Man ist, wie man ist
Die Schauspielerin auf dem Titelfoto (aus dem Internet) ist ähnlich alt wie ich, trägt auch den gleichen Vornamen. Dieses Foto stammt aus den 80. Jahren, wo sie sehr populär wurde. Ich musste zugeben, dass sie wirklich Talent hat, was sie später auch immer wieder bestätigt hatte, irgendwie konnte ich sie aber nicht mögen. Vielleicht lag das an ihrer ersten, wichtigen Rolle, wo sie eine junge, kompromisslose Journalistin spielte. Eine ehrliche Person im Kampf um die Wahrheit, trotzdem kam sie mir zu streng, ja gar unfreundlich, kalt. Später habe ich immer mehr über sie erfahren: ja, im Privatleben war sie auch so ein Mensch. Da waren wir also ganz anders.
Neulich las ich eine Sammlung von ihren Feuilletons, denn das konnte sie auch nicht schlecht. In einem von denen behauptet ihr Ehemann, scherzhaft natürlich, dass sie „ein echter Mann“ wäre. Darauf antwortet sie:
„Ja, ich mag Heringe und Sauergurken. Ich bin nicht sentimental. Meine Ausdauerfähigkeit und Sturheit sind denjenigen von einem Elefanten ähnlich. Bin psychisch stark wie eine Schildkröte. Manchmal erlaube ich mir etwas nicht zu wissen, infantil zu sein, euphorisch, den Anderen etwas zuliebe zu tun, um mein Image zu bestätigen, und dann bin ich einfach müde. Ich kann vieles verstehen, ich kann Schlussfolgerungen ziehen, die Konsequenzen tragen, und brauche kein Selbstmitleid. (…) Am Morgen entscheide ich darüber, ob ich heute als ob eine Frau tue, oder ein Mann bleibe; das hängt damit zusammen, wie schwierig der Tag werden kann. Wenn besonders kompliziert – wähle ich die Frau. Wenn mal leichter – ganz ruhig, ich bin ein Mann, dazu auch noch ein unheimlich fauler und eigenwilliger.“
Das Buch wurde 2002 veröffentlicht; da waren wir Beide etwa zwanzig Jahre älter, als zu Anfang ihrer Karriere. Ich habe den Eindruck, dass ich gerade damals langsam stärker und mehr entschieden wurde; sie kommt mir dafür ein wenig weicher und netter vor, als früher. Diese Beschreibung da oben könnte also genauso gut sie betreffen – als auch mich.
Und jetzt, wo wir wieder mal zwanzig Jahre älter wurden? Wie ist sie jetzt? Wurde sie etwa sentimental? Findet sie es wichtig, etwas den Anderen zuliebe zu machen? Braucht sie immer noch kein Selbstmitleid? Man ist, wie man ist, doch eher nicht das ganze Leben lang gleich...
Kommentare (4)
@Rosi65
Das ist so, liebe Rosi; am wichtigsten bleibt wohl aber das Bild von sich selbst, das ganz früh gestaltet wurde... Die Einen handeln dann immer so, wie es damals von ihnen verlangt wurde, die Anderen bleiben für immer trotzig. Die Einen liegen irgedwo dazwischen, und die Anderen, nie einen eigenen Charakter entwickelt, sind einer Flüssigkeit ähnlich: sie können sich immer nur so verhalten, wie ihre Umgebung. Und - man kann es bewusst sein, oder auch nicht, wie es uns gerade geht.
Mit herzlichen Grüßen
Christine
@JuergenS
Ja, da gibt es Umstände, Ereignisse, irgendwelche Vorbilder sogar. Und genetisch kann es auch bedingt sein: man erwischt sich plötzlich dabei, einer Tante ähnlich zu werden, die man zweimal im Leben im vorigen Jahrhundert begegnet war...
Liebe Christine,
so wie sich der Mensch sogar mehrmals im Leben situationsabhängig den Umständen, Ereignissen und Anforderungen stellen und anpassen muss, so wird sich dabei bestimmt auch sein Persönlichkeitsbild mit verändern. Was dann aber individuell mehr oder weniger ausgeprägt sein kann.
Viele Grüße
Rosi65