Schafschlachten in Kriegszeiten
Schafschlachten
Daß wir im Krieg gehungert haben, kann man Gott-sei-Dank nicht sagen. Meine Eltern betrieben eine kleine gepachtete Landwirtschaft im Oldenburgischen. Mein Vater war als Bauer bis Ende 1944 freigestellt von der Wehrmacht und konnte somit seinen Betrieb selbst bewirtschaften und mit dem, was nach dem Ablieferungssoll noch übrig war, seine Familie mehr schlecht als recht ernähren. „Kriegspielen“, wie man das damals nannte, lag ihm auch ganz und gar nicht, denn erstens mochte er nicht für jemand kämpfen, den er gar nicht kannte und den er noch viel weniger leiden konnte, und zweitens konnte er sein Leben lang keiner Kreatur, also Mensch und Tier, ein Leid zufügen. Letzteres hat uns aber doch einmal in gewisse Schwierigkeiten gebracht.
„Wi mööt eegentlich mol wedder`n Stück Fleesch in`n Pott hebben!“ meinte Mutter, als wir irgendwann mal wieder alle am Tisch saßen und die Suppe aus Milch und Roggenmehl löffelten. Das war leichter gesagt als getan, denn gerade bei den fleischproduzierenden Tieren wurde genauestens kontrolliert, daß auch der Viehhalter selbst kein Gramm Fleisch oder Wurst mehr bekam als alle anderen. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich meine, die Kontrolleure waren alle Augenblicke auf dem Hof und kuckten in alle Ecken, und wehe, wenn sie Unregelmäßigkeiten enddeckten!
Nun gab es aber ein Tier bei uns auf dem Hof, was selten oder, besser gesagt, wohl noch nie mitgezählt worden war: ein alter Schafbock. Ich kann mich heute noch sehr gut erinnern, wie wir als heranwachsende Kinder auf der Weide hinter unserem Garten auf ihm geritten sind. Er war kräftig gebaut und wußte sich wohl zu wehren, wenn unsere Spielchen ihm lästig wurden. Seine einzige Bestimmung war die des Wollelieferanten. Dafür durfte er zwar lange leben, mußte aber auch im Winter draußen bleiben. Wir Jungs hatten hinten im Garten einen mehr provisorischen Bunker gebaut, der unsere Familie zusammen mit den Flüchtlingen aus Wilhelmshaven bei Luftalarm aufnehmen sollte. Wurde Gott-sei-Dank sehr selten gebraucht, hätte auch nicht viel Schutz geboten, denn allein die Decke aus morschen Balken, Strohauflage und Erde war so löcherig, daß man durch sie hindurch den Himmel sehen konnte. Und reinregnen tat es auch regelmäßig. Aber der Schafbock, der fühlte sich im Winter pudelwohl darin.
Zurück zu Mutters Wunsch nach Fleisch. Vater fühlte sich zuständig: „De Schoopbuck ward schlacht!“ hörte ich ihn sagen, mit ziemlich verhaltener Stimme, denn das, was er da sagte, kam nach den derzeitigen Umständen einem Vaterlandsverrat sehr nahe. Mindestens war es unter Wehrkraftzersetzung einzuordnen und konnte entsprechend bestraft werden! Aber, egal was es letztlich war, das Schicksal unseres langjährigen Spielgefährten war damit besiegelt, das wußte ich.
„Wer schall de denn schlachten?“ wollte Mutter wissen. „Na, wer woll? Ik natürlich! De annern snackt mi all to veel!“ „Wullt du nich leeber Nohber Altmann holen?“ Der machte nämlich ab und an Hausschlachtungen und kannte sich aus. „Ne, dat mok ik selbst!“ Mutters zweifelnden Blick von der Seite sah Vater nicht mehr, er kramte schon in der Tischschublade herum. „Hebbt wi`n Brotmesser?“ „Dat liggt dor doch! Wat wull du dor denn mit?“ „Schoop schlachten! Dat mutt sofort losgahn!“ Vater hatte das Messer schon in der Hand und prüfte die Schärfe: „Jung, kumm her, Schliepsteen dreihn!“ Wir hatten draußen einen Schleifstein aus Kalksand, mit einem Wassertrog darunter und großer Kurbel an der Seite. War nicht mehr ganz rund und quietschte auch fürchterlich, aber gepaart mit der Kunstfertigkeit unseres Vaters wurde alles, was damit geschliffen wurde, rasiermesserscharf . Ich hatte den Stein schon öfter drehen müssen und das auch immer gern gemacht, denn wir beide, Vater und ich, verstanden uns dabei ohne viele Worte: ich drehte mit der richtigen Geschwindigkeit und er schliff mit der notwendigen Sorgfalt. Mutter war jedesmal begeistert, wenn sie die Teile wieder in die Schubladen legte.
Heute war aber anscheinend alles anders: so kurz und buffig war ich noch nie von Vater um Mithilfe gebeten worden, und auch mit der Drehgeschwindigkeit war es ihm nicht recht zu machen. Alle Augenblicke schnauzte er ein „Nich to gau!“ oder auch „Sloop nich in!“ Und auch das Messer wollte und wollte scheinbar nicht scharf genug werden. Immer wieder machte Vater die Probe an seinem Unterarm, ob die Haare durch bloßes Ziehen der Klinge schon abgingen. Aber endlich war es dann doch geschafft, und der Hauptakt konnte beginnen.
Überspringen wir aus Zeit- und Platzgründen die nächste halbe Stunde und fassen wir kurz, was sich bis dahin ereignet hatte:
Die große Bluttat sollte sich auf der mäßig beleuchteten Scheunendiele abspielen, im Schein einer 25-Watt-Birne. D.h. die kleinen halbrunden Eisenfenster, die sowieso kaum Einblick in das Gebäudeinnere gewährten, waren mit Kartoffelsäcken zugehängt, die hintere Durchfahrtstür mit einem vorgeschobenen Ackerwagen verrammelt und die vordere Tür sollte von mir bewacht werden. „Wenn dor jemand kummt, denn kloppst du dreemal an de Döör!“ kam für mich aus dem Dunkel die nächste Anweisung in ungewohntem Befehlston. „Uk, wenn Mama kummt?“ „Jung, nu stell di nich dummer an as du bist!“ kam es barsch zurück.
Die Hauptperson, der Schafbock, war auch schon da. Er stand seit einer halben Stunde am Ständer angebunden und betrachtete die Szenerie um sich herum meist ohne jede Regung. Nur ab und zu bekundete er sein Mißfallen durch kurzes Blöken.
„So, nu mok de Döör von buten to!“ Ich folgte dieser Anweisung prompt und merkte, daß mein Herz von nun an sehr viel schneller schlug als sonst. Drinnen war es still geworden, und es blieb auch still. Fünf Minuten, zehn Minuten, oder war es schon länger her? Absolute Ruhe! Ob der Bock wohl schon tot war? Nein, – hatte er gerade eben nicht ganz kurz geblökt? Genau so, wie er es immer tat, wenn wir ihn beim Spielen zu sehr quälten? Wehre dich doch, Schafbock! Reiß dich los und laufe ganz schnell weg! Ich will auch gern auf Fleisch verzichten! All‘ diese Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Mutter kam mit einem Eimer aus dem Haus, wahrscheinlich um Blut aufzufangen. „Na, is de Buck all doot?“ „Weet ik nich, Papa hett noch nix seggt!“ „Denn düürt dat woll noch’n beten“, und damit ging sie wieder ins Haus.
Ich wollte jetzt Gewißheit haben und öffnete die Tür einen ganz kleinen Spalt, so daß ich mit einem Auge alles sehen konnte. Und was sah ich? Vater stand rittlings über dem Bock, hielt diesen zwischen den Knien fest und bog seinen Kopf mit der linken Hand nach oben, so, als wenn er mit ihm schmusen wollte. Die rechte Hand konnte ich nicht sehen, dagegen aber den Hals des Tieres und daß dieser ganz glatt und sorgfältig abrasiert war. Und jetzt sah ich auch das blanke Messer, wie es immer hin und her geschwenkt wurde, unter dem Hals, aber immer so, daß es die Gurgel nicht berührte.
Plötzlich sah Vater mich: „Rrrrut, mok sofort de Döör wedder to!“ Solche Lautstärke hatte ich von ihm noch nie gehört, und dann noch, wie er mich mit hochrotem Kopf angekuckt hatte! Ich knallte die Tür zu und wollte weglaufen, aber ich mußte ja auf dem Posten bleiben. Also wieder warten, warten, warten. Und wieder diese Stille, fünf Minuten, oder zehn? Ich hatte gar kein Zeitgefühl mehr.
Plötzlich aber rührte sich was in der Scheune, als wenn ein metallischer Gegenstand irgendwo gegen flog. Fast im gleichen Moment flog auch die Tür auf, die ich doch bewachen sollte und unser Vater rannte an mir vorbei ins Haus. Ich hörte ihn noch rufen : „Ik kann`t nich! Ik krieg`t nich fertig! Roop Nohber Altmann her, he schall sofort komen!“
Ich machte jetzt die Tür ganz auf, so daß Licht ins Dunkel fiel: Der Bock stand nach wie vor am Ständer angebunden und begrüßte mich mit einem fröhlichen Geblöke, als wollte er mir sagen: nu binde mich doch los, ich habe genug von diesem Spiel! Das tat ich dann auch, und er rannte mit seinem geschorenen Hals nach draußen, rannte durch den Garten und hin zu seiner Wiese.
Daß er am gleichen Tage noch durch einen gezielten Schlag mit der stumpfen Seite einer Axt sein Lebenslicht ausgehaucht hat, muß ich nicht weiter ausführen.
Ich wurde anschließend aber noch einmal ins Gebet genommen, dieses Ereignis ja für mich zu behalten. Was ich dann auch lange Zeit getan habe, – bis zur Goldenen Hochzeit meiner Eltern im Jahre 1982, dort habe ich die Geschichte mit Erlaubnis meines Vaters vorgetragen. Man hat herzlich darüber gelacht – und der eine oder andere vielleicht auch eine kleine Träne zerdrückt.
Klostermeier
Daß wir im Krieg gehungert haben, kann man Gott-sei-Dank nicht sagen. Meine Eltern betrieben eine kleine gepachtete Landwirtschaft im Oldenburgischen. Mein Vater war als Bauer bis Ende 1944 freigestellt von der Wehrmacht und konnte somit seinen Betrieb selbst bewirtschaften und mit dem, was nach dem Ablieferungssoll noch übrig war, seine Familie mehr schlecht als recht ernähren. „Kriegspielen“, wie man das damals nannte, lag ihm auch ganz und gar nicht, denn erstens mochte er nicht für jemand kämpfen, den er gar nicht kannte und den er noch viel weniger leiden konnte, und zweitens konnte er sein Leben lang keiner Kreatur, also Mensch und Tier, ein Leid zufügen. Letzteres hat uns aber doch einmal in gewisse Schwierigkeiten gebracht.
„Wi mööt eegentlich mol wedder`n Stück Fleesch in`n Pott hebben!“ meinte Mutter, als wir irgendwann mal wieder alle am Tisch saßen und die Suppe aus Milch und Roggenmehl löffelten. Das war leichter gesagt als getan, denn gerade bei den fleischproduzierenden Tieren wurde genauestens kontrolliert, daß auch der Viehhalter selbst kein Gramm Fleisch oder Wurst mehr bekam als alle anderen. Ich weiß es nicht mehr genau, aber ich meine, die Kontrolleure waren alle Augenblicke auf dem Hof und kuckten in alle Ecken, und wehe, wenn sie Unregelmäßigkeiten enddeckten!
Nun gab es aber ein Tier bei uns auf dem Hof, was selten oder, besser gesagt, wohl noch nie mitgezählt worden war: ein alter Schafbock. Ich kann mich heute noch sehr gut erinnern, wie wir als heranwachsende Kinder auf der Weide hinter unserem Garten auf ihm geritten sind. Er war kräftig gebaut und wußte sich wohl zu wehren, wenn unsere Spielchen ihm lästig wurden. Seine einzige Bestimmung war die des Wollelieferanten. Dafür durfte er zwar lange leben, mußte aber auch im Winter draußen bleiben. Wir Jungs hatten hinten im Garten einen mehr provisorischen Bunker gebaut, der unsere Familie zusammen mit den Flüchtlingen aus Wilhelmshaven bei Luftalarm aufnehmen sollte. Wurde Gott-sei-Dank sehr selten gebraucht, hätte auch nicht viel Schutz geboten, denn allein die Decke aus morschen Balken, Strohauflage und Erde war so löcherig, daß man durch sie hindurch den Himmel sehen konnte. Und reinregnen tat es auch regelmäßig. Aber der Schafbock, der fühlte sich im Winter pudelwohl darin.
Zurück zu Mutters Wunsch nach Fleisch. Vater fühlte sich zuständig: „De Schoopbuck ward schlacht!“ hörte ich ihn sagen, mit ziemlich verhaltener Stimme, denn das, was er da sagte, kam nach den derzeitigen Umständen einem Vaterlandsverrat sehr nahe. Mindestens war es unter Wehrkraftzersetzung einzuordnen und konnte entsprechend bestraft werden! Aber, egal was es letztlich war, das Schicksal unseres langjährigen Spielgefährten war damit besiegelt, das wußte ich.
„Wer schall de denn schlachten?“ wollte Mutter wissen. „Na, wer woll? Ik natürlich! De annern snackt mi all to veel!“ „Wullt du nich leeber Nohber Altmann holen?“ Der machte nämlich ab und an Hausschlachtungen und kannte sich aus. „Ne, dat mok ik selbst!“ Mutters zweifelnden Blick von der Seite sah Vater nicht mehr, er kramte schon in der Tischschublade herum. „Hebbt wi`n Brotmesser?“ „Dat liggt dor doch! Wat wull du dor denn mit?“ „Schoop schlachten! Dat mutt sofort losgahn!“ Vater hatte das Messer schon in der Hand und prüfte die Schärfe: „Jung, kumm her, Schliepsteen dreihn!“ Wir hatten draußen einen Schleifstein aus Kalksand, mit einem Wassertrog darunter und großer Kurbel an der Seite. War nicht mehr ganz rund und quietschte auch fürchterlich, aber gepaart mit der Kunstfertigkeit unseres Vaters wurde alles, was damit geschliffen wurde, rasiermesserscharf . Ich hatte den Stein schon öfter drehen müssen und das auch immer gern gemacht, denn wir beide, Vater und ich, verstanden uns dabei ohne viele Worte: ich drehte mit der richtigen Geschwindigkeit und er schliff mit der notwendigen Sorgfalt. Mutter war jedesmal begeistert, wenn sie die Teile wieder in die Schubladen legte.
Heute war aber anscheinend alles anders: so kurz und buffig war ich noch nie von Vater um Mithilfe gebeten worden, und auch mit der Drehgeschwindigkeit war es ihm nicht recht zu machen. Alle Augenblicke schnauzte er ein „Nich to gau!“ oder auch „Sloop nich in!“ Und auch das Messer wollte und wollte scheinbar nicht scharf genug werden. Immer wieder machte Vater die Probe an seinem Unterarm, ob die Haare durch bloßes Ziehen der Klinge schon abgingen. Aber endlich war es dann doch geschafft, und der Hauptakt konnte beginnen.
Überspringen wir aus Zeit- und Platzgründen die nächste halbe Stunde und fassen wir kurz, was sich bis dahin ereignet hatte:
Die große Bluttat sollte sich auf der mäßig beleuchteten Scheunendiele abspielen, im Schein einer 25-Watt-Birne. D.h. die kleinen halbrunden Eisenfenster, die sowieso kaum Einblick in das Gebäudeinnere gewährten, waren mit Kartoffelsäcken zugehängt, die hintere Durchfahrtstür mit einem vorgeschobenen Ackerwagen verrammelt und die vordere Tür sollte von mir bewacht werden. „Wenn dor jemand kummt, denn kloppst du dreemal an de Döör!“ kam für mich aus dem Dunkel die nächste Anweisung in ungewohntem Befehlston. „Uk, wenn Mama kummt?“ „Jung, nu stell di nich dummer an as du bist!“ kam es barsch zurück.
Die Hauptperson, der Schafbock, war auch schon da. Er stand seit einer halben Stunde am Ständer angebunden und betrachtete die Szenerie um sich herum meist ohne jede Regung. Nur ab und zu bekundete er sein Mißfallen durch kurzes Blöken.
„So, nu mok de Döör von buten to!“ Ich folgte dieser Anweisung prompt und merkte, daß mein Herz von nun an sehr viel schneller schlug als sonst. Drinnen war es still geworden, und es blieb auch still. Fünf Minuten, zehn Minuten, oder war es schon länger her? Absolute Ruhe! Ob der Bock wohl schon tot war? Nein, – hatte er gerade eben nicht ganz kurz geblökt? Genau so, wie er es immer tat, wenn wir ihn beim Spielen zu sehr quälten? Wehre dich doch, Schafbock! Reiß dich los und laufe ganz schnell weg! Ich will auch gern auf Fleisch verzichten! All‘ diese Gedanken gingen mir durch den Kopf.
Mutter kam mit einem Eimer aus dem Haus, wahrscheinlich um Blut aufzufangen. „Na, is de Buck all doot?“ „Weet ik nich, Papa hett noch nix seggt!“ „Denn düürt dat woll noch’n beten“, und damit ging sie wieder ins Haus.
Ich wollte jetzt Gewißheit haben und öffnete die Tür einen ganz kleinen Spalt, so daß ich mit einem Auge alles sehen konnte. Und was sah ich? Vater stand rittlings über dem Bock, hielt diesen zwischen den Knien fest und bog seinen Kopf mit der linken Hand nach oben, so, als wenn er mit ihm schmusen wollte. Die rechte Hand konnte ich nicht sehen, dagegen aber den Hals des Tieres und daß dieser ganz glatt und sorgfältig abrasiert war. Und jetzt sah ich auch das blanke Messer, wie es immer hin und her geschwenkt wurde, unter dem Hals, aber immer so, daß es die Gurgel nicht berührte.
Plötzlich sah Vater mich: „Rrrrut, mok sofort de Döör wedder to!“ Solche Lautstärke hatte ich von ihm noch nie gehört, und dann noch, wie er mich mit hochrotem Kopf angekuckt hatte! Ich knallte die Tür zu und wollte weglaufen, aber ich mußte ja auf dem Posten bleiben. Also wieder warten, warten, warten. Und wieder diese Stille, fünf Minuten, oder zehn? Ich hatte gar kein Zeitgefühl mehr.
Plötzlich aber rührte sich was in der Scheune, als wenn ein metallischer Gegenstand irgendwo gegen flog. Fast im gleichen Moment flog auch die Tür auf, die ich doch bewachen sollte und unser Vater rannte an mir vorbei ins Haus. Ich hörte ihn noch rufen : „Ik kann`t nich! Ik krieg`t nich fertig! Roop Nohber Altmann her, he schall sofort komen!“
Ich machte jetzt die Tür ganz auf, so daß Licht ins Dunkel fiel: Der Bock stand nach wie vor am Ständer angebunden und begrüßte mich mit einem fröhlichen Geblöke, als wollte er mir sagen: nu binde mich doch los, ich habe genug von diesem Spiel! Das tat ich dann auch, und er rannte mit seinem geschorenen Hals nach draußen, rannte durch den Garten und hin zu seiner Wiese.
Daß er am gleichen Tage noch durch einen gezielten Schlag mit der stumpfen Seite einer Axt sein Lebenslicht ausgehaucht hat, muß ich nicht weiter ausführen.
Ich wurde anschließend aber noch einmal ins Gebet genommen, dieses Ereignis ja für mich zu behalten. Was ich dann auch lange Zeit getan habe, – bis zur Goldenen Hochzeit meiner Eltern im Jahre 1982, dort habe ich die Geschichte mit Erlaubnis meines Vaters vorgetragen. Man hat herzlich darüber gelacht – und der eine oder andere vielleicht auch eine kleine Träne zerdrückt.
Klostermeier
diesen Satz sollten wir uns alle mal ins Gedächtnis rufen, wenn die Raffigen mal wieder nach auswärts wollen.
Mit dem Schlachten, das habe ich als Kind auch nicht begriffen und als ich das begriffen hatte, brauchte ich nicht mehr dabei zu sein. Glück gehabt, wenigstens ein paar mal.
Danke für den Auszug aus der Chronologie Deiner Familie.
Mit freundlichem schmunzeln,
Traute