Pfingstspeck in Grünberg und Pfingstbier in Arnsdorf
Pfingstspeck in Grünberg und Pfingstbier in Arnsdorf
Einige Anmerkungen zum früheren Brauchtum
Es sind die überlieferten Aufzeichnungen von vor über 80 Jahren, die noch etwas ahnen lassen, wie unsere Vorfahren das dritte große christliche Fest begingen. Obwohl das Wort sehr deutsch klingt, ist es eine Lehnübersetzung aus dem Griechischen. Pentekosta, so das Urwort, bedeutete eigentlich nur fünfzig Tage nach Ostern. Und die christliche Verordnung der Ausgießung des Heiligen Geistes war von Anfang an eine ziemlich schwierige Angelegenheit. Bestimmte Rituale wie lebende oder hölzerne Tauben in der Kirche als Sinnbild des Heiligen Geistes zu installieren scheiterten an der Vorstellungskraft der einfachen Leute. Aber auch mancher Pfarrer hatte da so seine Probleme mit der Erklärung. Und so musste die Gesundheit herhalten, das Gleichnis von der Liebe, der Freude, dem Wohlwollen oder der Herzensgüte. Im Grunde genommen alles schwierige philosophische Themen, vor allem an solchen Pfingstfeiertagen, wenn die Sonne in die grüne Natur lockt.
Hatte die Kirche in ihrem Ursprung für Pfingsten sogar sieben Feiertage angesetzt, scheiterte das schnell am Alltag. Die Menschen brachten nicht sieben Mal ihre Gaben mit, am Anfang vor allem Naturalien. So gab es dann bis 1668 in der Mark Meißen wenigstens die üblichen vier Feiertage, Napoleon schaffte 1807 den dritten Feiertag ab. Somit gibt es seit zweihundert Jahren den Pfingstsonntag und Pfingstmontag als Fest der Lebensfreude. Der Pfingstochse und das Pfingstbier waren die typischsten Formen in unserer Gegend. Das Schmücken des Ochsens, des Bullen der Dorfgemeinschaft, oblag der Jugend. Und so ging es dann hinaus zur Ochsenwiese oder wie am Rande der Dresdener Heide zum Ochsenkopf, einer Lichtung in der Nähe des Gänsefußes. Der Ochse erhielt symbolisch das erste frische Gras. Er sollte ja in Zukunft weiter für guten Nachwuchs im Dorf sorgen. Das Ochsenaustreiben wurde mit der entsprechenden Musik und dem Tanz der Dorfjugend begleitet. Am späten Nachmittag soll es vielerorts den Einzug ins Dorf gegeben haben. Hier ging es dann um den Pfingsttrunk. Bier und Branntwein für die jungen Burschen und die alten Herren, „Maientrunk“ für die Weiblichkeit. Wobei schon 1924 unbekannt war, woraus tatsächlich der Maientrunk war. Neun verschiedene Kräuter wurden angegeben, sie sollten Schönheit und Fruchtbarkeit bringen.
In etwa zwölf Ortschaften des Radeberger Landes gab es das Pfingstbier. „Pfingstbier ist Gemeindebier!“ heißt es in den Rügen und Freiheiten, wie die alte Dorfverfassung sich nannte. Das Besondere am Pfingstbier, es war steuerfrei und musste aus der Gemeindekasse finanziert werden. Trinken durften es alle Männer ab einundzwanzig Jahre. Der älteste Einwohner, so er gesundheitlich in der Lage war, sagte den Pfingstspruch zum Bier auf. Zum Arnsdorfer Gemeindebier gab es den Grundsatzspruch „Das Pfingstbier in Ehren, kann uns niemand verwehren!“ Hier war wohl die Ursache darin zu suchen, dass Arnsdorf als letzter Ort im Radeberger Land das Gemeindebier einführte. Man musste es in Radeberg holen und da gab es im 16. Jahrhundert oftmals Streitigkeiten. Das ist vielleicht der Grund, dass es in Arnsdorf auch am Sonntag nach Pfingsten (Trinitatis) nochmals Gemeindebier gab. Grünberg kennt zumindest im 18. Jahrhundert den „Pfingstspeck“. Das war eine besondere Form, um den Gemeindehirten anzustellen. Da die Stelle gut bezahlt wurde, gab es oftmals viele Bewerber. Die mussten sich über den mitgebrachten Speck „einführen“. Dessen Speck am besten mundete, der hatte wohl die größten Chancen. Es sollen sogar Bewerber aus dem Böhmischen und Preußischen gekommen sein.
Das Pfingstsingen hat in unserer Gegend mit der Errichtung des Augustusbades seinen Anfang genommen. Die ersten Singerunden soll es nach dem Siebenjährigen Krieg, so etwa ab 1765, gegeben haben. Und um nicht mit dem Gottesdienst in Radeberg in Konflikt zu kommen, gab es 1794 schon ein Singen „bei Sonnenaufgang“. Musik und Singen wurden vor allem in der Zeit der Industrialisierung die Renner zum Pfingstfest. Nahezu jede Gaststätte hatte da etwas zu bieten. Und für die Familie gab es vielerorts an diesem Pfingstnachmittag Plinsen und Kaffee, während die Männer „sich einen genehmigen durften!“ Denn der Wirt, der Kundschaft anlocken wollte, gab entweder das erste Bier kostenlos, oder wer vier bezahlte, erhielt das fünfte als Freibier.
Letztlich sei noch ein Aberglauben genannt. Wer am Pfingstsonnabend stillschweigend einen Apfel isst und danach den Grips hinter sich wirft, bleibt für den Rest des Jahres gesund. Mancherorts war es gewiss schwierig, zu Pfingsten noch einen halbwegs essbaren Apfel zu finden.
haweger
Einige Anmerkungen zum früheren Brauchtum
Es sind die überlieferten Aufzeichnungen von vor über 80 Jahren, die noch etwas ahnen lassen, wie unsere Vorfahren das dritte große christliche Fest begingen. Obwohl das Wort sehr deutsch klingt, ist es eine Lehnübersetzung aus dem Griechischen. Pentekosta, so das Urwort, bedeutete eigentlich nur fünfzig Tage nach Ostern. Und die christliche Verordnung der Ausgießung des Heiligen Geistes war von Anfang an eine ziemlich schwierige Angelegenheit. Bestimmte Rituale wie lebende oder hölzerne Tauben in der Kirche als Sinnbild des Heiligen Geistes zu installieren scheiterten an der Vorstellungskraft der einfachen Leute. Aber auch mancher Pfarrer hatte da so seine Probleme mit der Erklärung. Und so musste die Gesundheit herhalten, das Gleichnis von der Liebe, der Freude, dem Wohlwollen oder der Herzensgüte. Im Grunde genommen alles schwierige philosophische Themen, vor allem an solchen Pfingstfeiertagen, wenn die Sonne in die grüne Natur lockt.
Hatte die Kirche in ihrem Ursprung für Pfingsten sogar sieben Feiertage angesetzt, scheiterte das schnell am Alltag. Die Menschen brachten nicht sieben Mal ihre Gaben mit, am Anfang vor allem Naturalien. So gab es dann bis 1668 in der Mark Meißen wenigstens die üblichen vier Feiertage, Napoleon schaffte 1807 den dritten Feiertag ab. Somit gibt es seit zweihundert Jahren den Pfingstsonntag und Pfingstmontag als Fest der Lebensfreude. Der Pfingstochse und das Pfingstbier waren die typischsten Formen in unserer Gegend. Das Schmücken des Ochsens, des Bullen der Dorfgemeinschaft, oblag der Jugend. Und so ging es dann hinaus zur Ochsenwiese oder wie am Rande der Dresdener Heide zum Ochsenkopf, einer Lichtung in der Nähe des Gänsefußes. Der Ochse erhielt symbolisch das erste frische Gras. Er sollte ja in Zukunft weiter für guten Nachwuchs im Dorf sorgen. Das Ochsenaustreiben wurde mit der entsprechenden Musik und dem Tanz der Dorfjugend begleitet. Am späten Nachmittag soll es vielerorts den Einzug ins Dorf gegeben haben. Hier ging es dann um den Pfingsttrunk. Bier und Branntwein für die jungen Burschen und die alten Herren, „Maientrunk“ für die Weiblichkeit. Wobei schon 1924 unbekannt war, woraus tatsächlich der Maientrunk war. Neun verschiedene Kräuter wurden angegeben, sie sollten Schönheit und Fruchtbarkeit bringen.
In etwa zwölf Ortschaften des Radeberger Landes gab es das Pfingstbier. „Pfingstbier ist Gemeindebier!“ heißt es in den Rügen und Freiheiten, wie die alte Dorfverfassung sich nannte. Das Besondere am Pfingstbier, es war steuerfrei und musste aus der Gemeindekasse finanziert werden. Trinken durften es alle Männer ab einundzwanzig Jahre. Der älteste Einwohner, so er gesundheitlich in der Lage war, sagte den Pfingstspruch zum Bier auf. Zum Arnsdorfer Gemeindebier gab es den Grundsatzspruch „Das Pfingstbier in Ehren, kann uns niemand verwehren!“ Hier war wohl die Ursache darin zu suchen, dass Arnsdorf als letzter Ort im Radeberger Land das Gemeindebier einführte. Man musste es in Radeberg holen und da gab es im 16. Jahrhundert oftmals Streitigkeiten. Das ist vielleicht der Grund, dass es in Arnsdorf auch am Sonntag nach Pfingsten (Trinitatis) nochmals Gemeindebier gab. Grünberg kennt zumindest im 18. Jahrhundert den „Pfingstspeck“. Das war eine besondere Form, um den Gemeindehirten anzustellen. Da die Stelle gut bezahlt wurde, gab es oftmals viele Bewerber. Die mussten sich über den mitgebrachten Speck „einführen“. Dessen Speck am besten mundete, der hatte wohl die größten Chancen. Es sollen sogar Bewerber aus dem Böhmischen und Preußischen gekommen sein.
Das Pfingstsingen hat in unserer Gegend mit der Errichtung des Augustusbades seinen Anfang genommen. Die ersten Singerunden soll es nach dem Siebenjährigen Krieg, so etwa ab 1765, gegeben haben. Und um nicht mit dem Gottesdienst in Radeberg in Konflikt zu kommen, gab es 1794 schon ein Singen „bei Sonnenaufgang“. Musik und Singen wurden vor allem in der Zeit der Industrialisierung die Renner zum Pfingstfest. Nahezu jede Gaststätte hatte da etwas zu bieten. Und für die Familie gab es vielerorts an diesem Pfingstnachmittag Plinsen und Kaffee, während die Männer „sich einen genehmigen durften!“ Denn der Wirt, der Kundschaft anlocken wollte, gab entweder das erste Bier kostenlos, oder wer vier bezahlte, erhielt das fünfte als Freibier.
Letztlich sei noch ein Aberglauben genannt. Wer am Pfingstsonnabend stillschweigend einen Apfel isst und danach den Grips hinter sich wirft, bleibt für den Rest des Jahres gesund. Mancherorts war es gewiss schwierig, zu Pfingsten noch einen halbwegs essbaren Apfel zu finden.
haweger
Kommentare (2)
Syrdal
an das in den verschiedenen Regionen unseres Landes gepflegte Brauchtum unserer Altvorderen ist ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung gewachsener kultureller Werte, dies ganz besonders in einer Zeit, in der durch die alles niederwalzende Globalisierung, durch die ethische Vermischung in bislang nie gekannten Ausmaß und durch die schon lange nicht mehr zu bändigende Informationsflut die grundlegenden Werte der kulturellen Wurzeln unserer Vorgängergenerationen zugeschüttet und erstickt werden. - Dieser Beitrag ist dem aufmerksamen Leser ein anregendes Geschenk, das manchem vielleicht dazu gereicht, sich selbst einmal wieder an das überlieferte Brauchtum des eigenen Lebensbereiches zu erinnern und sich dessen urgrundtiefe kulturelle Bedeutung und Wertigkeit bewusst zu machen.
helmut