Mama, du bist so peinlich!


Mama, du bist so peinlich!


Meine Nachbarin klagte mir neulich ihr Leid, dieses Leid, dessen Version im kindlichen »Erwachsenwerdens« ich in dieser ›Neuen Form‹ noch nicht kannte. Denn als meine Kinder in jenem Alter waren, spielte sich das anders - aber keinesfalls besser - ab.
        Also, das kleine, große Sabinchen, das ich eigentlich als nettes Mädel kenne, würde plötzlich störrisch und aufmüpfig, wie mir ihre Mutter klarzumachen versuchte. Die in absehbarer Zeit anstehende Feier zu ihrer Konfirmation hätte heute schon so viele Ungereimtheiten zu Wege gebracht, das Verhältnis zu ihrer Tochter sei dadurch sehr getrübt, meinte sie.
        Ich fragte sie nun vorsichtig nach dem Grund dieses Zwistes und da meinte die gute Frau Müller, dass ihre Sabine völlig konträre Ansichten zu ihrer Konfirmation hätte. Sie wäre nur bereit, in Jeans und T-Shirt zur Kirche zu gehen, dieses ganze Getue mit festlicher Kleidung wäre ein altväterliches Relikt aus Kaisers Zeiten und sie wolle endlich mit diesem Rattenschwanz von uralten Gewohnheiten Schluss machen. Ja, und all ihre Freundinnen würden es genau so machen und darum sei es jetzt beschlossen und »sie habe fertig!«
         Meine Nachbarin war völlig aufgelöst von dieser Entscheidung ihrer Tochter. Alles, was sie zu den Einwendungen äußerte nach dem Motto ... »feierlich und
Verwandtschaft und was sagen die Leute und so weiter«, wurde von der Kleinen abgetan mit: »Mama, du bist so was von peinlich!«
Es geht mich ja nichts an - aber ich wüsste doch zu gern, wie dies Problem mal enden wird ...

         
 ©byH.C.G.Lux


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Kommentare (8)

ehemaliges Mitglied

Ich denke,  wir haben in unserer frühen Jugend selbst  solche seltsamen Kleider Ideen gehabt.  Bei 15jährigen sollten die Eltern allerdings noch in der Lage sein,  sich durchzusetzen. 

Aber leider sind ja selbst viele Eltern kein Vorbild mehr für gute Kleidung. Viele kaufen nur noch in Billigläden und die Wahrnehmung für gutes Anziehen können sie daher nicht an ihre Kinder weitergeben. 

Ich sehe es auch selbst, als zum Beispiel jahrelange Theatergängering, sehr viele , auch ältere Menschen, kommen  mittlerweile in Jeans ins Theater.  Und wann sieht man heute noch eine Frau im Kleid oder Rock?

Also, mich wundert es daher nicht,  dass viele Jugendliche kein Gefühl mehr haben für das "gut aussehen".

 

ladybird

Lieber Horst,
Die Straßenspiele,die Du anführtst, sind ganz sicher ausgestorben.....ob es nicht schon mit dem TV anfing und den nachmittags Kindersendungen? Seit ewiger Zeit gibt es auch keine "Hüpfkästchen" mehr gemalt auf den Bürgersteigen (das war wohl ein typisches Mädchenspiel) und ich bin froh, dass meine Kinder (heute 50) dieses noch spielen konnten .
Nenn mich spießig, oder "peinlich", wie die Tochter Deiner Nachbarin es sagt:
ich meine eine bestimmte Kleidung zu entsprechenden Anlässen ist einfach angebracht, weil es einen gewissen Respekt der Sache gegenüber zollt. Die Badehose im Theater ist NICHT cool, sondern armseelig.....
Manchmal bin ich schon froh, in einem gewissen Alter zu sein und vielleicht diese "Ausuferungen" die sich bestimmt weiter ausbreiten, nicht mehr so lange aushalten muß.
Ich frage Dich, oder ist das nur ein gewisser NEID meinerseits?
herzlichst
Renate

KarinIlona

Nur mal so..... Mir kommt da eine "Gegen-Demo" in den Sinn. 
Um der Tochter die peinliche Mutter zu ersparen, würde ich als Mutter  (oder Eltern) vorschlagen: "Was soll's? Zieht an, was Ihr mögt, wir werden zur 'Zeremonie'  nicht anwesend sein!" 
Wenn das Eine geht, sollte das Andere doch auch möglich sein. Offen sein für Neues auf beiden Seiten, oder etwa nicht?
Jeder kann doch mal ausprobieren, wie weit Toleranz/Intoleranz oder Gleichgültigkeit gehen können..... meint
KarinIlona,
am schwersten trägt die Mutter an dieser Entscheidung, da bin ich mir sicher!


 

JuergenS

wenn ich heute studieren würde, würde ich Orthopäde werden wollen, denn der Kopf, der da nach unten ständig geneigt wird, hat um die 2 kg, und die Wirbel werden ganz vorne direkt aufeinander gedrückt mit etwa 20 kg. Nachdem im Alter bei allen die HWS Probleme machen wird, kann man alle gleichartig therapieren, das vereinfacht den Job, deshalb würde ich den haben wollen.😉

Welchen Irrsinn werden die übernächsten Generationen wohl haben?
Vielleicht starren dann alle nach oben, wieder HWS-Problem, 180 Grad gedreht?

Pan

Brauchen die dann nicht mehr, weil alle nur noch mit diesen 3-D-Geräten vor dem Kopf herumlaufen! 
Da brauchst Du dann keinen Orthopäden mehr - vielleicht eher einen
"Psycho-ana-troniker"? 
lacht 
Horst

werderanerin


Ich denke bei deinem Bericht an meine "Große"..., die hatte gerade im letzten Jahr ihre Jugendweihe im schönen Friedrichstadtpalast in Berlin.

Sie hatte sich ganz besonders schick gemacht, hatte ein tolles Kleid an. Die Vorbereitungen begannen ja schon Monate vorher...Auf der Bühne standen letztlich wohl an die 500 Jugendliche..., alle waren schick anzusehen, auch die Jungs hatten sich in Schale geschmissen. Ein schönes Bild !

Ich weiß nicht, in Jeans dort anzutanzen, kam ihr nie in den Sinn, deswegen kann ich auch nur schlecht nachvollziehen, was deine Nachbarin erzählte...aber was solls, sicherlich war es genauso und ich bin da ehrlich..., ja, so einiges ist zum Glück heute anders, ob schöner oder besser...keine Ahnung und wenn die Jugendlichen das so möchten, dann sollen sie es doch machen.
Worin besteht das Problem ?

Wenn man das Bild so ansieht, kann einem schon Angst und Bange werden...ist das "daddeln" wirklich die Zukunft, man bräuchte ja eigentlich nichts weiter als Handys, wo raufgestarrt wird...traurig aber wahr !!!

Kristine

Syrdal


Nun, lieber Pan, das wüsste ich auch liebend gerne, wobei es mir allein schon peinlich ist, die der Mutter gegenüber „losgelassene“ Bemerkung zu lesen. Aber vielleicht ist das heute üblich und „normal“…
Doch gleich erinnere ich mich an meine Jugendzeit. Damals (1959) diskutierten die Eltern mit meiner um einige Jahre jüngeren Schwester (Nesthäkchen), wie hoch der Absatz der Festtagsschuhe zur Konfirmation sein durften. Schließlich endete die Sache mit einem Kompromiss von 3 cm und alle waren es zufrieden. Auf diese Weise war die „junge Dame“ zumindest ein recht zufriedenes Dämchen.

Wenn ich mir nun noch das Foto über deiner Erzählung betrachte, empfinde ich größtes Bedauern mit den Teenagern, weil deren ganze große Welt, wie man da sehen kann, auf ca. 6 x 12 cm geschrumpft ist. Es kommt mir so vor, als ob sie aus einem Raumschiff durch ein klitzekleines Bullauge auf die bunte Vielfalt der schönen Welt schauen, freilich unvorstellbar viel entdecken, aber nichts von allem anfassen können. Welch eine „geschönte Armut“! – Da lob ich mir die tollen Abenteuer, die wir barfuß und in kurzen Lederhosen in Wald und Feld erlebt haben oder mit einem alten Fußball auf dem Bolzplatz u.v.m. Nun ja, es hat sich eben alles verändert. Aber wurde es besser? Wirklich?

..fragt Syrdal

 

Pan

So ist es, lieber Syrdal. Ich sehne mich manchmal richtiggehend nach den zerkratzten Armen und Beinen meiner Schulzeit und dem Spiel auf der Straße, wie z.B. "wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann?" u.Ä.
Ist das alles ausgestorben???
fragt
Horst


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