„Mit gutem Mut und Mutterwitz erringt sich leicht ein warmer Sitz!“


Radebergs Nachtwächter vor über 200 Jahren im Visier

Christoph Mierisch, seines Zeichens Nachtwächter im Städtchen Radeberg, hatte über der Tür zu seinem Häuschen in der Nähe des Pirnaischen Tores den Satz stehen: „Mit gutem Mut und Mutterwitz – erringt sich leicht ein warmer Sitz!“ In seiner Zeit muss Mierisch oder auch einer seiner Vorgänger neben seinem couragierten Auftreten auch über Radeberg hinaus bekannt gewesen sein, denn ihm wurde im Jahre 1801 das „Radeberger Nachtwächterlied“ gewidmet.
Den genauen Text konnte ich bisher jedoch nicht finden, jedoch ist von einem Reisenden im nahen Augustusbad die „Radeberger Nachtwächterphilosophie“ überliefert. Möglich ist, dass sowohl der etwas literarische Text als auch jenes Lied von demselben Autor stammen, der sich mit „Rex“ verewigte.

Die Nachtwächter hatten es ja so eingerichtet, dass sie jede volle Stunde auf ihrem Horn bliesen und dazu ein Verslein aufsagten. Das geschah in aller Regel in der Nähe des Rathauses und dann gingen sie ihre Runde, Obacht zu geben auf die Leute die nachts unterwegs waren und natürlich auch nachzusehen ob sich etwa ein Feuer entwickelte oder ob in den Gassen kriminelle Sachsen geschahen.

Um 22 Uhr jedenfalls ist überliefert, dass Mierisch gesagt haben soll: „Um Zehne sage ich, es ist besser die zehn Gebote zu Hause zu befolgen als außer Haus sich um die zehn schwierigen Tage des Radeberger Rates zu kümmern.“ Mit den zehn schwierigen Tagen des Rates waren die Hauptsitzungen im Jahr gemeint, an denen die wichtigsten Verordnungen für die Stadt beschlossen wurden. „Um 11 Uhr habe ich dann oft manchen ehrenwerten Herrn gesehen, der in ein Haus schlich, in das er nun gar nicht gehörte.“
„Um 12 Uhr sage ich den Spruch vom Licht löschen!“ Es ist doch so, Gott hätte die Sonne doch nicht untergehen lassen, wenn er gewollt hätte, dass wir nicht zu Bett gehen. Das mit dem zu Bett gehen, ist ja schon von Kindesbeinen an, ein immer wiederkehrendes Übel, denn wer geht schon gern zu Bett?

„Um 1 Uhr bin ich den Dieben und Gaunern auf der Spur und rede ihnen ins Gewissen, dass mein Auge alles sieht.“ Und dann hat diese Zeit noch etwas an sich. Es kommen dann auch die ersten feinen Herren wieder aus den fremden Häusern und gehen heim. Das registriere ich für mich, vielleicht ist es ja einem Mal von Nutzen, das Wissen darüber.

„Wenn ich dann um 2 Uhr unter einem Fenster noch Jubel und Gesang höre, singe ich laut mein Lied vom Punsch trinken.“ Ab dieser Zeit kontrolliere ich auch die Schänken und muss manchmal die erhitzten Gemüter beruhigen. Lieber mit ihnen reden als eine Kampelei zulassen.
„Um 3 Uhr ist es ruhig, aber Radeberg ist ein Spielort, dort wird um das Glück ganzer Familien frevelhaft gespielt.“ Es kommen ja manche von Dresden und nach dem Viehmarkt sind es die Viehhändler, die hier „ihr Kalb versetzen“.

Meine Tätigkeit kann ich so beschreiben: „Mancher also gesinnt ist, gleich dem Esel, die Disteln frisst. Wie das Maul, so ist der Salat – drum ist jede Belehrung von Hause aus eigentlich schad.“
Aus all dem ließ Mierisch den Aufzeichner Rex wissen „Der Gedanke wird danach immer dämmriger und ratsch ist man eingeschlafen, vorausgesetzt, dass man ein gutes Gewissen hat!“ Mierisch hatte es wohl.

haweger

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