„Und plötzlich fiel Don Juan“
„Und plötzlich fiel Don Juan“
Eine Radeberger Variante der Mozartoper „Don Giovanni“
Radeberg erlebte in den Jahren von 1872 bis 1914 im Grunde genommen eine wahre Flut von Theater-, Oper- und Operettenaufführungen. Die meisten von ihnen waren offensichtlich gut gelungen und begeisterten das zunehmend wachsende Publikum aus Einwohnern und Gästen. Ob im „Schützenhaus“, dem „Roß“, im Rathaussaal, im „Albertsalon“ oder im „Deutschen Haus“, überall wurde teilweise Überraschendes geboten. Selbst in den Glashüttenrestaurants führte man Operetten oder Theaterstücke auf. Oft waren es Gäste aus dem nahen Dresden, Schauspieler der zweiten oder dritten Reihe, oder aus Leipzig, Roßwein, Nossen oder Chemnitz.
Zu einem ungewöhnlichen Auftritt kam es 1892 im „Schützenhaus“ als der Theaterdirektor Dr. von Ganshagen mit seinem Ensemble. bestehend aus sechs Männern und einer Frau, seine Visitenkarte abgab. Er hatte ungewöhnliches Theater angekündigt. Wahrscheinlich nahm er an, in einem Städtchen wie Radeberg kann man alles anbieten. Die Theaterabende mit den Titeln „Der Wüstling“, „Fischers Frau singt Oper“ oder „Der lachende Direktor“ waren Flops, wie sie Radeberg bis dahin noch nicht erlebt hatte. Es lag nicht am Wetter, dass fast niemand kam. Die angeheuerten Musiker probten schon den Aufstand, sodass von Ganshagen bei der Stadt erwirkte, „Singeabende mit anschließendem Ball“ bieten zu dürfen. Jetzt kamen wegen der zusätzlichen Tanzmöglichkeit wenigstens genügend Gäste, damit er die Kapelle bezahlen konnte.
Doch er wollte höher hinaus und den großen Erfolg. Plötzlich erschienen Ankündigungen, die von der Mozartoper „Don Juan“ sprachen. Das war künstlerisch durchaus möglich, wenngleich der Originaltitel des großen Mozartschen Werkes eigentlich lautete: „Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni“. Jedenfalls hatte sich von Ganshagen an den seit dem 17. Jahrhundert in Europa bekannten Don Juan-Stoff gewagt. Mozart in Radeberg, das ging bei entsprechender Werbung. Innerhalb von drei Tagen war der Abend ausverkauft. Und was bekamen die Radeberger zu sehen bzw. zu hören?
Mit froher Mine sah der Direktor das brechend volle Haus und so ließ er beginnen. Der Saal wurde ziemlich verdunkelt, die nicht nach dem Original besetzte Kapelle spielte die Ouvertüre. Musikinteressierten waren die Weisen bekannt und es gab schon zu Beginn starken Applaus. Das veranlasste von Ganshagen die Ouvertüre nochmals wiederholen zu lassen. Eigene Melodien flossen darin ein. Das ließ man geschehen und nun harrte man dem Kommenden. Auf der Bühne herrschte gespenstische Dunkelheit. Ein weißumhüllter Don Juan, von dem nur die Nasenspitze zu sehen war, trat auf, dazu als Widerpart Donna Anna. Schnell, um nicht zu sagen hastig, wurden die ersten Szenen geboten. Sogleich erschien der Komtur auf der Bühne und focht mit Don Juan mit dem Degen. Das Publikum, noch unschlüssig über das Gesehene, sah schon nach zwei Minuten Don Juan wanken und zu Boden sinken. Der Komtur focht im gespielten Eifer noch ins Leere. Bevor das Publikum zu Reaktionen fähig war, fiel der Vorhang.
Von Ganshagen trat nach einer durchaus gekonnt inszenierten Pause mit schmerzlicher Totengräbermiene vor den Vorhang und verkündete, dass sich der italienische Gast bei dem Gefecht so schwer verletzt habe, dass er nicht weiterspielen könne. „Wir sind leider durch diese Tatsache gezwungen, die weitere Vorstellung abzusetzen und werden nach einer Umbaupause mit dem Lustspiel -Der Wüstling- fortsetzen“. Es wurde gemurrt und mancher schimpfte. Doch da es danach auch Tanz gab, waren die meisten zufrieden. Mit voller Kasse beendete das Ensemble am nächsten Tag das Gastspiel und wurde nie wieder in Radeberg gesehen.
haweger
Eine Radeberger Variante der Mozartoper „Don Giovanni“
Radeberg erlebte in den Jahren von 1872 bis 1914 im Grunde genommen eine wahre Flut von Theater-, Oper- und Operettenaufführungen. Die meisten von ihnen waren offensichtlich gut gelungen und begeisterten das zunehmend wachsende Publikum aus Einwohnern und Gästen. Ob im „Schützenhaus“, dem „Roß“, im Rathaussaal, im „Albertsalon“ oder im „Deutschen Haus“, überall wurde teilweise Überraschendes geboten. Selbst in den Glashüttenrestaurants führte man Operetten oder Theaterstücke auf. Oft waren es Gäste aus dem nahen Dresden, Schauspieler der zweiten oder dritten Reihe, oder aus Leipzig, Roßwein, Nossen oder Chemnitz.
Zu einem ungewöhnlichen Auftritt kam es 1892 im „Schützenhaus“ als der Theaterdirektor Dr. von Ganshagen mit seinem Ensemble. bestehend aus sechs Männern und einer Frau, seine Visitenkarte abgab. Er hatte ungewöhnliches Theater angekündigt. Wahrscheinlich nahm er an, in einem Städtchen wie Radeberg kann man alles anbieten. Die Theaterabende mit den Titeln „Der Wüstling“, „Fischers Frau singt Oper“ oder „Der lachende Direktor“ waren Flops, wie sie Radeberg bis dahin noch nicht erlebt hatte. Es lag nicht am Wetter, dass fast niemand kam. Die angeheuerten Musiker probten schon den Aufstand, sodass von Ganshagen bei der Stadt erwirkte, „Singeabende mit anschließendem Ball“ bieten zu dürfen. Jetzt kamen wegen der zusätzlichen Tanzmöglichkeit wenigstens genügend Gäste, damit er die Kapelle bezahlen konnte.
Doch er wollte höher hinaus und den großen Erfolg. Plötzlich erschienen Ankündigungen, die von der Mozartoper „Don Juan“ sprachen. Das war künstlerisch durchaus möglich, wenngleich der Originaltitel des großen Mozartschen Werkes eigentlich lautete: „Der bestrafte Wüstling oder Don Giovanni“. Jedenfalls hatte sich von Ganshagen an den seit dem 17. Jahrhundert in Europa bekannten Don Juan-Stoff gewagt. Mozart in Radeberg, das ging bei entsprechender Werbung. Innerhalb von drei Tagen war der Abend ausverkauft. Und was bekamen die Radeberger zu sehen bzw. zu hören?
Mit froher Mine sah der Direktor das brechend volle Haus und so ließ er beginnen. Der Saal wurde ziemlich verdunkelt, die nicht nach dem Original besetzte Kapelle spielte die Ouvertüre. Musikinteressierten waren die Weisen bekannt und es gab schon zu Beginn starken Applaus. Das veranlasste von Ganshagen die Ouvertüre nochmals wiederholen zu lassen. Eigene Melodien flossen darin ein. Das ließ man geschehen und nun harrte man dem Kommenden. Auf der Bühne herrschte gespenstische Dunkelheit. Ein weißumhüllter Don Juan, von dem nur die Nasenspitze zu sehen war, trat auf, dazu als Widerpart Donna Anna. Schnell, um nicht zu sagen hastig, wurden die ersten Szenen geboten. Sogleich erschien der Komtur auf der Bühne und focht mit Don Juan mit dem Degen. Das Publikum, noch unschlüssig über das Gesehene, sah schon nach zwei Minuten Don Juan wanken und zu Boden sinken. Der Komtur focht im gespielten Eifer noch ins Leere. Bevor das Publikum zu Reaktionen fähig war, fiel der Vorhang.
Von Ganshagen trat nach einer durchaus gekonnt inszenierten Pause mit schmerzlicher Totengräbermiene vor den Vorhang und verkündete, dass sich der italienische Gast bei dem Gefecht so schwer verletzt habe, dass er nicht weiterspielen könne. „Wir sind leider durch diese Tatsache gezwungen, die weitere Vorstellung abzusetzen und werden nach einer Umbaupause mit dem Lustspiel -Der Wüstling- fortsetzen“. Es wurde gemurrt und mancher schimpfte. Doch da es danach auch Tanz gab, waren die meisten zufrieden. Mit voller Kasse beendete das Ensemble am nächsten Tag das Gastspiel und wurde nie wieder in Radeberg gesehen.
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