Unsere Gärten und wir!
Unsere Gärten sind nicht umweltfreundlich, jedenfalls in der Regel nicht. Ich möchte deshalb gern moralisch unfreundlich werden - wem das nicht passt, der darf gern weiterblättern.
Da gibt es nun unzählige Anzeigen und Vorschläge zu kindersicheren Gärten, Gartentipps von den Landwirtschaftskammern und Umwelttipps von diversen Organisationen. Vor einiger Zeit las ich eine Pressemitteilung über die Vermeidung von Lärmemissionen.
Na ja, hab ich mir gedacht, eigentlich möchtest Du nur über den Garten schreiben. Und überhaupt: Wenn ich nun hier über das Rasenmähen am Sonnabendmittag schreibe, könnten meine Nachbarn sich angesprochen fühlen, also leg ich das mal lieber erst auf die Seite.
Ich gehöre jetzt seit Neuestem zu den Glücklichen, die schon durchgeimpft sind, ich darf mich also wieder ins Einkaufsgetümmel stürzen. Was ich nun aber auf der Fahrt zum Gartenmarkt sah, brachte mich doch auf andere Gedanken zu einem anderen Thema!
Es gehört nun ja schon zum normalen Alltagsbild, dass in irgendeinem Vorgarten jemand seine Auffahrt mit irgendwelchen Mittelchen vom „Unkraut“ befreit. Die Diskussion, wie illegal der Gebrauch dieser Herbizide auf versiegelten Flächen ist, und immer gern damit kokettiert wird, dass „man jemanden kennt, der noch was besorgen kann“ und dass auch Streusalz oder Essig genauso schädlich für die Umwelt sind, ist sicher in ganz Deutschland bekannt.
Auch die steigende Zahl von „pflegeleichten“, weil mit Steinen versiegelten Vorgärten fällt mir immer mehr auf meinem Weg von zu Hause in die Ortsmitte vermehrt ins Auge. Dazu, während der Brutzeit, eifrige Freizeitgärtner, die Büsche und Sträucher in akkurate, geometrische Formen verwandeln und sich auch vom Anblick eines für ungestörten Zugriff durch Raubvögel freigeschnittenen Singvogelgeleges nicht von ihrem Tun abbringen lassen. Es muss sein, was sein muss!
Eigentlich ist mir der Spaß am Einkaufsbummel schon vergangen, aber das Einkaufsleben geht ja noch weiter, ob ich es nun möchte oder nicht.
In den diversen Reihen der Regale leuchtet mir das bunte Leben entgegen. Da wird beim Kauf eines Bierkastens der Regenwald gerettet und jede dritte Plastikverpackung hat irgendwo noch Samen für drei Quadratmeter bunte Blumenwiese aufwändig verschweißt. Ja, man tut doch etwas für die Natur! Egal, Hauptsache, man hat wieder mal etwas für die Bienen getan, nicht wahr?
Persönlich stelle ich mir an diesem Punkt die Frage, wie wichtig jedem einzelnen von uns eine intakte, funktionierende Umwelt eigentlich ist?
Reicht die Alibi–Ansaat von drei Quadratmeter Blumenmischung aus der Nuss-Nougat-Creme als Ausgleich für das Anreichern von Oberflächenwasser mit Herbiziden?
Oder die, hoffentlich unbeabsichtigte, Beihilfe zum Tod von vielen Vogelbruten durch unbedachtes, zu frühes Schneiden von Hecken und Sträuchern? Muss man seine guten, alten Gartengeräte mit Verbrennungsmotor jetzt gegen akkubetriebene Flüstergeräte austauschen, um dem Nachbarn nicht mehr akustisch auf die Nerven zu fallen, wenn man morgens um 7 Uhr beginnt, Lebensräume von Insekten, Vögeln und Kleinsäugern zu vernichten?
Dem Igel ist es völlig gleich, ob er durch einen umweltfreundlichen, leisen Mäher beinamputiert wurde, nicht wahr? Fragt Mutter Amsel, Frau Meise oder Tante Rotkehlchen beim Anblick des freigelegten und von Elster und Co. ausgeräumten Geleges danach, ob die Heckenschere benzinbetrieben oder elektrisch angetrieben war?
Ich komme jetzt mal auf den Punkt: Solange wir Umweltschutz nur mitmachen, weil es gerade aktuell und politisch korrekt ist, wir aber bei der kleinsten Abweichung unserer eigenen Lieblingszone durch Grün auf der Auffahrt oder Gänseblümchen im Rasen der Natur den Krieg erklären, werden uns alle Lippenbekenntnisse nicht viel bringen.
Jetzt regen wir uns über eine Erhöhung des Literpreises für Kraftstoffe um 16 Cent pro Liter auf. Unser Fahrverhalten, und damit unser Einfluss auf den Ausstoß von Schadstoffen in die Umwelt, werden wir aber nicht ändern. Schuld ist immer die Politik, nie wir selbst, die wir mit unserem Handeln eigentlich am ehesten für eine Änderung in eine bessere Richtung für die Natur sorgen könnten.
Ganz ehrlich: Es gab mal eine Zeit, da war ich auch eher so eingestellt, dass ich es am wichtigsten hielt, dass es mir gut geht und mein Garten vor den Augen der Passanten besteht! Heute jedoch freue ich mich am Insektengesumme in den Staudenbeeten und dem Gezwitscher der verschiedenen Vögel in den vielen ungeschnittenen Hecken und Büschen. Und auch der Igel fühlt sich sichtbar wohl, wenn er mir die Schnecken aus dem Garten vertilgt.
Schade, dass es für das Umdenken bei mir erst die allgemeine Lage auf unserem Globus und den damit verbundenen negativen kompletten Umbruch des Alltags brauchte. Es ist traurig, aber zum Umdenken lieber Leser, ist es nie zu spät! Denk auch Du mal darüber nach, wie Du in Deinem Umfeld dafür sorgen kannst, dass wir wieder ein Stückchen des Normalzustands unserer Erde - auch im eigenen Bereich - wieder herstellen können!
h.c.g.lux
Kommentare (4)
Lieber Pan, dein so deutlicher und – ich unterstreiche – unbedingt richtiger und vor allem überaus notwendiger Appell an die bereits unrettbar in totale Dekadenz versunkenen „Vorgartendesigner“ wird wohl auf unfruchtbaren Boden fallen, denn das Korn dieser Botschaft kann auf moosfreiem chemiegetränktem Boden und auf den Kunststein-versiegelten Garagenzufahrten keine Wurzeln schlagen. So also bewahrheitet sich hier auf fatale Weise das altbekannte Wort „Edel geht die Welt zugrunde!“ Der Batterie-betriebene Mähroboter sorgt von früh bis spät für einen exakt gedrimmten Rasenschnitt auf 2 cm Halmhöhe und schreddert dabei gleich alles Kleingetier, das sich ihm in den Weg stellt. Herr Häuslebesitzer Müller ist ohnehin der Ansicht, dass Igel, Schnecken, Nistkästen, Hecken, Blumenstauden und Laub in den Nachbargarten von Herrn Meier gehören, aber in seinem hochglanzlackierten Anwesen nichts zu suchen haben. Und im übernächsten Anwesen hat Herr Schulze ja ohnehin alles derart verwildern lassen, dass sich dort ein wahres Paradies für Insekten, Schnecken, Igel, Wühlmäuse und überhaupt für das ganze Ungetier befindet. Also soll sich Natur doch dort abspielen, aber nicht in Herrn Müllers Designer-Vorzeigegelände. Noch Fragen…?
Lieber Pan, diese „moderne“ Welt erstickt am giftigen Dunst der Moderne und ich befürchte, der Point of no return ist längst überschritten. Leider…
...sagt mit großer Nachdenklichkeit
Syrdal
@Syrdal
Ja, mit großer Traurigkeit sehe ich, dass Dein Kommentar eindeutig auf dem gleichen Weg läuft, wie mein Beitrag! Schade, ich hätte gedacht, dass ich mich vielleicht getäuscht hätte?
Aber nein.- kannst Du mir nicht einmal sagen, dass ich falsch liege?
Oh Syrdal, wir werden es nicht ändern, aber immerhin dürfen wir sagen: Wir haben das nicht mitgemacht!
Mit trotzdem fröhlichem Gruß an unsere Natur -
Horst
Ich persönlich bin zwar kein Freund von Wildblumengärten, aber ich verwende überhaupt kein Gift im Garten, auch kein Essig und kein Salz. Bei uns wird alles per Hand rausgezupft, abgeschnitten und mit dem Rechen zusammengeharkt. Das einzig Elektrische ist der Rasenmäher. Da wir aber auch keinen englischen Rasen haben, machen sich auch Gänseblümchen auf ihm breit, die wir stehenlassen. An unserer etwa 40 Meter langen Böschung darf es wachsen wie es möchte. Da greifen wir selten ein, nur Abgestorbenes wird entfernt (aber meistens nicht sofort😆). Wir düngen auch nicht mit Kunstdünger, nur der eigene Kompost wird verwertet. Die Sommerblumen dünge ich mit selbstangesetzter Brennesseljauche.
Ich plane manchmal auch Gärten für die Familie oder Freunde, lehne aber Schotterbeete ab.
Ich mache mir schon viel Gedanken für eine bessere Umwelt und ein besseres Miteinander.
Einen lieben Gruß von
Jutta