Kiss me, stranger
Es ist lange her, viele Dezennien sind inzwischen vergangen, da geschah eine Geschichte, die nicht verbürgt ist - aber trotzdem wahr sein könnte.
In einem »Bummelzug« der heute stillgelegten Bahn zwischen Heilbronn und Marbach saßen in einem Abteil der damals 3.Klasse ein altes Mütterchen und ein farbiger Soldat der US-Army.
Die Bänke dieser alten Bahn waren aus Holz, in einem wunderschönen hellbraunen Holzton gehalten - aber, und das war die Crux, unheimlich hart und damals sehr unbequem. (Im Gegensatz dazu waren die Abteile der 1. und 2. Klasse gepolstert und deshalb auch angenehmer.)
Die beiden Leute saßen sich gegenüber, betrachteten sich aus den Augenwinkeln heraus, bis der Soldat nach einiger Zeit das Schweigen brach.
»Excuse me if I ask you something, what is it?«
Er zeigte dabei auf das Sitzkissen, dass die Frau auf der harten Holzbank benutzte.
»Des isch a Kissa!« Antwortete die alte Dame. Der Soldat fragte weiter: »Where to get it?«
Sie schaute ihn irritiert an, verstand dann, was er meinte: »Na weisscht du, im Lada natierlich.«
Der Amerikaner war nun beruhigt, sah immer wieder auf dieses Kissen und war ganz interessiert daran.
In Marbach angekommen, verabschiedeten sie sich höflich und gingen dann ihrer Wege.
»Excuse me, I would like to have a »Kissen«!
Die junge Frau bekam einen knallroten Kopf, sie verstand die Welt nicht mehr.
»Ja, eh, ja, ich muss erst mal nachfragen, einen Moment bitte!«
Der Soldat nickte mit dem Kopf, stellte sich geduldig an die Seite, während die Verkäuferin zu ihrem Abteilungsleiter eilte.
»Stellen Sie sich vor, da ist ein Ami, der will, dass ich ihn küsse, ist das nicht unerhört?«
Herr Mayer, der Abteilungsleiter, sah sie erstaunt an: »Na und? Ist das so schlimm? Tun Sie dem Mann doch den Gefallen, das sind halt unsere Freunde. Geben Sie ihm einen Kuss und alles ist in Ordnung.«
Die Verkäuferin ging nun ganz bestürzt zurück zu ihrem Kunden; lehnte sich dann über die Verkaufstheke und bot dem Soldaten ihren Mund an!
Jimmy aber, ganz entgeistert, schrie erschrocken auf. Dann, auf sein Hinterteil zeigend, sagte er laut - und jeder konnte es hören:
»No, no, not there kissen, here kissen!!!
Kommentare (7)
Lieber Horst,
da hast Du aber etwas Tolles ausgegraben. Ein Lacher zum Wochenende.
Was für ein herrliches Missverständnis !
Das erinnert mich an ein ähnliches Missverständnis im Pensionat, wo nur Französisch gesprochen wurde.
Nachdem ich im Schlafsaal die Eimer mit Waschwasser der Schülerinnen geleert hatte (in den Zellen gab es keine Waschbecken, nur Waschschüsseln), kam ich zu spät zum Frühstück und suchte nach einer Entschuldigung. Noch nicht allzu vertraut mit der französischen Sprache sagte ich:
"Excusez, j'ai fait l'eau au dortoir".
Der Lacher war perfekt.
Mit Dank und herzlichem Gruß von
Andrea
Nach dieser Geschichten darf ich gar nicht an meine Anfangszeiten in Indien zurück denken - möchte nicht wissen, welche Dinge ich damals fälschlich von mir gab im Zuge des Sprachenlernens...
Tolle Geschichte und ebenso toll wieder gegeben.
Da lernt er nun ein deutsches Wort und dann passiert so etwas, lieber Horst 😁. Danke für den Lacher. Das Gesicht der Verkäuferin kann ich mir sehr gut vorstellen.
Herzlichen Gruß von
Brigitte
Ach Horst, Deine lustige, hübsche Geschichte erinnert mich an meinen Ex-Schwager, farbiger Texaner. Als er und meine Schwägerin zusammenkamen, war ich die Einzige (außer seiner Frau), mir der er sich halbwegs unterhalten konnte.
Einige Jahre später war er mit einer anderen Deeutschen zusammengekommen, mit der er einen Sohn bekam. Als er uns besuchte, erzählte er stolz von dem Kleinen. Das erste Wort, dass ihm sein Söhnchen bot, war "Seisse"! Es gibt im Amerikanischen sicher viele Ausdrücke, mit denen geflucht werden kann. Doch "Seisse" kannte er nicht! Sein gutturales Lachen, als ich es ihm erklärte, hab ich immer noch im Kopf ...
Uschi