Wachsen heißt teilen und nicht isolieren
In der modernen Gesellschaft leben die meisten ohne finanzielle Sorgen. Doch dieser Wohlstand erweist sich oft als Falle, weil viele glauben, ihr Leben alleine zu schaffen.
Der Rückzug in solch eine freiwillige Isolation, macht die Menschen beziehungslos und dadurch arm. Sie bleiben allein, damit sie auf andere keine Rücksicht nehmen müssen und teilen dadurch weder Freuden, noch Krisen oder Konflikte mit einem anderen Menschen und vereinsamen, denn in der Beziehungslosigkeit kann sich Leben nicht entfalten: alles dreht sich nur um sich selber. Ich meine, die vermeintliche Selbstbestimmung ist in Wahrheit die Angst und Unfähigkeit, eine Beziehung einzugehen.
Doch das Leben ist vor allem Beziehung!
Kommentare (15)
Zunächst einmal bedanke ich mich herzlich für alle Kommentare und damit verbundene eigene Sichtweiten, die jedes was für sich haben – und auf die ich noch zu jedem Kommentar eingehen werde. Doch zunächst mal ganz allgemein meine Sichtweite:
In der erweiterten Betrachtung ist das ganze Leben ein Teilen und Zusammenspielen und wächst dadurch – von Anfang an bereits als Zelle im Mutterleib. Und später ergänzen sich alle Organe des menschlichen Körpers und erfüllen ihre spezifischen Aufgaben im harmonischen Zusammenspiel. Und wenn eines – warum auch immer - nicht richtig funktionier, oder auch mehrere, dann wird der Mensch krank.
Und ich meine, das gleiche Prinzip gilt auch für den Zustand unseres Seelenlebens:
Der Mensch muss sein Glück, oder auch seine Freude, ebenso Wut, Trauer Ängste oder Enttäuschungen teilen können, in einer partnerschaftlichen Beziehung oder mit „echten und wirklichen“ Freunden. Für mich ist das eine Erkenntnis, quasi wie ein Gesetz des Lebens – und Voraussetzung dafür, dass man sich im richtigen Rhythmus entwickelt. Wobei ich die tägliche Kommunikation mit anderen Menschen nicht als eine Beziehung im Sinn des Wortes erkenne. So habe ich z.B. zwei drei Freunde und ebenso viele „Freundinnen“, mit denen ich mich regelmäßig über „Freud und Leid“ intensiv austausche, sie teilhaben lasse oder beteiligt werde.
Und wenn Leben ohne die vorgenannten Beziehungen nicht mehr geteilt wird, ist es tot und mündet eben in Einsamkeit!
Selbstbestimmung mit der Angst und Unfähigkeit gleichzusetzen Beziehungen zu leben ist schon sehr gewagt, Ferdinand.
Selbstbestimmung ist eine Facette von Freiheit und entspricht dem Wesen Mensch, das entscheidungsfähig ist.
Sie findet gerade in den Beziehungen ihre Herausforderung. So verstehe zumindest ich das.
Allein-Sein und in Gemeinschaft sein - sowohl als auch - brauche ich zum Wohlfühlen.
Meine Erfahrungen mit Beziehungen sind positiv, mit Einsamkeit auch. Ich bin gerne in Beziehung und ich bin gerne allein.
Ob sich alles um einen selbst dreht - hängt davon nicht ab, denke ich, denn ich kenne viele Menschen die sich in Beziehungen nur um sich selber drehen.
Aber eine Frage hätte ich:
Was meinst du genau mit Beziehungslosigkeit? Ist nicht jeder immer in Beziehung mit anderen? Kann der Mensch überhaupt "nicht in Beziehung" sein?
Im Sinne von Watzlawick
Man kann nicht nicht kommunizieren.
würde ich gerne fortsetzen:
Man kann nicht nicht in Beziehung sein.
lieben Gruß
WurzelFluegel
Danke für den Kommentar, "WurzuelFlügel",der Deine Gedankengänge zum eingestellten Thema wiederspiegelt.
Deiner Meinung, nicht in Beziehung sein zu können, widerspreche ich, denn nicht jede Kommunikation ist Beziehung! Wenn ich mich an der Kasse des Discounters mit der Kassiererin austausche, so ist das keine Beziehung. Und manche Menschen errichten, meistens durch irgendwelche Schicksalsschläge, Mauern um sich, Mauern der Einsamkeit. Und wenn sie erst mal in dem "Teufelskreis" drinnen sind, wird es immer schwerer, je länger es dauert, da rauszukommen und wieder Beziehungen aufbauen.
Oder andere nach einer gescheiterten Beziehung, haben möglicherweise so viele negative Einwände und Eindrücke, die sie aus der gescheiterten Beziehung mitnehmen, dass sie es nicht schaffen eine neue Beziehung einzugehen.
Und manche in kärglichen finanziellen Verhältnissen, ziehen sich aus einer funktionierenden Gemeinschaft und freundschaftlichen Beziehungen, aus falsch verstandener Scham zurück und fristen ihr Leben einsam vor sich hin.
Doch all das hat nichts mit Bescheidenheit und Genügsamkeit zu tun!
@Dnanidref
Ich freue mich über deinen Widerspruch, weil für mich dadurch etwas deutlicher wird, worum es dir geht.
Dem, was du in in diesem Kommentar schreibst, stimme ich zu. Das alles können Gründe sein, warum es für Menschen schwierig ist eine neue Beziehung einzugehen oder vlt. Freunde zu finden. Es sind traurige Lebenswendungen oder lang dauernde innere Prozesse, die dazu führen können. Ich finde es auch sinnvoll, mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen und wenn es an diesen Gründen liegt ihnen Mut zu machen, etwas zu ändern. Ein bisschen "seelische Unterstützung" kann in so einer Situation sehr wertvoll sein. Vielleicht führt eine Veränderung, oder eine Beziehung zu mehr Lebendig-Fühlen und vlt. Glück.
Nur kann ich im Umkehrschluss nicht einfach behaupten, dass die Menschen, die das nicht wollen, oder vielleicht nicht mehr wollen, unfähig sind, Beziehungen einzugehen oder angstvoll sind. Auch das kann eine ganz bewusste Lebensentscheidung sein, die viele Gründe haben kann. Auch diese Lebensweise kann Lebendig-Fühlen und vlt. Glück bedeuten.
Vielleicht kannst du nun besser nachvollziehen, was ich meine. Aber es ist ja auch schön, wenn es unterschiedliche Sichtweisen gibt, das fördert das Überdenken von Situationen und Einstellungen.
sonnigen Gruß
WurzelFluegel
Hallo Ferdinand...das ist super....auch mein Motto...Ich habe gelernt,vom Leben nicht viel zu erwarten.....VG Henryk
Lieber Freund Henryk,
Bescheiden zu Leben ist kein Grund keine Beziehungen zu einer Partnerin oder einfach nur guten Freunden zu haben – Du hast es vollkommen richtig erkannt!
Herzlichen Dank für die wunderschönen Mohn Mohnblumen, die meine Augen sehr erfreuen und einen lieben Gruß in unsere schlesische Ex-Heimat
Ferdinand
Drogi przyjacielu Henryk,
Skromne życie nie jest powodem, by nie utrzymywać relacji z partnerem lub tylko dobrymi przyjaciółmi - doskonale to rozpoznałeś!
Dziękuję za piękne maki, które zachwycają moje oczy i ciepłe pozdrowienia dla naszego byłego śląskiego domu
Ferdynand
Bitte entschuldige meine schlechte polnische Grammatik! Muss auch wieder üben!
Przepraszam za złą polską gramatykę! Musisz ćwiczyć ponownie!
Wszystkiego najlepszego dla Ciebie i dbaj o siebie!
Lauter kleine Kobolde aus der Distanz betrachtet!
Wiele małych goblinów oglądanych z daleka!
Darüber, lieber Ferdinand, könnte man jetzt seitenlange Diskussionen ausarbeiten. Nur würde es nichts bringen, da alles wieder zum Ausgangspunkt zurückströmen müsste.
Der Ausspruch von Shaw trifft leider nicht den Kernpunkt des Problems. Wenn ich mich in eine Einsamkeit zurückziehe, bin ich zwar - ob nun temporär oder ständig - allein; dennoch muss ich deshalb nicht auch einsam sein!
(Ich weiß, wovon ich rede, denn ich habe solche Phasen ebenfalls erlebt!) Ein wenig hat das auch mit der eigenen Empfindsamkeit zu tun, denke ich; wenn ich mich aus Furcht vor einer Enttäuschung auf nichts Neues mehr einlasse, werde ich sicher vereinsamen. Das aber muss nicht sein, ich weiß - wiederum aus Erfahrung - dass es auch anders möglich ist!
Nebenbeigesagt - Ich fand da einen anderen Satz von G.B.Shaw, der auch bedenkenswert ist:
»Die bösartigsten Cliquen bestehen
nur aus einem Einzelnen!«
Mit Blick in den hellen Sonnenschein -
Horst
Lieber Pan, Deine Aussagen haben mich zu vielen Gedankengängen angeregt.
Wenn ich mich zurückziehe, muss ich nicht grundsätzlich einsam sein. Vielleicht brauche ich ja eine "Zeit der Stille" um in der Regel was Unwiderrufliches verarbeiten zu können. Doch muss ich mich nach einer weiteren Zeit daraus lösen, damit ich nicht vereinsame:
Ich muss wieder Liebe, Glück und Freude mit jemanden anderes und mit anderen Teilen können und gegen neue Schicksalsschläge mit Hilfe anderer gewappnet sein.
Lieber Ferdinand,
das scheint mir auch eine Henne-und-Ei-Frage zu sein. Du beschreibst es als bewusste, narzisstisch gesteuerte Entscheidung (freiwillige Isolation), die es geben mag. Die Erfahrung in meinem Lebensumfeld zeigt auch die andere Seite auf: die unfreiwillige, d.h. zunächst den Umständen geschuldete Beziehungsarmut oder -losigkeit, die ursächlich ist und sich dann verfestigt.
Der Mensch wäre nicht Mensch, wenn er dieses Zustand nach einer Weile nicht zum Optimum verklärt und die Selbstbestimmung, ggf. auch die Selbstoptimierung hervorhebt. MMn gibt es wenige Menschen, die wirklich von Anfang an alleine leben wollen. Nach einer gewissen Zeit der unfreiwilligen Beziehungslosigkeit aber wird es schwerer, diesen Status zu ändern, wenn es nicht auf Biegen und Brechen geschehen soll, was manchmal die Selbstaufgabe mit zum Ergebnis hat.
VG, Federstrich
Lieber Federstrich,
Deine Ansichten passen sehr, da sie meistens der traurigen Realität entsprechen!
Das Verfestigen in der Situation, wie Du das siehst, geschieht allerdings meistens, weil der Mensch in seiner Situation immer egoistischer wird und weil er zunehmend vergisst, wie schön Zweisamkeit der Beziehung und freundschaftliches Teilen ist und welch herrliche Gefühle es hervorruft.
Dazu habe ich ja bereits in meinem ersten Kommentar geschrieben und so möchte ich nur noch eine kleine Geschichte erzählen:
Ich hatte Besuch einer Dame aus einer größeren Stadt (Stadtmensch), für eine Woche hier auf dem Lande. Obwohl das Wetter nicht optimal war, konnte ich ihr einiges zeigen, was anders und vielleicht schöner als in der Stadt ist. Es war uns gemeinsam "als Freunde" nie Langweilig und die Kommunikation stimmte optimal. In dieser kurzen Zeit hat sich darum unsere Freundschaft sehr vertieft und es kamen neue Gefühle von Freude, ein bisschen Glücklichsein und Dankbarkeit auf, so dass die Dame, wieder in ihrer Stadt und ich auf dem Lande, noch immer "von den Erinnerungen zerren." Ich glaube uns beiden wurde wieder so richtig bewusst, wie schön und wertvoll es ist, gemeinsame Zeiten zu erleben und gemeinsam Freude zu geniesen und zu teilen. Und wir freuen uns schon beide darauf, so eine Erlebniswoche bald wieder - halt nach der Corona-Disziplin - gemeinsam zu verbringen.
Nach langem Alleinsein verblassen soche angenehmen und erwärmenden Gefühle immer mehr, man fokusiert sich nur auf sich selber und entfernt sich dadurch immer mehr von solchen gemeinsamen Glücksmomenten und Freuden, die das Leben erst richtig lebenswert machen.
Mir sind solche gemeinsamen und vertrauten Erlebnisse auch im Alter viel wertvoller, als die Einrede, wie schön es ist alleine und nur für sich sein Leben zu gestalten.
Und ich würde mich freuen, wenn mein Blog-Beitrag bei einigen die Erinnerungen an Zweisamkeit neu belebt - denn es ist zu mindestens kein Fehler, über solche Wege - auch für unsere "Rest-Lebenszeit" nachzudenken und Vorstellungen zu wecken!
Mit freundlichen Grüßen
Ferdinand
Lieber Freund Ferdinand,
ich nehme Bezug auf den Kernsatz deiner Betrachtung:
Das ist wohl wahr und ein jeder, der nach einer ehemals harmonischen Beziehung (Zweisamkeit) nunmehr allein lebt, alleine leben muss – kennt den tiefen Sinn dieser Worte in nahezu schmerzhaft spürbarer Weise.
Andererseits ist es nicht einfach – vor allem nicht im fortgeschrittenen Lebensalter – sich auf eine neuerliche Beziehung einzustellen. Man selbst ist in vielen Ansichten und Lebensäußerungen geprägt, vielleicht sogar ziemlich festgelegt und ebenso ist es mit der Beziehungsperson. Dies auf eine harmonierende Ebene zu bringen, bedarf beidseitig einer ungemein hohen Lebenskultur, damit keine Einseitigkeit entsteht, die sich auf Dauer als unerträglich gestalten würde. – Welch ein Gewinn wäre es, wenn alles ganz einfach wäre…
Harmonisch erfüllte Beziehungsgestaltung ist ein ewiges Thema, über das es sich lohnt, länger tiefgehend nachzudenken, um für sich selbst in Klarheit zu gelangen...
Zum sonnigen Tagesbeginn grüßt mit ausreichend Stoff zur Nachdenklichkeit
Syrdal
Lieber guter Freund Syrdal,
auch tiefe Freundschaften, wenn sie den öfters für ein paar freundliche Stunden genutzt werden, sind eine wunderbare, tiefsinnige aber auch unbeschwerte freundschaftliche Beziehung!
Du glaubst gar nicht, wie gut mir unsere fast regelmäßigen Treffen zu gemeinsame Spaziergänge, der tiefsinnige aber auch mitunter fröhliche, kommunikative Austausch und das gemeisame Kaffeetrinken bekommen und wie mich das noch tagelang beflügelt. Und ich freue mich schon immer auf das nächste Treffen!
Zu Deinem tiefsinnigen Kommentar, fällt mir nichts wirklich Ergänzendes ein, zeigt es doch, wie gut unsere Meinungen in einer Vielzahl von lebensinhaltlichen Themen übereinstimmen!
In tiefer Verbundenheit, herzlich grüßend,
Dein Freund Ferdinand
Und die Beiden warten schon wieder auf uns!
Liebe Urselie,
ich freue mich, dass diese Betrachtung auch Dich erreicht und vielleicht zu anderen Sichtweiten anregt! Unsere noch verbleibenden Jahre sind viel zu wertvoll, um sie nicht ausfüllend zu nutzen und vielleicht nochmal glücklich und voller Freude zu (er)leben.
Ich wünsche Dir von Herzen noch viele glückliche und zufriedene Jahre und grüße Dich freundlich
Ferdinand
Lieber Ferdinand,
hab erst heute diesen Deinen Beitrag gelesen, inklusive der vielen Kommentare und Deine Gegenkommentare.
Und dennoch habe ich mich in all den Beschreibungen nicht wiederfinden können. Nach vielen Jahren des Einsam-gemacht-Werdens durch meinen Mann habe ich diese Einsamkeit in den vergangenen neun Jahre ein wenig abschütteln können, Freunde und mit der Familie meiner Tochter auch "meine Familie wieder" gefunden.
Eine zweite Variante der Vereinsamung fällt mir derzeit stark auf. Mein achtjähriger Enkel begann bereits in der Kita, sich von den anderen Kindern wieder zurückzuziehen, weil er durch seine andere Wahrnehmung anders dachte. Bis heute ist er zwar sehr mitfühlend, aber teilweise wird ihm das von seinen Klassenlehrerinnen fast wie ein Wort im Munde umgedreht! Ist es da ein Wunder, dass sich ein Kind zurückzieht?
Mein Sohn, der trotz dieser Situation in der seiner Schulzeit (siehe mein neuester Blog in dieser Sparte) seinen, wenn auch nicht so gewünschten, beruflichen Lebensweg (Kfz-Meister) gehen konnte, hat aufgrund des Verhaltens seiner Lehrer in der Schulzeit viel Ungerechtigkeit, die dazu führt, sich zu isolieren, erlebt.
Ich bin riesig glücklich, dass meine Tochter eine sehr aufmerksame Mutter ist, die neben ihrer Selbstständigkeit sich auch noch zur Diplom-Legasthenie-Trainerin per Fernstudium hat ausbilden lassen, um ihren Sohn, meinen Enkel eine Schullaufbahn ermöglichen zu können, die er schon zu Beginn im ersten Schuljahr fast aufgegeben hatte - aufgrund der Verhaltensweisen der Erzieherinnen im Kindergarten und dem der beiden Klassenlehrerinnen. Und selbst ihr Bruder, mein Sohn, wirkt nun nach vielen Erkenntnissen wie befreit! Steht dazu, dass er seine legasthenen Schwierigkeiten hatte, aber kein dummer Mensch ist.
Die beiden Lehrkräfte kennen offensichtlich nur das eigene Ziel, sich als forscheste Grundschullehrerinnen in ihrer Schule darzustellen, Ende des zweiten Schuljahres die Klasse schon weit in die Hälfte des dritten Schuljahres mit dem Lehrplan voran gepeitscht zu haben, natürlich ohne legasthene oder Migrationskinder mitzunehmen … Wie solche diskreditierten Kinder selbstbewusst ihren Weg gehen sollen, erleben wir immer wieder an Praktikantinnen, die in der Schule als legasthene Kinder großenteils "verunglimpft" wurden.
Du siehst, mir fällt es nicht so ganz leicht, Deiner Sichtweise einer altersbedingten Vereinsamung zu folgen. Da passe ich so gar nicht rein.
Ich hoffe, ich durfte meinetwegen anders denkend schreiben?
Mit sommerlichen Grüßen von Uschi