las ich an der gemusterten Tapete ab. Dort, dort war ein Knotenpunkt, dort hat man sie erwischt und nun saß sie irgendwo in einem Gefängnis drin.
Jedesmal ein Horrortraum, wen ich ins Bett gegangen bin.
Ich packte meine Sachen ein und schmuggelte mit dem Willen in die Schule zu müssen und fuhr davon.
Schnell schaute ich noch in unserer Wohnung vorbei.....es war noch Zeit...und da sah ich sie!
Quer über dem Bett lag sie - verdreckt und mit den alten Klamotten an.
Ein großer Rucksack stand in der Küche rum und stank genauso wie sie.
Ganz leise machte ich mich davon und ging zur Schule, denn ich wollte unbedingt lesen und schreiben lernen.
Den Schulschluß konnte ich fast nicht erwarten...es klingelte und ich war weg.
Völlig abgehetzt kam ich zu Hause an.... Tante Marianne, unsere Hauswirtin empfing mich schon......doch ich rannte die Treppe rauf und fiel meiner Mutti in die Arme.
!Mutti. Mutti ! was ist passiert?
"Ja, tut mir leid, doch die Russen haben mich erwischt und zwei Tage festgehalten....."
"Was hast du Omi erzählt?"
"Ganz einfach nichts" und sie sagte, daß ich ein bockiges Luder bin".
Doch verraten habe ich nichts.
So , nun komm und schnür den Rucksack auf, ich habe dir deinen Wunsch erfüllt und dir einen Rogner mitgebracht.
Für mein Prachtmädchen im Schweigen und nun guten Appetit.
Ich saß vor diesem Riesen-Bückling, der ein Rogner war, und traute mich nicht ihn zu zerteilen. Goldgelb glämzend lag er auf meinem Teller und scaute mich mit trüben Augen an.
Ich klappte ihn mit den Fingern auseinander und dann war der Appetit so groß, daß mich Mutti bremsen mußte, da ich sonst soviel fette Nahrung nicht vertragen hätte.
Und im Bett träumte ich noch immer von dem Bückling mit seinen Fischeiern und der trüben Augen.
Und daß der Rest noch in der Speisekammer liegt................
Wie es damals war, eine kleine Geschichte für zwischendurch...

das Moni-Finchem


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Kommentare (5)

finchen und genau dieses Mehlsüppchen mit künstlichen Himbeer-Aroma, das könnte ich Dir heute noch vorkochen. Natürlich kann ich kochen und zwar sehr gut, wie ich es schon oft bestätigt bekam. Sogar meine Schwiegertochter wurde von meinem Sohn zu mir geschickt, damit sie das eine oder andere Rezept bekommt, damit es so schmeckt wie bei Muttern....
Meine Cousine gehöhrte auch zu den "Ahnungslosen", doch inzwischen ist sie aus diesem Tal heraus.
Kömigsberger Klopse mit Kapern und Zitrone, das war der erste Anlauf.
Also dann lieber Helmut... guten Appetit
und mit herzlichen Hummel Hummelgrüßen
Dein Moni-Finchen
ehemaliges Mitglied moin moin.
natürlich habe ich deine geschichte gelesen.
aber irgend etwas haut mit der aussage, "wie ich mit 6 jahren kochen gelernt habe" nicht hin?
kannste kochen? oder nicht.
dein Fan helmut
Syrdal
seine eigene Geschichte durchlebt, dort im Osten eher schlecht als recht und all dies hat uns und unser Denken und Handeln geprägt.
Als Kind zu erleben, dass entsicherte Gewehre von einer Rotte Uniformierter mit Stahlhelm und Stiefel auf einen gerichtet sind, vergisst man lebenslang nicht wieder. Und man verzeiht es auch nicht!
Seitdem es mir geschah, war mein bis dahin doch irgendwie "heiles Weltbild" zerstört - ein für allemal. Und wenn ich es recht bedenke, habe ich genau dieses immer und immer wieder gesucht, wenn auch unbewusst.
Habe ich gefunden, was ich suchte? Es hat lange gedauert, sehr lange - fast ein Leben lang. Heute endlich sage ich Ja, ich habe gefunden, aber nicht in der Welt, in der ich suchte, ich fand es in mir selbst...
Syrdal

finchen ja, wir waren damals unter der Knechtschaft von den Russen, ein besonderer Status eines verlorenen Krieges, der uns, der Zivilbevölkerung vor Augen gehalten wurde.
Von einem Bauern Speckschwarten zu bekommen, das war schon ein Meisterstück.
Einmal kam meine Mutter mit einem halben Schwein nach Hause. Hinten auf dem Fahrradträger kam sie um die Ecke und ich lief schreiend weg, denn 2 Tage vorher ist unser Hauswirt bei der sogenannten "Heimatwehr" erschossen worden.................
Man mußte sich mit diesen Leben arrangieren und organisieren, eine Gegenwehr machte keinen Sinn.
Und genau diese Generation fing 1953 damit an, einen Streik gegen dieses Regiem zu brechen.....doch mit Panzern hatte man nicht gerechnet.
Bewaffnete Russen sprangen scharenweise von den Lastern runter....ich habe sie alle gesehen und in ihre Mündungsrohre geschaut.
Dawei, dawei...weg, weg....war ihr Lieblingswort.
Ich fuhr zum Friedhof weiter, denn heute hätte Opa Geburtstag gehabt...es war der 17. Juni 1953.
Ich weiß es noch ganz genau, daß ich am Grab saß und meinem Opa tief drunten in der Erde die ganze Geschichte lauthals erzählte.
Mein geschultes Auge sah trotzdem jede Bewegung um mich herum. Und meine Mutter lag todkrank im Krankenhaus, sie besuchte ich auch noch und erzählte ihr eine ganz andere Geschichte von Wohlbefinden und gutes Leben.
Beruhigt schlief sie wieder ein..........und ich fuhr nach Hause zum Bäckermeister.
Es war ein Leben ganz vogelfrei, doch ich wußte, was ich wollte .......ich muß alleine leben, das war mein Ziel.
Etwas ungewöhlich für ein Kind mit 12 Jahren, doch halbwegs habe ich das hinbekommen.
Denn Omi zog bei uns ein...........und übernahm das Regiment des täglichen Arbeitsablaufs.
Der Bäckermeister und ich, wir wurden zu Verbündeten und kochten unser Süppchen alleine.
Maria, unsere Haushaltshilfe, fand sich auch am verkehrten Platz und sprach von Kündigung, wenn diese Frau noch in diesem Haushalt bliebe...............
Es war eine furchtbare Zeit, doch essensmäßig war ich immer
gut versorgt.
Sooo, das war ein kleiner Auszug aus meiner "noch nicht" DDR-Geschichte, denn es sollte noch schlimmer kommen.
Doch machen wir einen Strich hinter dieses Leben.
25 Jahre nach der Wende ..... müssen solche Gedanken kommen....denn heute bzw. seit Ende 1953 lebe ich in der BRD
und kann mich nicht beklagen.
Drum sei ganz lieb gegrüßt
Dein Moni-Finchen
ehemaliges Mitglied solche Geschichten hab ich zum Glück nicht kennengelernt. Unsere Großmutter bekochte uns, so lang ich denken kann. Aber ich war die Einzige, die von ihr Backen lernte, meinen Schwestern gestattete sie das nicht. Und wir habe so manches Gericht, dass ich gar nicht namentlich benennen kann, miteinander zubereitet und gegessen. Eine schöne Erinnerung ...
Kochlustige Grüße von Uschi

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