Sommerreise 2009 - Kleines Resümee (4) - Achtung: über 30 Bilder!


Sommerreise 2009 - Kleines Resümee (4)


Essen und Schlafen etc.


Ach ja, die Frage nach der Technik ... also mit welchem Fahrrad man eine solche Tour macht. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere an den damaligen Radreisen-Bestseller „Ich radle um die Welt“ des jungen Journalisten Heinz Helfgen? Dessen Buch (1988 erneut erschienen) hat mich als junger Mensch maßgeblich beeinflußt.
Dieser Heinz Helfgen machte seine „globale“ Rad-Weltreise seinerzeit mit einem einfachen dreigängigen Patria-Sportrad.

Heute ... Reiseräder – vor allem in der Form der sogenannten Trekkingräder oder „All-Terrain-Bikes“ – haben seit Jahren gleichsam Hochkonjunktur, wobei allerdings wiederum unterschieden wird zwischen den Reiserädern als Massenprodukte und jenen Reiserädern, auf denen dann Menschen wochen- oder gar monatelang in allen Kontinenten auf allen Wegen und Pisten unterwegs sind. (Auch hier findet in Wikipedia unter dem Stichwort Reiserad eine fundierte Auskunft.)

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Mein Reiserad, eine nahezu uraltes Tourenrad (solider gemuffter Stahlrahmen) mit einer allerdings nahezu idealen Rahmengeometrie für ein Reiserad wurde im Laufe der Jahre immer wieder „modernisiert“, was Lager und Schaltung betrifft. Weil jemand hier in der ST-Kommunität danach fragte: Eine Shimano Deore LX-Schaltung, wobei Kettenblätter und Ritzel wegen der Gangsprünge individuell aufeinander abgestimmt wurden. Der Ledersattel, ein Brooks BS 66, ist über zwanzig (24-28) Jahre alt; Gepäckträger hinten und Lowrider ebenfalls über zwanzig Jahre. Eine technische Schwachstelle sind die ebenfalls uralten Felgenbremsen, die für ein beladenes Reiserad einfach zu wenig effektiv sind. Seit 15 Jahren will ich mir ein neues Reiserad zusammenstellen lassen ... dann tut’s doch wieder der alte Packesel. Und ein an sich sehr lieber Bekannter und Freund meint allerdings, daß sich ein neues Reiserad für mich nicht mehr lohnen würde ...



Die vier Radtaschen sind keine wasserdichten Ortliebtaschen, sondern sehr funktionale Taschen eines Herstellers, den es inzwischen auch nicht mehr gibt.




Das uralte Fahrrad, die ebenfalls alten und farblich verblichenen Packtaschen, dazu der Krempel, den man hinten so unter die Spannriemen klemmt ... alles in allem ein Anblick, der ein wenig an radelnde Obdachlose erinnert. Immerhin ein praktischer Vorteil: Ein solches – zumal voll beladenes – Rad klaut niemand.


Die zwei häufigsten Fragen, die in Zusammenhang mit meiner Reise gestellt wurden, waren die Fragen nach Ernährung und Unterkunft.
Nun muß man unterscheiden zwischen Touren in Regionen mit kaum vorhandener Infrastruktur (das gibt es durchaus in Nordfinnland, in Norwegen, gelegentlich in „Ostdeutschland“) oder Touren in „besiedelten“ und infrastrukturell erschlossenen Gegenden.



Die erste Rast während der Reise; in der Russischen Kolonie in Potsdam. (Eine kleine Enttäuschung: Die „Potsdamer Neueste Nachrichten“ sind nichts anderes als der Berliner „Tagesspiegel“ mit einem eigenen „Mantel“ ....)





Also gegessen und getrunken wurde einfach nach Bedarf ... nicht etwa nach zeitlichen Vorgaben. Für den Tag sah das etwa so aus ...
Zwischen fünf und halb sechs aufgestanden, zwischen halb sieben und sieben Abfahrt. Wenn man von einem halben Liter Wasser oder Apfelschorle absieht – meistens nüchtern oder einen Apfel und einige Weintrauben. Geradelt ... irgendwann ein Zeitungsladen, die üblichen Tageszeitungen, dann vielleicht ein direkt ein Bäcker-Café ...



Hier allerdings kein Bäcker-Café, sondern das Café im Schloß Harkensee.



Je nach Angebot ... eine halbe Semmel mit Mett, die andere mit Schinken oder Käse, dazu Milchkaffee. (Tee wurde leider nur als „Beuteltee“ angeboten.) Später dann einen zweiten Milchkaffee und etwas Süßes: ein Schweineohr oder eine Rosinenschnecke oder ein Stück Apfelkuchen.




In einem Supermarkt wurde dann Apfelsaft, Mineralwasser und Obst „gebunkert“.





Mittags. Meistens wurde durchgeradelt, d.h. die Mittagszeit als Essenszeit nicht beachtet. Aber hier in Emden wurde ich mit einer äußerst delikaten „Backkartoffel“ (Lachsstreifen, Salat, Sahne) überrascht.




Ob Hackbraten mit Blaukraut (außerhalb Bayerns Rotkohl) ....




... oder Matjesheringe mit Bratkartoffeln ... man verfügt während einer wochenlangen Radtour durchaus über einen gesegneten Appetit ....
(Im letzten Jahr – während der Tour von Lenggries nach Flensburg – favorisierte ich mittags [es wurde regelmäßig zu Mittag gegessen - wir waren zu zweit] im Süden fast ausschließlich Bratensülze mit Bratkartoffeln, im Norden (also nördlich der Wasserscheide) Matjesheringe mit Bratkartoffeln ...)


Fiel das Essen um die Mittagszeit weg, war natürlich eine Nachmittagspause in einem Café sehr willkommen.









In Aurich fiel allerdings bereits das Frühstück sehr süß aus ... die Landfrauen aus der Region veranstalteten in Zusammenhang mit dem Besuch der Bundesministerin für Landwirtschaft und Ernährung, Ilse Aigner, eine Demonstration (siehe die Schlagzeile im „[i]Ostfriesischen Kurier
“) und servierten in ihrem improvisierten Bauern-Café Unmengen an leckersten Kuchen ...

http://community.seniorentreff.de/storage/pic/userbilder/a30f1d57825f100a5a9ba38c76fffe20/arbeitsarchivsommerreise20093/180481_1_Arbeitsarchiv_Sommerreise_2009_3.jpg[/img]






Manchmal machte ich nur Rast, um Apfelschorle oder Radler zu trinken und Zeitungen zu lesen. Auch vom Straßenangebot der Bauern machte ich gelegentlich Gebrauch ...






Oh Pardon ... das Bild stammt von einer früheren Reise ....


Was für den Betrachter nur - vielleicht langweilige? - Bilder sind, sind für mich kleine Erlebnisse; eingebettet in bestimmte Situationen, Ort, Zeit, Menschen und Stimmung spielten jeweils eine mehr oder weniger wichtige Rolle.
Das entscheidende Erlebnis ... wie wenig es braucht, um zu leben und um gegebenenfalls glücklich, zufrieden und dankbar zu sein.
Gerade eine Reise wie diese (bzw. wie fast alle meine privaten, nicht früher dienstlichen) Reisen waren immer der Versuch der Bescheidenheit, der Beschränkung ... wohlgemerkt der freiwilligen, nicht der - etwa aus Not - erzwungenen Beschränkung.




Die Frage nach dem Schlafen ... in der Regel heißt mein „Hotel“ seit Jahren Hilleberg [i]Akto
. Bei meinem Bestreben nach mehr oder weniger völliger Autonomie – völlige Freiheit bezüglich Strecke und Zeit – und aufgrund einer Jahrzehnte langen Gewohnheit und Liebe zum „naturnahen“ Leben (in Skandinavien, in Nordafrika, im Gebirge etc.) bleibe ich bei (m)einem Zelt; bei einem Einpersonenzelt.
Zudem: Was paßt besser zu einer solchen Tour aus Lebensmeditation, Alltagsexpedition und kleinem Abenteuer, zum einfachen Leben als ein Zelt? Um sieben, acht Stunden - nach einem 14-stündigen Radeltag (zugegebenen: mit etlichen Lese- und Betrachtungspausen) - zu schlafen, um dann je nach Laune, Situation schnell abzustehen und weiterzuradeln ... welche Unterkunft bietet mehr Unabhängigkeit und Naturverbundenheit, welche ist invidueller und gleichzeitig persönlicher als das eigene Zelt?


http://community.seniorentreff.de/storage/pic/userbilder/a30f1d57825f100a5a9ba38c76fffe20/arbeitsarchivsommerreise20093/180485_1_Arbeitsarchiv_Sommerreise_2009_3.jpg[/img]



Hier mit einer Erneuerung: einhakbare Zeltunterlage.





Und so weckt mich das Licht der aufgegangenen Sonne im Zelt, falls verschlafen haben sollte ...




Der Blick hinaus ... hier in Sachsen Anhalt (einmal frei gezeltet, weil kein Campingplatz vorhanden war)




Das Hilleberg [i]Akto
gilt als expeditionstauglich und wurde sowohl im Himalaja als auch in arktischen Regionen eingesetzt.

http://community.seniorentreff.de/storage/pic/userbilder/a30f1d57825f100a5a9ba38c76fffe20/arbeitsarchivsommerreise20093/180490_1_Arbeitsarchiv_Sommerreise_2009_3.jpg[/img]


Gegen 19 Uhr in Caputh, am Schwielower See; Anfang August.







Morgenstimmung vor Brunsbüttel; ebenfalls frei gezeltet.


Ein paar Worte zur Kulturgeschichte des Zeltes

Es ist dem Leser, weiblich wie männlich, sicher bewußt, daß die seßhafte Lebensweise, dann zumal in [i]steinernen
Unterkünften, relativ jüngeren Datums ist? Über neunzig Prozent seiner Entwicklungs-, Lebens- und Kulturgeschichte hat der Mensch in Höhlen und vor allem in Zelten und zeltähnlichen Behausungen gelebt und gewohnt!
Schon einmal die Kultur- und "Technik"-Geschichte des Zeltes betrachtet? Welche Völker welche Zelte mit welchen Materialien, "Architektur" und Technik in welcher regionalen und klimatischen Situation verwendeten? Beduinen überstanden und überstehen darin die Hitze der Wüste, Rentiernomaden, Nomaden in der Mongolei und Sibirien die extreme Kälte ihrer Region.
Für Polarforscher etc. ermöglichen die zwei Gewebeschichten aus silikonisiertem Nylon bzw. Polyamid Leben und Schlafen. Zelte .... vielleicht einer der genialen Erfindungen des Menschen?


(Fortsetzung folgt)

Die olle Bertha
vom Niederrhein



Begleitmusik: Der erste Satz der Beethoven’schen Klaviersonate Nr. 23 in f-Moll op. 57 ( Appassionata): Allegro Assai. Es spielt Wilhelm Backhaus.


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Kommentare (2)

loreley du kannst nicht mal erahnen wie sehr ich dich um deine Reise beneide. So etwas zu machen, wie du es gemacht hast, davon habe ich Jahrzehnte geträumt. Jetzt ist es zu spät. Aber deine Bilder und deine Kommentare haben mich geradezu in Hochstimmung versetzt.
Und noch etwas: Ohne Zeitungen geht bei dir wohl nichts? (Wie bei mir auch).
Deine Bilder werde ich mir diese und nächste Woche garantiert erneut ansehen. Einfach toll! Alles!
hannelorely
immergruen historischen Erläuterungen und die wunderbare Musik gelesen und gehört?
Ich sehe, auch auf einer Tour, die aus "Lebensmeditation und Alltagsexpedition" beschrieben wird,
bleiben die täglichen Presseinformationen nie auf der Strecke. Auch die regionalen Spezialitäten sehen sehr
lecker aus und haben den Kräfteverzehr sicher immer wieder ausgeglichen. Allerdings fällt mir au, dass die Süßigkeiten dominieren und den Hackbraten mit Rotkohl gab es bestimmt in Mekpom. So jedenfalls kenne ich die ehemals "ostdeutschen " Teller. Das Zelt, so erprobt und weit gereist es auch ist, könnte mich, mit Verlaub, nicht zum Nächtigen verlocken.
Vielen Dank, liebe bertha für die schöne Schilder - und Bebeilderung!
immergruen


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