Wer kennt die Zahlen, nennt die Namen?
Wem sagen die Namen: Geitling, Mausegatt, Finefrau, Wasserfall, Sonnenschein. etwas? Wahrscheinlich sind es wenige Menschen, die damit etwas anfangen können. Es sind Namen von kohleführenden Flözen in der Gegend des Ruhrgebiets!
Dann gibt es noch die Namen: Kronprinz, Gottessegen, Blumenthal, Prinzregent, Rosenblumendelle, Vollmond, Dannenbaum, Helene - Ich denke, die Zahl derer, die diese alten Zechen heute noch kennen, wird sicher immer geringer werden. Es sind die Namen von alten Kohlebergwerken im Ruhrgebiet, die nur noch in der Geschichte oder dem Gedächtnis von alten Bergleuten existieren. Alte, zum Teil uralte Namen, die einst in vielen Gegenden das Gesicht der Städte prägten. Es sind diese Städte, die nach und nach durch den Steinkohlebergbau Ansehen erhielten, die Reichtum erwarben und nach dem Niedergang im 20./21. Jahrhundert zum Teil in Bedeutungslosigkeit versanken.
Das Ruhrgebiet - früher volkstümlich einfach »Kohlenpott« genannt, war die Seele des Wiederaufbaus nach dem 2.Weltkrieg. Hier wurde der Grundstein gelegt zu einem Aufstieg, um den die Bundesrepublik Deutschland von vielen Ländern beneidet wurde.
Seit dem 13.Jahrhundert wurde im Süden des heutigen Ruhrgebiets Kohleabbau betrieben, meist anfangs noch im Stollenabbau, bei dem waagerechte Stollen in den Berg hineingetrieben wurden.
Später zog sich der Abbau dann weiter nach Norden, da war der Abbau über Stollen nicht mehr möglich, weil die kohleführenden Schichten des Gesteins - die Flöze - immer tiefer im Berg verliefen. Es wurden Schächte senkrecht in den Berg »abgeteuft«, um auch hier an das begehrte »Schwarze Gold« zu gelangen! Bis zum Ende des Kohlebergbaus in Deutschland im Jahre 2018 wanderte dann das Abbaugebiet nach Norden bis nach Ibbenbüren am Teutoburgerwald.
Im Steinkohlebergbau Tätige hatten damals einen sicheren Arbeitsplatz. Im Jahre 1957 waren über 600.000 Beschäftigte im Steinkohlebergbau tätig, 1990 waren es noch 130.000. Im Dezember 2018 wurde das letzte Bergwerk »Ibbenbüren« offiziell geschlossen, die Abbauteufe lag zuletzt bei 1.335m.
Bei Schließung dieser letzten Zeche waren noch etwa 600 Bergleute beschäftigt - zum Abschluss waren es noch 50! Damit war der deutsche Kohlebergbau endgültig gestorben.
Wer im Kohlebergbau arbeitete, hatte stets mit mehr Risiken als an jedem Arbeitsplatz über Tage zu leben. Viele Unglücke zeugen von den Gefahren unter Tage. Kohlenstaub-Explosionen, Strebeinbrüche, Schachteinstürze Schlagwetterexplosionen, die Reihe könnte endlos fortgeführt werden. Es waren seit dem Jahr 1800, dem Beginn der Zählung, rund 4.500 Menschen, die allein durch Unfälle im Steinkohle-Bergbau des Ruhrgebiets ihr Leben ließen!
Vorüber. Vergangen. Vergessen? Hoffentlich nicht ...
(©by H.C.G.Lux)
"Vorüber, vergangen"… ist der Kohleabbau, nicht nur im „Kohlenpott“. Dafür importieren wir jetzt die Steinkohle aus Australien und schippern sie um die halbe Welt. Welch ein Irrsinn!
Aber vergessen ist die schwere Arbeit der Bergleute nicht, auch nicht vergessen sind die vielen, vielen Unfallopfer. Und die kleinen Schriften, wie Du sie ja auch verfasst, sind sehr wohl wirksam beteiligt, das Vergessen zu vermeiden und dem „Kumpel“ ein bleibendes Denkmal zu setzen.
In der DDR gab es in den 60er Jahren eine Parole, die da hieß: „ Ich bin Bergmann, wer ist mehr?“ – Wie auch immer man das damals politisch beurteilen wollte, es steckt eine tiefe Wahrheit und auch Respekt und Verehrung in diesen Worten.
Ich selbst konnte den „Pott“ erst nach 1990 kennenlernen (u.a. Zeche "Zollverein") und war erstaunt, welch schöne Landschaften es im Ruhrgebiet gibt. Die „Schwärze“ ist gewichen und viel Neues ist erstanden. Aber es ist auch etliches an Tradition verloren gegangen. – Gut, dass du daran erinnerst…
...meint mit Abendgruß
Syrdal