„Nicht das vielfach annoncirte geringe Schundconfect“


Über eine Weihnachtsmode vor 125 Jahren

Im Radeberger Land gab es mit dem Aufkommen der industriellen Massenproduktion auch im Bereich des Schmückens eines Weihnachtsbaumes eine Mode, die sich im Anhängen von Christbaum-Konfekt an den Baum äußerste. Kam das Aufstellen eines Christbaums zwischen 1806 und 1850 in unserer Gegend zur vollen Geltung, ist das Schmücken des Baumes mit Konfekt aller Art seit etwa 1880 üblich gewesen und erreichte in den Jahren 1890 bis etwa 1913 seinen Höhepunkt. Ein typischer sächsischer Satz damaliger Zeit war: „E Boom ohne Fresserei is kee Boom!“

Und so konnte ich im Vorweihnachtsmilieu vor 125 Jahren den Satz finden: „Nicht das vielfach annoncirte geringe Schundconfect“ sollte man kaufen, sondern nur die echten Waren. Kein Wunder, war doch das nahe Dresden, die Spitze der deutschen Süßwarenindustrie. Was ja übrigens noch 1989 so war, denn 80 % der in Dresden erzeugten Marzipankartoffeln gingen in die BRD um Devisen einzuspielen.

Das mit dem „Schundconfect“ hatte 1891 seine Berechtigung. Waren es doch seit den Novembermärkten Händler aus Galizien und Böhmen, die zu billigsten Preisen bis zu 500 Einzelfiguren in Zuckerguss anboten. Dabei ging es ja noch verhältnismäßig reell zu, man konnte sich ja beim Kauf von der Qualität überzeugen. Ganz anders die einsetzende Annoncentätigkeit seit den Septembertagen. Man versprach fast alles und erhielt oft nach Vorkasse wirklichen Schund oder manchmal gar nichts. Das Geld war natürlich fort. Und so annonciert Dresdens Fabrikant Paul Dietze: „Billig! Reell! – Nur besseres, gesundes, wohlschmeckendes Christbaum – Confect (nicht das vielfach annoncirte geringe Schundconfect); versende Kisten mit ca. 300 Stück große und kleine Kisten mit ca. 500 Stück guter Zucker-, Chocolade-, Liquer – und Marzipansachen als: reizende Früchte, Blumen, Thiere, Soldaten, 5-Pfennig-Engel, 10-Pfennig- Rupprechte, gestiefelte Kater usw. in nur neuesten Mustern, schön gemischt, für nur 2.80 Mark, zwei Kisten 5,30 Mark, 3 Kisten 7.80 Mark gegen Nachnahme, stets frisch ab Fabrik.
Man konnte also auch Figuren als Esswaren erhalten, wie es in der Lebkuchenindustrie schön üblich war. Dass es auch Grenzwertiges gab, zeigt die Annonce von A. Poppe aus Dresden. Er preist sein Christbaumkonfekt wie folgt an: Man falle nicht hinein durch andere Anpreisungen, sondern überzeuge sich, daß mein gesundes, garantiert giftfreies (!) Christbaum- Confect, anderen Fabrikaten, in jeder Weise vorzuziehen ist. In jenem Jahr 1891 machte Poppe zum Radeberger Christmarkt sein Geschäft. Er bot dasselbe wie Dietze, mit einem Unterschied, er war mit einem Stand auf dem Markt vertreten und soll seine „Zuckerkisten“ über vierhundert Mal verkauft haben.

Da blieb den einheimischen Bäckern und Pfefferküchlern nur das Nachsehen, wie der Gewerbebericht vom Januar 1892 festhält. Doch Verbieten konnte man die Konkurrenz nicht.

haweger

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