Nachts in der Tiefgarage
Zu dem Haus in Paris, in dem wir lebten, gehörte eine große Tiefgarage.
Es war etwa 23 Uhr am Abend, als mein Mann, unser kleiner Sohn, der zu dem Zeitpunkt 2 Jahre alt war, und ich von einer Reise aus dem Ausland wieder nach Hause kamen.
Mein Mann öffnete die Tür zur Garage, wir fuhren hinunter. Und plötzlich bemerkten wir den Wagen, der uns folgte. Mich beschlich ein ungutes Gefühl, es war sehr spät, hier unten war es nicht sehr hell. Wir hatten nur wenige Meter bis zu unserem Stellplatz, von wo aus man das Ende der Rampe sehr gut sehen konnte. Der Kombi hielt an, einer der Männer stieg aus, wobei ich unter seiner Lederjacke ein Pistolenhalfter erkennen konnte. „Verschließ den Wagen, sofort, die Männer sind bewaffnet.“, sagte ich leise. Mein Sohn war aufgewacht, er muss meine Angst, die Spannung, bemerkt haben und begann er zu weinen. Einer der Männer näherte sich unserem Auto. Ich war wie gelähmt, auch mein Mann sagte kein Wort, unser Sohn heulte laut. Wir starrten auf den Mann, der nun neben der Fahrertür stand.
Mit einem Lächeln zückte er einen Polizeiausweis und begrüßte uns freundlich „Bonsoir, man hat uns verständigt, es sollen sich hier in der Tiefgarage Personen aufhalten, die sich verdächtig verhalten haben. Wie Sie sicherlich wissen, wurden in den letzten Wochen mehrere Einbrüche in Autos begangen.“ Er verabschiedete sich dann mit den Worten zu meinem Mann: „Es tut mir leid, dass wir Ihrer Frau so einen Schrecken eingejagt haben.“ Selbst in diesem Halbdunkel hatte er also die Angst auf meinem Gesicht erkannt.
Immer noch mit zitternden Händen stieg ich aus, nahm meinen immer noch laut brüllenden Sohn aus dem Kindersitz, drückte ihn fest an mich und tröstete ihn. Ich wollte nur noch weg hier, raus aus der Garage, die wenigen Schritte bis zum Aufzug gehen und hinauf in die Wohnung fahren.
Bis heute mag ich keine Tiefgaragen, obwohl sie heute wesentlich besser beleuchtet sind als damals, Anfang der 80er Jahre.
Kommentare (9)
Guten Tag, liebe Anita,
wie schön, Dich hier zu treffen. Dreimal darfst Du raten.
Och nein, lieber nicht. Ein Wort nur:
"fleurbleue"
Du erzählst eine wirklich gruselige Geschichte, die sich zum Glück in Wohlgefallen aufgelöst hat.
Auch ich hatte immer etwas gegen Tiefgaragen, sogar gegen diejenigen, die nach außen offen sind.
Mittlerweile fahre ich nicht mehr Auto, sodass mir Begegnungen, wie die Deinen erspart bleiben.
Mit liebem Gruß von
Andrea
@Muscari
Hallo liebe Andrea,
wie schön, einen Gruß von Dir hier zu finden. Ich hoffe, es geht Dir gut.
Diese Geschichte lässt mich heute lächeln, denn wir waren ja nicht in Gefahr. Aber wer erwartet, dass er nachts in der Tiefgarage einen großen, schlanken Mann mit Jeans, Lederjacke, langen Locken und einer Pistole unter der Jacke antrifft, der dann ein sehr netter "flic" ist...
Liebe Grüße,
Anita
Die Angst, die die Situation dir eingejagt hat, ist deutlich in den Zeilen zu spüren - trotzdem kurz und knapp genug zum Lesen - gefällt mir!
Abgesehen davon, dass du so einen Schrecken erlebt hast, der über viele Jahre noch nachhallt, was mir natürlich gar nicht gefällt 😊
es gibt Erlebnisse, die sich einbrennen in Herz und Gedächtnis, ich kenne das auch, wahrscheinlich kennen das viele von uns...
liebe Grüße
WurzelFluegel
@WurzelFluegel
Ja, damals hatte ich wirklich Angst, vor allem Angst um mein Kind.
Heute ist es nur noch eine Geschichte aus der Vergangenheit, über die ich lächele. Es war einmal...
Ich wünsche Dir einen schönen Tag, viele Grüße,
Anita
So etwas kann man kaum je vergessen. Ich wurde wirklich mal (1976) auf einer menschenleeren Straße überfallen, und ich konnte mich retten, eigentlich nichts passiert - trotzdem gehe ich bis heute nicht gerne aus, wenn es schon dunkel ist. Man kann sich nur schwer vorstellen, was ein Opfer eines "gelungenen" Überfalls erleben muss. Kein Wunder, dass auch du solche Plätze nicht gerade gerne magst, obwohl lange her. Hoffentlich konnte es dein Kind doch schnell vergessen.
Mit Grüßen
Christine
@Christine62laechel
Im Gegensatz zu Dir waren wir ja nicht in Gefahr. Mein Sohn konnte sich später gar nicht daran erinnern. Heute kann ich darüber lächeln.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es Dich heute noch verfolgt und belastet. Es ist oft harte Arbeit, solche Dinge zu überwinden. Und manche Menschen brauchen danach Hilfe und sollten sie sich auch holen.
Ich wünsche Dir alles Gute, viele Grüße,
Anita
@IndianSummer1952
Liebe Anita, Du warst nicht in Gefahr - das wusstest Du aber erst nach mehreren Minuten. :) Ich war auch nicht viel länger bedroht, wenn mal aber in so einer Situation, verläuft die Zeit langsamer, wie in einer Zeitlupe. :)
Liebe Anita,
Deine Spontanität, eine Deiner Erlebnisse hier aufzuschreiben, dazu noch gut geschrieben, hat mich tatsächlich positiv überrascht.👍😉
Viele Grüße
Rosi65