Die Rache der Akazie



An einem Abend neulich konnte man das charakteristische Geräusch von draußen hören: Holzsägen. Nichts Besonderes: in diesem alten Stadtteil gibt es noch ziemlich viele Häuser, die mit alten Öfen beheizt werden. Am nächsten Tag konnte man aber leider sehen, was diesmal passiert war.

In der Ecke von Nachbarhof wuchs eine Akazie. Ein junger Baum noch, groß genug aber, damit sich ein Vogel unter den Zweigen ein Nest gebaut haben konnte. Wer weiß, vielleicht wäre das eine Amsel gewesen? Dann könnte man im Frühling nicht nur den wunderschönen Duft von den Akazienblüten genießen, sondern auch den Gesang immer wieder hören… Nein, das eher nicht: das Nest war größer, und gehörte wahrscheinlich einer Elster.

Und nun stand dieser Baum in Form vom Baumstamm nur da; ganz groß, fast ganz kahl aber. Da musste ihn jemand, der Grundstückbesitzer wohl, aufs Fällen vorbereitet haben. Wie schade… Am Abend ertönte das Stihl-Sägen wieder. Aus dem Fenster konnte man nur zuschauen, wie der Mann auf der Leiter die Säge an den Baumstamm da oben anpasst, und los… Eines hat er vorher übersehen: einen dünnen Zweig. Und wenn der obere Teil von dem Baumstamm umkippte, schlug der Zweig den Mann übers Ohr.

Der Mann hatte Glück, dass er sich doch noch an den Baumstamm festhalten konnte; nicht mehr jung, konnte er sich ernst verletzen, sollte er das nicht geschafft haben. Es musste auch wehgetan haben; er fasste sich immer wieder ans Ohr, beim weiteren Sägen. Mitleid mit dem ungeschickten Holzhacker, und sehr schade um das Nest, und um den Baum (der es vielleicht sogar anders wollte?👹) Na ja, wenn alle Bäume so rachsüchtig wären...




(Titelbild: KI)


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Kommentare (8)

Claudine

Keine Sorge, liebe Christine. Wenn der alte Mann die Akazie gefällt hat, wird sie unter der Erde Triebe bilden und vermutlich bald wieder austreiben.
Ausserdem sind Verletzungen mit Stacheln der Akazien hoch giftig. Hoffentlich hat er sich dabei nicht verletzt.
Besser wäre es gewesen, er hätte den Baum in Ruhe gelassen. Zur großen Freude seiner Nachbarin, nicht wahr?

Herzliche Grüße und eine angenehme neue Woche
Claudine

 

Christine62laechel

@Claudine  

Ja, liebe Claudine, wenn er den Baum in Ruhe gelassen hätte, wäre es am besten. Nun sind einige Tage vergangen, ich habe die Sache auch irgendwie mit meinem Eintrag abreagiert, und werde versuchen zu denken: vielleicht war es doch notwendig? Vielleicht wird bald etwas in seinem Hof geschehen, was das Fällen rechtfertigen würde? Ob ich das will oder nicht, kann ich den Platz jedesmal sehen, wenn ich eines von meinen Fenstern auf- oder zumache. :)

Mit herzlichen Grüßen
Christine

Rosi65


Da hätte mir das Zusehen sicherlich körperlich weh getan, liebe Christine, egal welche Gründe den Mann dazu veranlasst haben.

Viele Bäume stehen bei uns zwar unter der Baumschutzverordnung und sind deshalb vor der Abholzung geschützt, doch manchmal nützt diese auch nicht viel.

So war ich sogar mal auf einer (friedlichen) Demo, um gegen die Fällung von einer Gruppe großer Linden zu protestieren. Diese Bäume umrandeten, mitten in der Bochumer Innenstadt einen Parkplatz, der zu einer bekannten Krankenkasse gehörte. Die Bäume mussten weichen, da man diesen Platz für die Kundenfahrzeuge vergrößern wollte.
Einige Anlieger boten damals sogar ihren eigenen Parkplatz vor der Haustür an. Und obwohl es in der Presse und im Fernsehen publik gemacht wurde, hat man diese Bäume dann doch gefällt.

Grund: Die baurechtlichen Vorschriften (falls Bäume eine statthafte Nutzung nicht zulassen) haben die Priorität.😒

Viele Grüße
  Rosi65


 

Christine62laechel

@Rosi65  

Ach die Prioritäten, liebe Rosi... Oft sind das einfach Dinge, die schnell Geld bringen sollten, oder ein Problem lösen, das man auch anders lösen könnte, wenn länger nachgedacht. Oder da will sich jemand berühmt machen: etwas Neues in der Stadt! - und nämlich, ein kahler Platz statt eines kleinen Parks. In allen Fällen denkt man nur kurzfristig, und irgendwie egoistisch.

Auf jeden Fall soll man wirklich manches nicht sehen, um es irgendwie vertragen zu können. In der Gegend gibt es hier viel Grünes; damit muss sich mein Seelchen getröstet fühlen. :)

Mit lieben Grüßen
Christine

Roxanna

Eigentlich, liebe Christine hätte nur noch gefehlt, dass ein Vogel von oben etwas auf den Kopf des Baumsägers hätte fallen lassen. Dann wäre die Rache perfekt gewesen. Ich finde es auch immer schade um jeden gesunden Baum, der gefällt wird. Das hat so ewas von brachialer Gewalt an sich. Wenn Bäume eine Stimme hätten, könnte man sie manchmal schreien hören.

Liebe Grüße kommen von
Brigitte

Christine62laechel

@Roxanna  

Diese Vogelrache wäre zu gering, liebe Brigitte, weil der Mann genau so eine Kappe auf hatte, wie der auf dem Titelbild. ;) Ich habe mir aber, obwohl eigentlich nicht rachsüchtig, so etwas gedacht: möge er eine Frau haben, die immer über alles entscheiden will, und sie ist nun böse, weil er um ihre Genehmigung nicht gebeten hatte. Und sie würde ihn jetzt monatelang mit Vorwürfen quälen, rund um die Uhr. Und ihm seine beliebte Schonkost nicht mehr kochen, sondern Pizzas mit viel Gewürzen und Käse bestellen. Eine runde Summe Bußgeld - sollte die Sache auch amtlich nicht in Ordnung sein - wäre ein netter Zusatz. 😊

Mit herzlichen Grüßen
Christine

Syrdal


Dies, liebe Christine, ist nahezu ein metapherhafter Hinweis darauf, dass sich letztlich die Natur für all das "rächen" wird, was der Mensch in ihr absoluter Verkennung des Bibelwortes "Macht euch die Erde untertan..." mit seinem unmäßigem Raubbau und der ungebändigten Knebelung des wunderbaren Geschenkes Erde anstellt. Ob sich die Menschheit noch rechtzeitig besinnen wird, bevor alles unumkehrbar zerstört ist...

...fragt sich mit bangen Aussichten
Syrdal

Christine62laechel

@Syrdal  

Das ist so, lieber Syrdal. Ich wollte das Thema in meinem Eintrag nicht ganz ernst betrachten, zumal ja jeden Tag so viele Bäume irgendwo ähnlich behandelt werden. Das konnte ich aber sehen, miterleben, und das Nest habe ich erst vor wenigen Tagen bemerkt, und mich sehr auf den Frühling mit Kükchen darin gefreut. Wieso musste dieser junge, gesunde Baum weg? Und dafür braucht man wohl auch noch eine Genehmigung; ob der Mann sie hatte? Jetzt ist das natürlich egal, aber der jetzt ganz kurze Baumstamm am Eingangstor wird mich lange noch an die Geschichte erinnern.

Mit Grüßen
Christine


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