Neues Spiel, neues Glück
Jeden Winter das gleiche Spiel. Warten auf den Schnee, endlich kommt er Ende Januar und dann wird er ganz schnell weggeräumt. So schnell wie möglich.
Klar, es gibt eine Räum- und Streuordnung, und es gibt Leute, die länger schlafen könnten, weil sie Rentner sind. Können sie aber nicht, weil sie Schnee erwarten, darum haben sie ihren Wecker auf um 5 gestellt, um den gefallenen Schnee wegzuräumen, damit die ersten Leute, die zur Arbeit gehen, ihn nicht zertrampeln müssen. Wer geht überhaupt noch zur Arbeit? Sie fahren doch sowieso alle. Wer wirklich noch durch hohen Schnee stapfen muss, das ist der Zeitungszusteller, und an den paar Tagen, wo in unserer Region wirklich mal Schnee liegt, kann er das doch auch machen, ich sage: das ist zumutbar, oder?
Also, den Wecker würde ich mir deswegen nicht stellen. Wenn ich eine allein stehende Frau wäre, so wie es zwei meiner Nachbarinnen sind, erwartet das auch gar keiner. Da weiß man: ach, das sind Frauen, und ach, die schippen eh nicht, oder viel später erst, wenn abzusehen ist, dass der Schnee in den nächsten zwei Stunden nicht von allein wieder wegtaut. Also für Frauen gibt es noch eine Entschuldigung, wenn sie etwas säumig sind, für Männer nicht. Muss es auch nicht geben, denn für Männer, ich glaube besonders für die Rentner-Männer, gibt es einen Wettbewerb. Sie lauern ja richtig, hören schon abends die Wetternachrichten für morgen, damit sie ruhig vom Schnee schon mal träumen können. Und morgen früh, hurra, da können sie ihn dann weg schippen, hoffentlich fällt genug...?!!
Das ist das Szenario alle Winter wieder:
Zeitig frühmorgens, obwohl sie Rentner sind, machen sich meine fleißigen Nachbarn daran wie in einem heimlichen Wettstreit, wer wohl der erste ist, der vor die Tür geht, denn der gilt als der Tüchtigste, Ordentlichste, Fleißigste oder was weiß ich, und sie schippen und fegen alles beiseite. Da kann ich vor Scham ob meiner Faulheit nur die Augenlider senken...
Nach dem folgenden gemütlichen Frühstück, das ihnen nun viel besser schmeckt, weil sie so schön durchgepustet sind, sieht es draußen schon fast wieder normal aus, so als hätte es gar nicht so toll geschneit. Wässrig ist die weiße Pracht zusammengeschmolzen. Die, die nicht geschippt haben, frohlocken über die schippgeilen Schneeräumer und sagen „Na siehste!“ zufrieden zu sich selbst.
Ob wohl, für die Schippgeilen ist noch nicht Schluß, für sie kann es nun gleich weiter gehen, wie gesagt KANN, es muss nicht, aber oft ist es so, dass nach dem totalen Räumen die Wege in einem Huch wieder überfrieren, WEIL sie so nackt daliegen und der nächste Wind sie eisglatt macht. Hätte Schnee sie bedeckt, wäre er harsch geworden und man hätte darüber laufen können, ohne zu rutschen.
Nun aber schnell: Griff zum Streusack, zur Salztüte – nein, lieber kein Salz, es könnte ja die Treppenstufen und Gehwegplatten zerfressen. Obwohl ich meine, die hoch gegriffenen 15 bis 20 Jahre, die wir noch leben, halten das die Platten aus, und unsere Nachbesitzer werden sich sowieso neue, schönere legen lassen. Aber macht nichts, also streuen, womit sie wieder gleich nach dem Frühstück emsig beschäftigt wären, die gewissenhaften, sorgfältigen Räumer und Streuer.
Folglich gab es bei uns gleich nach dem Frühstück schon die erste große Meinungsverschiedenheit. Wegen WAS man streuen sollte, um die glatten, nunmehr eisglatten, frei geräumten Wege und Stufen abzustumpfen. Ich sagte: Salz; er meinte: kein Salz. Was dann?
Sägespäne oder Kies, was bedeutet, dass von da an feuchte Lappen ausgebreitet werden, weil schmutzige, lehmige oder sägespänkrümelige Tapsen nicht zu vermeiden sind. Und jeder, der eintritt, wird von nun an streng beobachtet, ob er sich auch die Füße ordentlich abtritt. Ja, wozu liegen denn die Scheuerlappen da? Und die müssen nach kurzer Zeit ausgewaschen und wieder neu ausgebreitet werden, so lange eben das schöne Winterwetter dauert...
Zurück zum Wettbewerb!
Gestern Abend vorm Schlafengehen schau ich noch mal raus, es war schon nach zehn, da sehe ich doch tatsächlich einen, der die ersten Flocken weg kehrt. Er muss schon in den Startlöchern gestanden haben und wollte die Chance noch nutzen, bevor er schlafen ging. Morgen früh wäre vielleicht alles zu spät gewesen?
In unseren jetzigen Wintern hat man ja nicht allzu häufig die Möglichkeit, sich mit Schnee zu beschäftigen, also gleich los am besten! Was ist der Winter doch schön, wenn es schneit! Für die Kleinen zum Rodeln – für die Älteren zum Schippen. Die Mittelalterlichen hauchen oder kratzen sich ein Loch in die Windschutzscheibe, fluchen drüber und schlittern mit ihrem schneebedeckten Auto die winterliche Straße hinab. Deshalb glaube ich, dass meine Generation, die jungen Senioren, die letzte ist, die Hand anlegt, um Treppen und Gehwege vom Schnee freizuhalten. Wenn man bedenkt, dass denen ja auch gar nichts passiert, wenn sie nicht räumen und streuen, trotz Satzung, warum sollten sie dann? Erstens kontrolliert das Ordnungsamt immer nur woanders, wenn überhaupt, zweitens fällt gar niemand hin und bricht sich ein Bein und drittens zahlt dann die Versicherung...
Vielleicht irre ich mich auch.
Also, von mir aus macht nur weiter wie bisher, schippt, streut und wetteifert, damit Ihr nichts zu bereuen habt, wenn mit der Klimaerwärmung eines Tages kein Schnee mehr fällt.
Aber, worüber schreibe ich dann?
KarinIlona
2005
Kommentare (2)
barbarakary
...in der frischen Schneeluft! Aber die arme Zeitungsfrau kommt so früh, dass auf keinen Fall sauber ist. Wie du schon erwähnt hast. läuft es sich ja auch viel besser auf Schnee als auf geschippter Fläche, die friert. Eine schöne Geschichte - in wie vielen Jahren der Klimaerwärmung wird sie vielleicht sogar wirklich 'Geschichte' sein???
Noch einen schönen Winter mit lieben Grüßen
barbarakary
Noch einen schönen Winter mit lieben Grüßen
barbarakary
Winter(nnamttor44)
Meine Adresse bis vor 3 Jahren ...
LG Uschi