RÜBEZAHL

Autor: ehemaliges Mitglied



Rübezahl(Ela48)


Der Riese Rübezahl,
ach, was hat meine Mutter, die aus dem Sudetenland stammt, erzählen können über den berühmten Rübezahl.
Das Lied konnte sie hervorragend singen und ihre plastische Erdzählerkunst war einmalig.
Neugierig bin ich ja immer. So habe ich mich internetbasiert auf den Weg gemacht, über den wohl bekanntesten Riesen zu recherchieren.

Rübezahl ist der Berggeist, Schrat des Riesengebirges . Um ihn ranken sich zahlreiche Sagen und Märchen. Meine Mutter war felsenfest überzeugt, dass sie ihn als Kind schon einmal getroffen hat. Mutter, sudetendeutsche und sehr Heimatverbinden. Sie ist aufgewachsen in einer "Geschichtenerzählerfamilie"

Die Herkunft des Namens Rübezahl ist nicht geklärt. 1561 schreibt Martin Helweig auf seiner Landkarte Rübenczal. 1662 gibt Johannes Praetorius verschiedene Schreibweisen, wie Rübezal, Ribezal, Riebenzahl an. In seinen Sammlungen erscheint Rübezahl vielgestaltig, mal Riese, Bewacher des Bergschatzes, als Mönch, der Menschen vom Weg abbringt, als Rabe oder Esel, und vielfach Diabolus, Satan.
In seiner ersten Rübezahl-Geschichte gab Johann Karl August Musäus 1783 eine legendäre Erklärung des Namens. Laut dieser Erzählung entführt Rübezahl die Königstochter Emma, die er heiraten will, in sein unterirdisches Reich. Mit Rüben, die sie in jede gewünschte Gestalt verwandeln kann, versucht er ihre Sehnsucht nach ihrem Zuhause zu stillen. Doch die Rüben verwelken. Schließlich verspricht ihm die Frau ihre Hand, wenn er ihr die Zahl der Rüben auf dem Feld nennt. Gelingt ihm dies nicht, muss er sie gehen lassen. Sofort macht der Berggeist sich an die Arbeit. Um auch sicher zu sein, dass die Anzahl stimmt, zählt er gleich noch einmal, kommt aber zu einem anderen Ergebnis. Währenddessen flieht die Gefangene auf einer zum Pferd verwandelten Zauberrübe zu ihrem Prinzen Ratibor und verspottet den Geist mit der Anrede als Rübezahl. Daher wird er sehr zornig, wenn er mit diesem Spottnamen bedacht wird.

Der Sage nach ist Rübezahl ein launischer Riese oder Berggeist. Schon der erste Sammler von Rübezahl-Sagen, Johannes Praetorius (s. u.), beschrieb Rübezahl als charakterlich sehr ambivalenten "Widerspruchsgeist", der in einem Moment gerecht und hilfsbereit, im nächsten arglistig und launenhaft auftreten könne. Musäus charakterisierte ihn folgendermaßen:
"Rübezahl, sollt ihr wissen, ist geartet wie ein Kraftgenie, launisch, ungestüm, sonderbar, bengelhaft, roh, unbescheiden, stolz, eitel, wankelmütig, heute der wärmste Freund, morgen fremd und kalt; … schalkhaft und bieder, störrisch und beugsam …"
- vgl. Musäus, 1783
Der Berggeist erscheint den Menschen in verschiedenster Gestalt. Insbesondere zeigt er sich als Mönch in aschgrauer Kutte aber auch als Bergmann, Junker, Handwerker und in ähnlicher Gestalt und Verkleidung, aber auch in Tiergestalt oder als Gegenstand (Baumstumpf, Stein, Wolke). Rübezahl ist der Wetterherr des Riesengebirges und ähnelt so dem Wilden Jäger. Unerwartet sendet er Blitz und Donner, Nebel, Regen und Schnee vom Berg nieder, während eben noch alles im Sonnenglanz lag. Gegen gute Menschen ist er im Allgemeinen freundlich, lehrt sie Heilmittel und beschenkt insbesondere Arme; wenn man ihn aber verspottet, rächt er sich schwer, etwa durch Unwetter. Bisweilen werden Wanderer von ihm in die Irre geleitet. Er soll einen Garten mit Wunderkräutern besitzen, den er gegen Eindringlinge verteidigt.

Spätestens im 19. Jahrhundert wurde Rübezahl zur Identifikationsfigur der Schlesier. Seine Gestalt wurde in den unterschiedlichsten Genres behandelt. So schrieb Carl Maria von Weber die Oper R
Rübezahls erste Taten
[von Johann Karl August Musäus]

Rübezahl(Ela48)





Zwischen den Klüften des Riesengebirges haust der Berggeist Rübezahl. Dieser Fürst der Gnomen besitzt auf der Oberfläche der Erde nur ein kleines Gebiet, mit einer Kette von Bergen umschlossen. Und er teilt dieses Eigentum auch noch mit zwei mächtigen Monarchen, die seinen Anspruch nicht anerkennen.
Aber kurz unter der Erdrinde fängt seine Alleinherrschaft an, die kein Teilungsvertrag zu schmälern vermag. Sein Reich erstreckt sich weit in die Tiefe, bis zum Mittelpunkt der Erde. Zuweilen gefällt es dem unterirdischen Gebieter, seine weiten Provinzen zu durchstreifen, die unerschöpflichen Schatzkammern edler Fälle und Flöze zu beschauen, die Knappschaft der Gnomen zu mustern und in Arbeit zu setzen.
Manchmal entledigt er sich aber auch der unterirdischen Regierungssorgen, erhebt sich aus dem Erdengrund und wandelt auf dem Riesengebirge. Dort treibt er Spiel und Spott mit den Menschenkindern.
Freund Rübezahl ist wie ein Tunichtgut, der seine Nachbarn zu Tode kitzelt, nur um einmal zu lachen. Denn er ist wahrhaft ein Kraftgenie, launisch, ungestüm, sonderbar, bengelhaft, roh, unbescheiden; stolz, eitel und wankelmütig. Heute ist er dir der wärmste Freund, morgen wirkt er dagegen fremd und kalt.
Ab und an kann er auch gutmütig, edel und empfindsam sein. Mit sich selbst steht er aber stets im Widerspruch. So ist er albern und weise, oft auch weich und hart wie ein Ei, das in siedendes Wasser fällt. Er gibt sich schalkhaft und bieder, störrisch und beugsam, je nach der Stimmung, wie ihn Humor und innerer Drang ergreifen.
Schon in grauer Vorzeit fegte Rübezahl im wilden Gebirge umher, hetzte Bären und Auerochsen aufeinander oder scheuchte mit grausigem Getöse das scheue Wild daher, bis es von einer steilen Felsenklippe hinab ins tiefe Tal stürzte. Danach zog er sich müde in die Unterwelt zurück und weilte dort viele Jahrhunderte lang.
Doch die Lust, nach der Sonne und der äußeren Schöpfung zu sehen, kehrte in ihm wieder. So ist es kein Wunder, dass der Berggeist einst auf den Gipfeln des Riesengebirges umherschaute, und die Gegend ganz verändert fand! Die düsteren Wälder waren ausgehauen und in fruchtbares Ackerland verwandelt. In den blumenreichen Auen weideten Schafe und Hornvieh, und aus den lichten Hainen tönten melodische Schalmeien. Zwischen den blühenden Obstbäumen ragten die Strohdächer der geselligen Dörfer hervor, und aus den Schloten wirbelte friedlicher Hausrauch in die Luft. Hier und da stand auch eine einsame Burg am Abhang eines Berges, als Schutz und Schirm des Landes.
Dieser Anblick erschien dem Berggeist so angenehm, dass er sogar die Eigenmächtigkeit der Pflanzer vergaß, die hier ohne seine Erlaubnis wirtschafteten. Der Geist beschloss, die Pflanzer in ihrem Tun und Wesen nicht zu stören und den Aufenthalt zu gestatten, wie es jeder gute Hausvater bei den Schwalben und selbst bei den Spatzen tut.

Er trachtete auch danach, mit den Menschen Bekanntschaft zu machen, ihre Art und Natur zu erforschen und mit ihnen Umgang zu pflegen. Er nahm die Gestalt eines rüstigen Ackerknechtes an und verdingte sich beim erstbesten Landwirt. Alles was er unternahm, gedieh wohl unter seiner Hand, und man hielt ihn für den besten Arbeiter im Dorfe. Aber sein Brotherr war ein Prasser und Schlemmer, der alles verschwendete und dem Knecht seine Mühe und Arbeit wenig dankte.
Darauf ging der Knecht zum Nachbarn, der eine Schafherde in seine Obhut gab. Der Knecht hütete diese fleißig, trieb sie auf steile Berge, wo gesunde Kräuter wuchsen. Die Herde gedieh prächtig und mehrte sich. Kein einziges Schaf stürzte vom Felsen herab und keines wurde vom Wolf zerrissen. Aber der neue Brotherr war ein ehrloser Filz, der treue Arbeit nicht belohnte. Vielmehr stahl er den besten Widder aus der Herde und kürzte dafür den Hirtenlohn.
Nun verließ der Knecht auch diesen gottlosen Geizkragen und diente alsbald dem Richter als Herrenknecht. Er war die Geißel der Diebe und diente der Justiz mit strengem Eifer. Aber der Richter war ein boshafter Mann, der das Recht beugte und den Gesetzen spottete. Weil der Knecht nun aber nicht das Werkzeug der Ungerechtigkeit sein wollte, kündigte er dem Richter den Dienst auf und wurde prompt in den Kerker geworfen. Aus dieser misslichen Lage befreite er sich jedoch nach Art der Geister, durchs Schlüsselloch.

Das waren also die ersten Versuche des Berggeistes, das Studium der Menschenkunde zu betreiben. Doch solcherlei Erfahrungen konnten ihn unmöglich für die Menschenliebe erwärmen. Mit Verdruss kehrte er auf die höchste Felsenspitze des Gebirges zurück, überschaute von dort die blühenden Gefilde und wunderte sich, dass Mutter Natur ihre Spenden an solch eine Brut verschenkte.




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