Was weiß denn Opa schon vom Leben?
Das hörte ich vor Wochen von ein paar Jungen neben mir. Ich schaute sie mir an. Nette Jungs, Gymnasiasten auf der Höhe ihres Wissens, intelligent und sicher auch nicht dumm. Ich habe mich da herausgehalten, welchen Sinn hätte es gehabt, mit ihnen zu streiten?
Aber da wäre doch wohl eine ganze Menge mitzuteilen gewesen, nicht wahr? Auch wenn das junge Volk es nicht so gern hören würde! Es gäbe mehrere Punkte, die da ins Feld zu führen wären.
Zum einen ist da das Offensichtliche: die Lebenserfahrung. Omas und Opas haben nun einmal mehr hinter sich als die junge Generation. Vielleicht sind sie deshalb weiser und reifer? Ihre Ratschläge und Sprüche mögen vielleicht nicht immer auf Anhieb wie geniale Weisheiten klingen, aber oft kommt dann früher oder später doch irgendwann der Tag, an dem den Enkeln ein Licht aufgeht und sie feststellen: Opa hatte recht!
Zweitens sind die Großeltern in ganz anderen Verhältnissen aufgewachsen als die heutigen Menschen. Sie waren gezwungen zu sparen, nachhaltig zu denken, mit dem zu improvisieren, was sie hatten. Sie mussten sich selbst helfen und konnten nicht ständig neu kaufen, reparieren lassen – oder googeln. Allein die Tatsache, dass ältere Leute ohne Internet ein ganzes Leben bestritten haben, sollte doch allen klarmachen, über was für ein Wissen und Einfallsreichtum sie verfügen mussten.
Und drittens hatten Opa und Oma in einigen Bereichen doch auch recht: Ein paar Sachen waren früher besser. Zum Beispiel gab es noch mehr Insekten und unzählige Tierarten, sowie Pflanzen, die heute niemand mehr kennt; und - es wurde weniger Fleisch gegessen. Unsere Erde war gesünder. Und das hängt auch mit einem Wandel der Einstellung zusammen, den wir durchgemacht haben.
So sehen es manche Leute heute vielleicht als Fortschritt, dass sie zum Frühstück ein Ei mit Bacon, zum Mittag ein Schnitzel und zum Abendessen Salami essen können – in Wahrheit ist das Dekadenz und Verfall. Der Überfluss, in dem wir leben, ist keine Errungenschaft, sondern eine Verschwendung von Zeit, Mitteln, Kreativität und Ressourcen. Die Großeltern wussten, dass Qualität wichtiger ist als Quantität. Lieber sparen für etwas, das ein Leben lang hält, als immer wieder billig neu kaufen. Daran sollten wir - die damaligen Kinder, die wir heute leben, uns ein Beispiel nehmen. Kann ja sein – dass wir für unsere eigenen Enkelkinder vielleicht auch Vorbilder werden? Obwohl das ein doppeltes Fragezeichen beinhaltet ...
©2021 by H.C.G.Lux
Kommentare (7)
Viele wahres an deinen Sätzen, lieber Horst...da ich in der DDR aufgewachsen bin, weiß ich, was es heißt NICHT alles zu haben..., auch wir haben jahrelang für einen Trabi gespart, hatten keine "vollautomatische" Waschmaschine..., haben improvisiert ..., mit sehr viel weniger waren wir zufrieden und haben unser Leben gestaltet...als dann die Mauer fiel und wir "gen Westen" konnten, ist man von dem Überfluss regelrecht erdrückt worden.
Der Mensch ist so...immer mehr, immer günstiger...alles haben, auch wenn man es gar nicht braucht. Die Achtung vor Arbeit ist verschwunden !
Nicht die Jugendlichen sind Schuld..., da sie wohl nichts anderes kennen, WIR sind es..., wir, die es zuließen, weil es uns eben gefiel, ALLES zu haben. Jetzt zurück rudern ist mehr als schwer, oft geht es nicht mehr, weil man es schlicht und ergreifend nicht möchte !
Ich denke schon, lieber Horst - wir waren kaum gute "Vorbilder" für unsere Kids..., haben ihnen doch gezeigt, wie es eigentlich NICHT gemacht werden sollte...
Zum Glück verändert sich etwas in der Gesellschaft und ehrlich...es waren nicht die "Alten", nein es waren die jungen Menschen, die auf die Straße gegangen sind und gehen !!!
Kristine
@werderanerin
Liebe Kristine!
Soeben lese ich deinen Kommentar. Spontan ist mir eingefallen, dass auch viele unserer Generation auf die Straßen gegangen sind, und nicht nur im jugendlichen Alter. Das ist das Recht der Leute, sich nicht nur an den Wahlurnen äußern zu dürfen.
Natürlich haben wir auch dazu beigetragen, einer mehr als der andere, unsere Kinder zu verwöhnen. Zuviel davon ist halt nicht gut, wenn auch gut gemeint, nicht wahr?
Ich kenne allerdings auch Fälle von sehr begüterten Eltern,, die ihre Kinder spartanisch aufwachsen ließen, damit sie einmal den Wert des Geldes und der Arbeit zu würdigen wissen.
Bunt ist die Welt und immer noch nicht gerecht. Werden es wohl auch nie erreichen.
Herzliche Grüße von Ingrid
War es nicht immer schon so, dass die Jungen dachten, ach die Alten haben doch keine Ahnung mehr 😉? Es fällt ihnen schwer zu "sehen", dass die Alten auch mal jung waren und schon gar nicht kommt ihnen in den Sinn, dass sie eines Tages, wenn sie es denn erleben, die Alten sein werden. Es gibt Kulturen, da werden alte Menschen respektiert und ihre Lebensweisheit ist gefragt. Hier könnte man meinen, dass nur jung, knackig und wohlhabend zählt. Das muss man schon sehr bedauern.
Herzlichen Gruß
Brigitte
Nach dem Krieg setzte meine Familie ihre ganze Kraft ein, um sich eine neue Existenz aufzubauen.Während die Erwachsenen arbeiteten, hüteten die größeren Kinder die Kleinen. Die Straße war unser Kinderzimmer, unser Spielplatz.
Die nächste Generation sollte es besser haben.Man legte großen Wert auf eine solide Ausbildung, auf ein Studium.
Die Familien wurden kleiner, die Kinder mehr verwöhnt.
Heute lernen Schulkinder schon am Computer.
Wer hat die Weichen gestellt?
Fragt sich nur, wie wir so relativ alt geworden sind, das müssen uns junge erst mal nachmachen, zach wia mia san.😃
@JuergenS
wenn ich mir das nochmal vor Augen halte, einen besonderen Respekt gegenüber "Alten" hatten wir als junge nicht, sie waren halt alt, hatten oft keine Antworten auf drängende Fragen, viele verstarben natürlich auch viel früher.
Manchmal, so erinnere ich mich, hat sogar die "Besserwisserei" von Alten gestört, man wollte es selbst besser wissen, aber doch nicht so erhaben vorgetragen.
Vor Lehrern hatte man/ich oft richtiggehend Angst, die waren am langen Hebel.
Naja, ambivalent halt, wie heute auch, denke ich.😦
Tja, lieber Horst, so sehr es meinem Vater nach dem 2. Weltkrieg auch schnell gelingen durfte, in seinem zuvor gegründeten und nicht zerbombten Salon wieder zu arbeiten, anfangs noch mit Naturalien bezahlter Arbeit wieder zu verdienen, wir Mädchen mussten schon mithelfen, wo wir konnten. Die Oma nähte unsere Kleidung, in der Küche helfen war für uns selbstverständlich, und als ich alt genug war, stand selbstverständlich nicht zur Diskussion, im Salon auszuhelfen, wenn Hochbetrieb war. Ich lernte schon mit 10 Jahren an der Kasse zu kassieren, selbstverständlich freundlich!! Ich half den Damen in ihre Mäntel, fragte neue Kunden, bei wem sie angemeldet waren und führte sie zu einem freien Platz. Das ist heute in Friseursalons keineswegs mehr üblich.
Wenn ich etwas Neues haben wollte, musste ich mir es vom Taschengeld zusammensparen. Ein Kleid zu kaufen gab es nicht. Stoff, ja da bekam ich sogar noch Geld dazu, wenn es nicht so ganz reichte, aber nur, wenn ich es mir selber nahen würde!
Das Mithelfen im Salon in meinem Teenager-Alter hat mir freundliche schriftliche Zusagen und kleine persönliche Geschenke in meiner letzten Arbeitsstelle als Arztsekretärin in einer Rehaklinik eingebracht! Die Patienten, die nach ihrer Reha abreisten, hatten einen Bogen mit Fragen zu beantworten, wo dann zu lesen stand, was ihne ge- oder missfallen hatte. Das Büro (mit drei weiteren Angestellten) wurde immer als unfreundlich bezeichnet - "nur Frau M. nicht!". Das führte letztlich dazu, dass die Kolleginnen verlangten, ich solle ab Mittag meine Bürotür abschließen - tat ich aber nicht! Dafür wurde ich dann ausdrücklich gemobbt!! Die Kolleginnen hätten sich auch ein kleines bisschen abgucken können, wenn es ihnen den wichtig gewesen wäre, von einer "Alten" Erfahrungen anzunehmen, ohne dass ihnen diese verbal auf die Nase gepackt worden wären. Die Zeiten ändern sich halt. Selbst meiner Tochter hat diese meine Art, mit Menschen umzugehen bis heute geholfen, ihre eigene Firma erfolgreich über 19 Jahre zu führen - trotz diverser Konkurrenten im Ort ... Auch mein Enkel zeigt schon, dass auch er begriffen hat mit seinen knapp 9 Jahren, was "Benehmen" heißt und bringt.
Ein wenig Stolz für diesen Erfolg glaubt Uschi für sich verbuchen zu dürfen?!