„Wann ist Badewetter?“
„Wann ist Badewetter?“
Als sich Radebergs Polizei um das Baden kümmern musste
Eine der kuriosesten Alltagsgeschichten, die bis zur Errichtung des Stadtbades 1913 in Radeberg allgegenwärtig war, war die des „Badens in der Öffentlichkeit“. Das Ganze spielt mindestens seit etwa 1830 in der öffentlichen Wahrnehmung eine immer größere Rolle. Am Markantesten am Anfang waren dabei die „Stephansjünger“ (und natürlich Mädchen), die von 1836 bis 1841 ihr „Unwesen“ zwischen Lotzdorf und Liegau trieben. Hauptgegenstand in den Sommermonaten waren „Nacktkulte“ an der Röder, durch den Pfarrer Stephan , der aus Dresden ausgewiesen war, christlich verbrämt. Die ganze Sekte wanderte dann nach Amerika aus. Doch schon mit dem Aufkommen des Turnens und der Revolution von 1848 ging es wieder um das Baden in „freier Natur“.
Es war zwar offiziell und manchmal je nach Neigung der Geistlichkeit in Radebergs Kirche zu hören, „dass das Baden die Wollust des Körpers fördere“, Baden wurde sogar als eine der „acht Torheiten der Menschheit“ angeprangert, jedoch gingen die einfachen Menschen vor allem bei großer Hitze einfach in die Röder baden. Die Stadtobrigkeit sollte Möglichkeiten zum Baden schaffen, immer wieder trat diese Forderung auf, denn das „Zuschauen (!) beim Baden schaffe sittliche Erregung bis hin zur Entrüstung“, schrieb Bürgermeister Dr. Kuntzsch an die Kreisbehörde. Die Zeit verging, Jahre um Jahre wurde nichts getan. Dennoch gingen die Leute in die Röder. „Angezogen, halb kleiderbloß und gäntzlich im Naturkostüm“, wie in einem Polizeibericht von 1883 zu lesen ist. Und als man ein Resümee des Jahres zog ist zu lesen: „In Sachen öffentliches Baden als Communalangelegenheit – Fehlanzeige!“ So sang man 1884 zur Fastnacht sogar ein Spottlied auf die Radeberger Obrigkeit. Im Refrain hier es dazu: „Nun döst nur weiter vor Euch hin, die Beene steh‘n schon im Wasser drin!“ Tatsächlich wurde sogar im Stadtrat und in der Polizeiexpertise gefragt „Wann ist Badewetter?“ Gendarm Barden erbot sich, dass ab April seine Frau beim Aufkommen der Sonne am Morgen, ein Stück Wäsche aufhängen könnte. „Wenn es nach fünfzehn Minuten trocken sei, ist Badewetter!“ Ob es tatsächlich als Handlungsrichtlinie genutzt wurde, ist nicht bekannt.
Im sehr warmen, aber auch trockenen Jahr 1904 kulminierte das Ganze. Radeberg erließ erstmals eine „Jahresbadeordnung für das Flussbaden“ im städtischen Bereich. Badestätten waren im Hüttertal, an der Kleinwolmsdorfer Straße und zwischen den Brücken der heutigen Dr.- Albert- Dietze-Straße und der Dresdener Straße. An letzterer Badestelle waren sogar ein Badehaus und eine Bretterumzäunung „damit beim Umkleiden die Sittlichkeit gewahrt wurde“. Radebergs Gendarmerie hatte „Gaffer bei Strafe von den Brücken zu weisen!“ Das Baden war 8 bis 20.30 Uhr erlaubt und geschlechtlich getrennt. Es kostete 5 Pfennig je Bad. Bei Benutzung des Badehauses zum An- und Auskleiden waren 10 Pfennig zu zahlen. „Von 4 Uhr nachmittags bis 8 Uhr nachmittags ist die Benutzung des unbedeckten Baderaumes zum An- und Auskleiden unentgeltlich gestattet. Den Anweisungen des Bademeisters ist Folge zu leisten!“ Die Polizeiakte über „Badeverstöße“ jenes Jahres soll über 2700 Verfehlungen aufgelistet haben. Das brachte der Stadtkasse eigentlich über 3000 Mark Bußgelder ein, doch am 30. April 1905 wurden 942 Bußgelder als „uneinbringlich“ charakterisiert.
Und schon damals wurde über die Aufsichtsbehörde gewitzelt. Etwa in jener Art wie „Hier ist Baden verboten!“, gebot der Gendarm mit starker Stimme. „Warum haben sie das denn nicht gleich gesagt, bevor ich mich ausgezogen habe;“ stellt etwas empört die badewillige Dame fest. „Aus – und Umziehen ist hier nicht verboten!“
haweger
Als sich Radebergs Polizei um das Baden kümmern musste
Eine der kuriosesten Alltagsgeschichten, die bis zur Errichtung des Stadtbades 1913 in Radeberg allgegenwärtig war, war die des „Badens in der Öffentlichkeit“. Das Ganze spielt mindestens seit etwa 1830 in der öffentlichen Wahrnehmung eine immer größere Rolle. Am Markantesten am Anfang waren dabei die „Stephansjünger“ (und natürlich Mädchen), die von 1836 bis 1841 ihr „Unwesen“ zwischen Lotzdorf und Liegau trieben. Hauptgegenstand in den Sommermonaten waren „Nacktkulte“ an der Röder, durch den Pfarrer Stephan , der aus Dresden ausgewiesen war, christlich verbrämt. Die ganze Sekte wanderte dann nach Amerika aus. Doch schon mit dem Aufkommen des Turnens und der Revolution von 1848 ging es wieder um das Baden in „freier Natur“.
Es war zwar offiziell und manchmal je nach Neigung der Geistlichkeit in Radebergs Kirche zu hören, „dass das Baden die Wollust des Körpers fördere“, Baden wurde sogar als eine der „acht Torheiten der Menschheit“ angeprangert, jedoch gingen die einfachen Menschen vor allem bei großer Hitze einfach in die Röder baden. Die Stadtobrigkeit sollte Möglichkeiten zum Baden schaffen, immer wieder trat diese Forderung auf, denn das „Zuschauen (!) beim Baden schaffe sittliche Erregung bis hin zur Entrüstung“, schrieb Bürgermeister Dr. Kuntzsch an die Kreisbehörde. Die Zeit verging, Jahre um Jahre wurde nichts getan. Dennoch gingen die Leute in die Röder. „Angezogen, halb kleiderbloß und gäntzlich im Naturkostüm“, wie in einem Polizeibericht von 1883 zu lesen ist. Und als man ein Resümee des Jahres zog ist zu lesen: „In Sachen öffentliches Baden als Communalangelegenheit – Fehlanzeige!“ So sang man 1884 zur Fastnacht sogar ein Spottlied auf die Radeberger Obrigkeit. Im Refrain hier es dazu: „Nun döst nur weiter vor Euch hin, die Beene steh‘n schon im Wasser drin!“ Tatsächlich wurde sogar im Stadtrat und in der Polizeiexpertise gefragt „Wann ist Badewetter?“ Gendarm Barden erbot sich, dass ab April seine Frau beim Aufkommen der Sonne am Morgen, ein Stück Wäsche aufhängen könnte. „Wenn es nach fünfzehn Minuten trocken sei, ist Badewetter!“ Ob es tatsächlich als Handlungsrichtlinie genutzt wurde, ist nicht bekannt.
Im sehr warmen, aber auch trockenen Jahr 1904 kulminierte das Ganze. Radeberg erließ erstmals eine „Jahresbadeordnung für das Flussbaden“ im städtischen Bereich. Badestätten waren im Hüttertal, an der Kleinwolmsdorfer Straße und zwischen den Brücken der heutigen Dr.- Albert- Dietze-Straße und der Dresdener Straße. An letzterer Badestelle waren sogar ein Badehaus und eine Bretterumzäunung „damit beim Umkleiden die Sittlichkeit gewahrt wurde“. Radebergs Gendarmerie hatte „Gaffer bei Strafe von den Brücken zu weisen!“ Das Baden war 8 bis 20.30 Uhr erlaubt und geschlechtlich getrennt. Es kostete 5 Pfennig je Bad. Bei Benutzung des Badehauses zum An- und Auskleiden waren 10 Pfennig zu zahlen. „Von 4 Uhr nachmittags bis 8 Uhr nachmittags ist die Benutzung des unbedeckten Baderaumes zum An- und Auskleiden unentgeltlich gestattet. Den Anweisungen des Bademeisters ist Folge zu leisten!“ Die Polizeiakte über „Badeverstöße“ jenes Jahres soll über 2700 Verfehlungen aufgelistet haben. Das brachte der Stadtkasse eigentlich über 3000 Mark Bußgelder ein, doch am 30. April 1905 wurden 942 Bußgelder als „uneinbringlich“ charakterisiert.
Und schon damals wurde über die Aufsichtsbehörde gewitzelt. Etwa in jener Art wie „Hier ist Baden verboten!“, gebot der Gendarm mit starker Stimme. „Warum haben sie das denn nicht gleich gesagt, bevor ich mich ausgezogen habe;“ stellt etwas empört die badewillige Dame fest. „Aus – und Umziehen ist hier nicht verboten!“
haweger
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