Vom Schnupftüchel
Vom Schnupftüchel
Einer Diebstahlsakte aus dem Jahre 1786 verdanken wir den regionalen Bezug zum Schnupfen und seinen Folgen, eben dem Benutzen eines Taschentuchs. In der Akte sind aus einem Diebstahl aufgezeigt: „…ein seiden Tüchel zum Schnoben, ein Schnupftüchel, ein cattunes Schnupftuch, ein weißes Schnupftüchel…“. Es ist der älteste bisher bekannte Beleg des Vorhandenseins eines Taschentuchs in unserer Region.
Viel eher scheint es nicht gerade Mode gewesen zu sein, denn in einer Sittengeschichte um 1700 heißt es „die Benutzung eines Taschentuchs scheint sehr selten gewesen zu sein, denn das gute Benehmen jener Tage erforderte nur, dass man sich bei Tische mit der linken Hand schneuzte, da die rechte zum Essen und zum Begrüßen benutzt wurde.
Bis auf Erasmus von Rotterdam gehen Aussagen zum „Naseputzen“ zurück. Er führte 1613 aus: „Es ist bäuerlich sich in seine Mütze oder in den Ärmel zu schneuzen. Die Anständigkeit erfordert, ein Taschentuch anzuwenden. Sollte man sich aber mit den Fingern schneuzen und dabei etwas zu Boden fallen, so muss man sofort darauf treten!“
Noch um 1850 soll es in der guten Gesellschaft als unfein gegolten haben, sich lautlos auszuschnupfen. Man hatte als Kavalier etwas Distanz zu wahren, jedoch durch „ein nicht zu leises aber auch nicht zu lautes Ausschnupfen“ auf den Grund der diskreten Distanz zu verweisen.
Und über eine Unsitte wurde auch räsoniert. Mit dem Aufkommen der Tischdecken hat mancher Herr oder Gast im Wirtshaus das „Schnupfgeschäft“ gleich damit erledigt. In Erinnerung ist mir auch, dass noch in den 1950er Jahren in der Schule kontrolliert wurde, ob man ein „Schnupftüchel“, sprich Taschentuch, mit hatte. Einer unserer Lehrer legte sogar das Tuch nach Gebrauch für alle sichtbar wieder zusammen.
Sei noch darauf verwiesen, dass sich 1904 in Radeberg ein Verein zum Gebrauch des Schnupftüchels gründen wollte, aber mangels Interesse nicht zu Stande kam. Und heute? Der Gebrauch von Papiertaschentüchern aller Art verdrängt das Stofftaschentuch und eine Nuance gelebter Kulturgeschichte.
haweger
Einer Diebstahlsakte aus dem Jahre 1786 verdanken wir den regionalen Bezug zum Schnupfen und seinen Folgen, eben dem Benutzen eines Taschentuchs. In der Akte sind aus einem Diebstahl aufgezeigt: „…ein seiden Tüchel zum Schnoben, ein Schnupftüchel, ein cattunes Schnupftuch, ein weißes Schnupftüchel…“. Es ist der älteste bisher bekannte Beleg des Vorhandenseins eines Taschentuchs in unserer Region.
Viel eher scheint es nicht gerade Mode gewesen zu sein, denn in einer Sittengeschichte um 1700 heißt es „die Benutzung eines Taschentuchs scheint sehr selten gewesen zu sein, denn das gute Benehmen jener Tage erforderte nur, dass man sich bei Tische mit der linken Hand schneuzte, da die rechte zum Essen und zum Begrüßen benutzt wurde.
Bis auf Erasmus von Rotterdam gehen Aussagen zum „Naseputzen“ zurück. Er führte 1613 aus: „Es ist bäuerlich sich in seine Mütze oder in den Ärmel zu schneuzen. Die Anständigkeit erfordert, ein Taschentuch anzuwenden. Sollte man sich aber mit den Fingern schneuzen und dabei etwas zu Boden fallen, so muss man sofort darauf treten!“
Noch um 1850 soll es in der guten Gesellschaft als unfein gegolten haben, sich lautlos auszuschnupfen. Man hatte als Kavalier etwas Distanz zu wahren, jedoch durch „ein nicht zu leises aber auch nicht zu lautes Ausschnupfen“ auf den Grund der diskreten Distanz zu verweisen.
Und über eine Unsitte wurde auch räsoniert. Mit dem Aufkommen der Tischdecken hat mancher Herr oder Gast im Wirtshaus das „Schnupfgeschäft“ gleich damit erledigt. In Erinnerung ist mir auch, dass noch in den 1950er Jahren in der Schule kontrolliert wurde, ob man ein „Schnupftüchel“, sprich Taschentuch, mit hatte. Einer unserer Lehrer legte sogar das Tuch nach Gebrauch für alle sichtbar wieder zusammen.
Sei noch darauf verwiesen, dass sich 1904 in Radeberg ein Verein zum Gebrauch des Schnupftüchels gründen wollte, aber mangels Interesse nicht zu Stande kam. Und heute? Der Gebrauch von Papiertaschentüchern aller Art verdrängt das Stofftaschentuch und eine Nuance gelebter Kulturgeschichte.
haweger
Kommentare (2)
HeCaro
Du hast hier eine humorvolle und doch informative Abhandlung über einen
notwendigen Gebrauchsgegenstand geschrieben. In meiner Familie wurden,
auch als es die "Tempo" schon gab, stets nur Stofftaschentücher benutzt.
Ich kann die Mengen, die ich in meiner Jugend bügeln musste, gar nicht zählen.
Und zu meinem Leidwesen bekam ich zu jedem Fest bestickte Taschentücher für
die Aussteuer geschenkt. Gott sei Dank, haben sich die Zeiten geändert.
Ich habe Deine Geschichte des Schnupftücherls
mit viel Vergnügen (und a bissel igitt ) gelesen.
Liebe Grüße, Carola
notwendigen Gebrauchsgegenstand geschrieben. In meiner Familie wurden,
auch als es die "Tempo" schon gab, stets nur Stofftaschentücher benutzt.
Ich kann die Mengen, die ich in meiner Jugend bügeln musste, gar nicht zählen.
Und zu meinem Leidwesen bekam ich zu jedem Fest bestickte Taschentücher für
die Aussteuer geschenkt. Gott sei Dank, haben sich die Zeiten geändert.
Ich habe Deine Geschichte des Schnupftücherls
mit viel Vergnügen (und a bissel igitt ) gelesen.
Liebe Grüße, Carola
Es war weis und mit einer Haekelborde aussen herum.
Das legte man in das Gesangsbuch so dass man die Borde sehen konnte.
In dem Handarbeitsunterricht war das umhaekeln von Taschentuecher Pflicht.
Durch Deine Taschentuchgeschichte wurden bei mir Erinnerungen wieder wach.
gruessle
omasigi