Lerne Ordnung, liebe sie ...
Lerne Ordnung, liebe sie!
Sie erspart Dir Zeit und Müh'.
Diesen Spruch bekam ich mal als kleines Mädchen zu hören und warum auch immer, es lag mir, mich damals da herein zu finden. Anders meine vier Jahre ältere Schwester. Was sie in vier Jahren Internatsbeschulung abgeliefert hat, weiß ich nicht, aber als ich an ihrer Stelle dort „einsitzen“ durfte, erwartete mich anfangs die dort drohende Haltung der erziehenden Nonnen. Doch bei mir mussten sie nicht aktiv werden.
Als ich wieder zuhause lebte, gab es regelmäßig bereits beim Abendbrot von unserem Vater die oft genug schimpfend vorgebrachte Forderung, unsere Schränke bzw. die wie Schubladen nutzbaren Sitzbänke um den Esszimmertisch ordentlich aufzuräumen. Nicht nur einmal bat mich heimlich unsere Große, ihr beim Aufräumen ihrer Unordnung zu helfen …
Das liest sich jetzt wie fast stinkendes Selbstlob! Aber es soll nur darstellen, wie die Situation unter uns Schwestern war. Mit der Zeit stellte sich bei mir auch etwas mehr Großzügigkeit ein. Irgendwann – ich hatte schon meine eigene Familie – war das auch ein Thema zwischen unserer Stiefmutter und mir. Sie wehrte ab, als ich mich für irgendeine Kleinigkeit entschuldigte: „Du hattest immer deine Ordnung, Deine Schwestern mochten sich nicht daran halten!“
Zu der Zeit aber hatte ich längst entdeckt, dass auch unsere Älteste endlich verstanden hatte, was das Sprichwort in den Raum stellt. Wenn ich sie besuchte, fand ich die nun herrschende Sterilität ihrer neuen Ordnung in ihrer Wohnung schrecklich! Ich fühlte mich wie in einer unpersönlichen Möbel-Verkaufsausstellung.
Mein Ältester hatte längst seine „Ordnung“ in mein Leben gebracht und ich fand es ganz normal, dass ein Kleinkind sich in gewisser Weise seine eigene „Un“-Ordnung herstellt. Da war dann die Erfahrung mit meiner fast fünf Jahre später geborenen Tochter für mich fast unglaublich: Sie war regelrecht zornig, als die gut ein Jahr alte „Krabbeline“ feststellte, dass ich ihr zum Spielen und „Krach machen“ meine Kochtöpfe und metallene Löffel und Rührgeräte vor den Küchenschrank auf den Boden gestellt hatte. Meine Vorstellung war, es würde ihre Neugier wecken und ihr Spaß machen. Aber diese Kleine war erst zufrieden, als die Töpfe wieder an ihrem Platz im Küchenschrank und die Löffel in der Schublade verschwunden waren. Erleben und Verstehen sind offensichtlich Zweierlei.
Meine Schwester durfte erst fünf Jahre nach ihrer Heirat den Umgang mit einem eigenen Kind erleben. Da aber hatte sich ihre „Verkaufs-Ausstellungs-Ordnung“ längst in ihr Verhalten eingegraben. Ihre Mädchen waren in allem stets „etepetete“. Bei sommerlich warmem Frühlingswetter besuchte sie meine Familie einmal in unserem „Schrebergarten“, wo sich unser Vierjähriger schon eifrig in Badehose in den Beeten und im Sandkasten betätigte. Vorsichtshalber musste mein Schwager sein Töchterlein, gekleidet in Sonntagskleidung und weißen Strumpfhosen, auf dem Arm behalten. Sie hätte sonst ja vielleicht mitspielen wollen und dabei ihre Kleidung beschmutzen können. Ein absolutes „No go“.
Hätte meine Schwester mitbekommen, dass ich kurz zuvor mit einem Spaten eine wohl vergiftete und sterbende Ratte mit dem Spaten zweigeteilt hatte, sie wäre vermutlich gar nicht in unseren Garten gekommen! Aber ich sah nur dieses – für mich eklige, für mein Kind „gefährliche“ – Tier und es war mir zu langatmig, erst meinen Mann zu rufen, wo doch zwischen unserem im Sandkasten spielenden Sohn und der Ratte allenfalls zwei Meter Abstand bestand. Der Junge hatte mein Tun gar nicht mitbekommen … Aber das gehört nicht zum Thema Ordnung.
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