Verratene Liebe ~ für alle Krimifans


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Dunkle Wolken verbargen das Antlitz des Mondes, rabenschwarz war die Nacht, kein Stern zeigte sich. Der See lag ruhig. Die Schwüle des Tages war selbst zu dieser späten Stunde nicht weniger geworden, man spürte nicht einmal ein winziges Lüftchen.
Harald konnte kaum atmen, sein Kreislauf machte ihm zu schaffen und außerdem war da noch die Angst, welche ihm die Kehle zuschnürte, als er ein großes Bündel in das Wasser warf. Das Paket ging sofort unter und das lag an den dicken Steinen, der Zugabe zum eigentlichen Inhalt. Sich den Schweiß von der Stirn wischend blickte Harald sich verstohlen um, hoffentlich hatte ihn niemand beobachtet.
Wie konnte es nur so weit kommen, was brachte ihn in diese Situation? Sein Blick wurde leer.

Obwohl sich seine Ehefrau schon ein halbes Jahr mit seinem besten Freund vergnügte, ahnte Harald von all dem nichts. Die verratene Liebe, dieses Verhältnis, wäre wohl auch weiterhin noch unentdeckt geblieben, hätte ein Zufall nicht alles enthüllt.
„Das Leben besitzt nun mal seine eigenen Spielregeln“ und deswegen kam Harald den Ehebrechern auf die Schliche.
Vor ein paar Tagen begann die Ernüchterung und das Dilemma.
Harald fühlte sich unwohl, eine Magenverstimmung machte ihm zu schaffen und früher als gewohnt verließ er seine Arbeitsstelle. Daheim angekommen, sah er etwas, was er sich wohl niemals erhoffte zu sehen. Seine Frau und sein bester Freund befanden sich, in eindeutiger Haltung, auf dem Sofa im Wohnzimmer. Die beiden waren so sehr mit sich beschäftigt, dass sie seine Anwesenheit nicht einmal bemerkten.
Harald blickte ungläubig auf die Szene, sein „Hallo Schatz“ blieb ihm im Hals stecken. Seinem Entsetzen folgte eine Eiseskälte, so dass sein Denken zu erfrieren schien, er konnte nur wortlos starren und schließlich wandte er sich angewidert ab. Soeben war für ihn eine Welt zusammengebrochen, er kam sich vor, als hätte ihm jemand das Herz aus der Brust gerissen. Wie ein geprügelter Hund schlich er aus dem Haus und an der nächsten Ecke übergab er sich. Sein Magen erholte sich zwar bald wieder, aber nicht sein Gemüt, ziellos irrte er durch die Stadt und konnte keinen klaren Gedanken fassen.
Nach einiger Zeit kehrte Harald in einer Kneipe ein und ließ sich volllaufen und je mehr er trank, umso schlimmer wurde seine Wut. In ihm keimte ein Plan, den er bald schon in die Tat umsetzen wollte.

Heute nun, bevor Harald zu dem besagten See kam, befriedigte er seinen aufgestauten Zorn. Eigentlich befand er sich auf Geschäftsreise, doch heimlich war er gegen Abend in seine Heimatstadt zurückgekommen. Da er nicht erkannt werden wollte, trug er eine Perücke und einen falschen Bart und war mit einem Leihwagen unterwegs.
Harald parkte in der Nähe seines Hauses, kauerte sich tief in den Autositz und wartete. Die Zeit kroch voran, er schwitzte und fror zugleich, aber er bewegte sich nicht und zwang sich zur Ruhe.
Nachdem alle Lichter in seinem Haus erloschen waren, blieb er noch eine ganze Weile im Wagen sitzen und verließ ihn auch erst in dem Augenblick, als kein Mensch mehr auf der Straße zu sehen war. Das Bewegen der Fahrertür geschah lautlos. Sich duckend und sich immer wieder umschauend schlich Harald zu seinem Hauseingang. Er schob den Schlüssel ins Schloß und öffnete leise die Tür. Sofort begab er sich ins Schlafzimmer. Da lag sie, seine Frau, die Betrügerin.
Harald war nicht in der Lage seine Wut zu zügeln, wollte das auch gar nicht mehr und stürzte sich auf die Schlafende. Augenblicklich drückte er ihr, mit seiner ganzen Kraft, die Kehle zu. Wild um sich schlagend erwachte seine Frau, aber wehren konnte sie sich nicht gegen ihn. Bis ihr Zappeln verebbte, ihre Augen glanzlos wurden, schaute sie ihn ungläubig an. Diesen fassungslosen Ausdruck in ihrem Blick würde er wohl so schnell nicht vergessen können.
Tot, dann war sie tot.
Nun hieß es, den Leichnam verschwinden zu lassen. Harald agierte wie in Trance, wickelte seine leblose Frau in ein Bettlaken ein und ließ sie auf den Boden gleiten. Das Bett richtete er so wieder her, als wäre es von ihr nicht benutzt worden, anschließend verließ er den Raum, warf noch einen Blick in die anderen Bereiche des Hauses und kam wieder zurück ins Schlafzimmer. Langsam wurde er sich der Tragweite seines Handelns bewußt und bekam beim Anblick des verpackten Körpers eine Gänsehaut.
Was blieb ihm jetzt noch übrig? Er mußte vollenden, was er begonnen hatte.
Harald schulterte die Leiche und ging ächzend zur Haustür, diese öffnete er aber nur einen spaltbreit und spähte vorsichtig hinaus. Die Luft war rein, kein Mensch war zu sehen.
Mit der Angst im Nacken, dass man sein Tun entdecken könnte, kam ihm der Weg bis zum Auto endlos vor. Das Bündel, seine tote Frau, packte er schnell in den Kofferraum des Wagens und dort lag sie jetzt bei einigen Ziegelsteinen, welche er vorher auf einer Baustelle entwendet hatte.

Unendliche Stille, Harald stand völlig regungslos am Ufer des Sees und starrte auf die Oberfläche. Das Bündel, mit den Steinen beschwert, war längst verschwunden. Nur langsam kehrte sein Denken zurück und so dauerte es noch eine kleine Weile, bis er sich dazu fähig fühlte, diesen Ort zu verlassen.
Die Informationen, welche er sich über den See eingeholt hatte, zeichneten jenen als eine gute Begräbnisstätte für seine Frau aus, denn dadurch, dass dieses Gewässer wenig besucht wurde und das Angeln strikt verboten war, konnte sie hier bis in alle Ewigkeit liegen. Es müßte schon an ein Wunder grenzen, dass irgendwer ihre Überreste im Wasser entdecken würde.
Mit diesen Gedanken wandte Harald sich ab, setzte sich in den Leihwagen und fuhr los. Nun mußte er nur noch unbemerkt in sein Hotel zurück. Wenn er anschließend von seiner Geschäftsreise heimkehren würde, wollte er seine Frau als vermißt melden. Den verzweifelten Ehemann zu spielen, das würde ihm bestimmt nicht schwerfallen, denn dafür brauchte er sich nicht viel zu verändern, verzweifelt war er vorher schon gewesen.
Haralds Weg führte ihn noch ein ganzes Stück am See entlang. Da er in seinen Gedanken tief versunken war, bemerkte er viel zu spät, dass mitten auf der Straße ein Reh stand. Im letzten Moment riß er das Steuer herum, verlor aber die Kontrolle über das Fahrzeug und der Wagen stürzte die abschüssige Böschung hinab. Mit einem lauten Platsch landete er im Wasser und ging ziemlich rasch unter.
Harald wurde panisch, er versuchte mit aller Kraft die Autotür zu öffnen, aber da rührte sich nichts, sie ließ sich nicht aufmachen.

An dieser Stelle war der See ziemlich tief, das eisige Nass strömte ins Fahrzeug und raubte Harald den Atem, er ertrank. An der Oberfläche sah man nur noch ein paar Luftblasen aufsteigen, danach lag der See wieder blank, wie ein Spiegel.
Der Tod nimmt nicht nur, er kann auch wieder vereinen, die Leichen von Harald und seiner Frau wurden bis heute nicht gefunden.

Wie gesagt, das Leben besitzt meistens eigene Spielregeln, genau genommen sind wir doch nur Statisten, die ein wenig an der Kurbel drehen können... .


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( aus dem Buch "Phantasiewege" Urheberrecht Uschi Pohl 03.05.2003 - überarbeitet 24.06.2016 )

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Kommentare (2)

uschipohl Wer anderen eine Grube gräbt
ist meistens ein Bauarbeiter ...

Wie sagt man so schön, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt
wer weiß schon so genau, wer da seine Finger mit im Spiel hatte

es freut mich außerordentlich, dass du meinen kleinen Krimi genossen hast
bedanke mich für deine Zeilen
herzliche Grüße
uschi
werderanerin fällt selbst hinein"..., sagt ein Sprichwort und deine Geschichte zeigt, dass tiefe Enttäuschtheit einen Menschen Dinge machen läßt, die er unter "normalen" Umständen ganz sicher niemals hätte machen können.

Fast hätte Harald es auch geschafft, sein "kleines Geheimnis" im See zu versenken, wäre da nicht ein Moment der Gedankenlosigkeit gewesen...
Nun ist er dort, wo er eigentlich nur seine untreue Frau hinschicken wollte...im See!

So spielt das Leben manchmal - "große Sünden bestraft Gott halt sofort" !!!

Kristine

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