Jung im Hirn
"Du bist nie zu alt um dich jung zu fühlen" hat Hedda, meine weise Großtante immer gesagt und ihr Credo auch gelebt. Zu meiner Hochzeit zwängte sie sich mit 82 in ihr hautenges "Schwarzes" und erklärte augenzwinkernd, dass sich zwar mehr Hüftspeck angesiedelt hat, jedoch ihr Hirn unverändert flexibel und beweglich geblieben ist. Nun, da ich die 70 überschritten habe, denke ich viel an ihre humorvollen Worte, ihr Alter betreffend.
38 Jahre sind es nun her, seit meinem Hochzeitstag, und ich schaue oft auf das Foto an unserer Wohnzimmerwand, auf dem mein Mann Klaus mich über die Schwelle trägt. Gern blättern wir gemeinsam durch unsere Fotoalben, um unserem Alltag mit den schönen Erinnerungen etwas Farbe zu verleihen. Im Ruhestand werden spektakuläre Ereignisse seltener.
„Warum eigentlich?" frage ich mich gelegentlich. "Warum sollte sich mein ständiger Drang nach neuen Herausforderungen im letzten Drittel meines Lebens ändern?“
„Gewohnheiten machen alt, jung bleibt man durch die Bereitschaft zum Wechsel", sagte der berühmte Schauspieler Attila Hörbiger, der bis ins hohe Alter seine Visionen realisiert hat.
Es liegt also an mir mein Drittes Lebensalter interessant zu gestalten.
Vor einigen Tagen habe ich Ella kennengelernt. Sie fiel mir gleich auf, wie sie mit ihrem breitrandigen Hut genießerisch die ersten Sonnenstrahlen auf der Terrasse meines Stammcafes genoss. Wir kamen ins Gespräch und dann sagte sie den entscheidenden Satz: "Ich bin 93 und habe noch viel mit meinem Leben vor."
Dieser Satz hat mich nachdenklich gemacht. Ella ist 20 Jahre älter als ich. Würde ich dieses biblische Alter erreichen? Es hat mich nicht mehr losgelassen und ich dachte über die vergangenen beiden Viertel meines Lebens nach.
Was heißt überhaupt Alter? Wann sind wir alt? Zeit meines Lebens gab es Menschen, die älter waren als ich. Ab wann genau sind wir alt, ab dem 50. Lebensjahr oder ab dem 60. oder 70.? Da es keine beweisbare „Schallgrenze" gibt, retten wir uns in Termini wie „jung geblieben", „jünger wirkend" oder schlimmstenfalls „deutlich gealtert".
In welchem Alter wir uns auch befinden, es gibt immer jemanden, der uns als „alt" oder „jung" empfindet!
"Ich hoffe, dass mein Verfall an den Füßen beginnt" war ein Bonmot einer weisen Freundin, das mir bisher geholfen hat, wenn ich morgens beim Aufwachen meine knirschenden Gelenke sortieren muss und der Weg zum Kaffeeautomaten immer länger wird.
Ich habe mir in meinem Leben immer eigene Richtlinien gesetzt und wenig auf die Meinung anderer gegeben. Ich bestimme selbst, was das Älterwerden für mich bedeutet.
Das Altern geschieht nicht über Nacht. Es ist kein vorhersehbares Ereignis, das mich plötzlich und unerwartet erwischt.
Meine Devise war immer: Altern soll Spaß machen. Zehn Minuten lachen pro Tag hilft Gedächtnisschwächen zu überwinden. Jung zu sein ist sicherlich wunderbar, doch älter werden weitaus verrückter und bequemer. Wie sagte Schauspieler Burt ReynoLds: „Der Ruhestand muss etwas Herrliches sein. Man kann ja schließlich nicht ewig den Bauch einziehen.“ Denken Sie daran: Sie hören nicht auf zu lachen wenn sie älter werden, sondern sie erscheinen älter wenn sie nicht lachen.
Kommentare (12)
Hallo mal sage,
das Thema Alter hatte für mich eigentlich nie einen grossen Stellenwert und auch heute noch sage ich man ist so alt wie man sich fühlt und damit man sich nicht alt fühlt muss man schon selbst aktiv werden oder sein. Trotzdem gibt es Momente in denen einem schlagartig klar wird, dass man sich doch schon weit ins letzte Drittel seines Leben begeben hat . Bis zum plötzlichen Tod meines Mannes hatte ich nie Gedanken in diese Richtung und jetzt muss ich mein Leben umkrempeln; alles was vorher gemeinsam war ist nun einzeln und oft ganz schön schwierig . Leider tut nun Corona auch noch mitmischen und verhindert persönliche Kontakte aber egal das Alter ist eben auch nur eine Zeitphase des Lebens und jeder muss sein Leben so gut wie es geht gestalten .
ich wünsche allen noch recht schöne und gesunde Tage
jette aus berlin
Das Alter soll man nicht vergessen; man soll es einordnen lernen. Sonst führt der intuitive Drang, etwas noch zu beherrschen, zu herber Enttäuschung, vor allem wenn auch Krankheit mitspielt. Der lateinische Spruch "Ut desint vires, tamen est laudanda voluntas" muss flexibel ausgelegt werden.
Hallo Manfred, wenn du das Wort "vergessen" semantisch korrekt interpretierst, gebe ich dir recht. Vergessen können wir unser Alter nicht, denn wir werden ständig durch altersbedingte Schwächen daran erinnert. Hinzu kommt, dass wir in einer Gesellschaft leben, die dem Alter weder Wertschätzung gibt noch einen adäquaten Platz einräumt. Daher ist mein Credo, ständiges Interesse für den Zeitgeist beibehalten, um mit Veränderungen positiv umgehen zu können.
Da spricht offensichtlich eine Seniorin, die ihren Lebensweg sehr bewusst gegangen ist.
Ihr Beitrag zeigt, wie unterschiedlich der Weg dorhin sein kann: Die einen stolpern und taumeln irgendwie durch die Jahre, die anderen versuchen, sie zu gestalten.
Hallo Silesio, das Leben ist zu kostbar, um es taumelnd zu durchschreiten. Ich habe auf meinem Lebensweg immer Menschen gesucht und gefunden, die meine Fähigkeiten erkannt und gefördert haben. Es gehört natürlich Wille, Risikobereitschaft und Vorstellungsvermögen dazu.
alles korrekt, was ihr hier schreibt.
Allerdings hatte ich gerade ein Erlebnis, wo kein Training mehr hilft.
Ich habe drei viertel meine Lebens ohne Handy ohne Computer verbracht.
Trotz aller Aufgeschlossenheit und Selbstdisziplin bin ich zunächst, gescheitert, ein kleines elektronisches "Kästchen" zu aktivieren.
Nicht etwa, weil ichs nicht kapiert hätte, sondern die Langsamkeit duldete das System nicht, ich mußte zu oft hin und her schalten zwischen PC und dem Gerätchen, das dauerte und man musste immer wieder was eingeben.
Nun muß ich demnächst meinen Bank-Berater aufsuchen.
Und das alles nur, weil das System TAN auf Handy abgeschaltet wird.
Wird schon, aber is halt anders.😏
Hallo Jürgen, du unterscheidest dich immerhin von vielen älteren Menschen insofern, dass du nicht aufgibst und den Willen zu Veränderungen hast.
Da stimme ich Dir voll zu, Kristine, für mich persönlich geht es auch nicht ohne Bewegung, fast täglich. Und auch wenn ich ein wenig eingeschränkt bin, versuche ich, mich zu bewegen. Mein Lebensmotto ist eh: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es." Neugierig bleiben, das Leben genießen und sich an Kleinigkeiten erfreuen, viel lachen, auch über mich selbst, das ist mein Jungbrunnen. Und wahrscheinlich kommt mein Fahrrad mit in mein Grab.😆😆😆
Einen netten Abend wünscht
Jutta
Hallo @Eva Maria,
das freut mich sehr, dass wir auf einer Wellenlänge liegen!👍👍👍
Einen netten Gruß an Dich von
Jutta
Ja, liebe Eva-Maria...die wohl ewige Frage nach dem "Alter" und was das eigentlich wirklich ist...deine kleine Erzählung erinnert mich an meine Oma..., sie wurde 100 Jahre und war bis zu ihrem 90. Lebensjahr noch so fit, dass sie sogar mit dem Rad zu ihrem kleinen Garten fuhr, der nicht weit von der Wohnung entfernt lag.
Im Garten selbst war sie immer aktiv und die frische Luft war auch ganz sicher Grundlage für dieses hohe Alter. Es war ihr Leben...ob sie damit glücklich war, sei dahingestellt..., oft bestimmt nicht aber darüber wurde ja kaum gesprochen.
Da kommt schon auch die Frage auf..., habe ich hoffentlich auch diese Gene oder nur ein paar davon...?
Meine Tante, ihre Tochter ist heute bereits auch schon stattliche 89 Jahre, lebt auch noch allein in ihrer Berliner Wohnung. Macht alles noch selbst und werkelt auch in ihrem Garten herum.
Ich weiß nicht, ob es "Die" Antwort gibt (ganz sicher nicht...) aber ich denke oft, dass das Alter also die Zahl so gar nicht wichtig ist. Eine Zahl sagt nämlich nichts über den "Zustand" eines Menschen aus !
Es ist die Lebensweise (!) , wie man mit Körper und Seele älter wird.
Dazu gehört z.b. für mich schon immer das aktive Leben (körperlich wie seelisch)! Ist das nun gut oder nicht oder...ich sag mal so..., für mich ganz persönlich ist ein aktives Leben, möglichst draußen ganz sicher lebenswichtig. Ohne das alles würde ich "eingehen" wie ein Primel ohne Sonne, ohne Wasser.
Ich merke natürlich auch Unterschiede und spüre hin und wieder Schmerzen in Füßen und Beinen aber ich versuche das zu nehmen und kein Drama draus zu machen. Bewegung aller Art ist nicht nur wichtig, es tut auch der Seele gut. Das spüre ich oft, wenn ich unterwegs bin...Neues erfreut mich und zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht.
Ich denke sogar, dass es für uns Rentner*Innen sehr wichtig ist, immer auch ein gewisses (kleines) Tagesziel zu haben. Es strukturiert den Alltag nicht nur, es fordert meine Gehirnzellen !
Im Übrigen stimme ich dir zu mit den Zeilen "Gewohnheiten machen alt, jung bleibt man durch Bereitschaft zum Wechsel"...aber ich glaube auch, dass genau das sehr schwer oft ist aber nicht unmöglich !
Oft frage ich mich ja auch, warum machst du das jetzt nicht einfach...??? Bequemlichkeit, Bedenken, der innere, große Schweinehund oder was ist das...
Danke für das Thema, wo sicherlich jeder andere Antworten hat !
Kristine
Habe ich hier irgendwo schon mal gesagt:
Wir sind doch alle gleich alt.
Nur nicht zur selben Zeit!
Und manche beschließen, dem irdischen Schauspiel ein früheres Ende zu verpassen als andere.
Die Seele ist der Regisseur ...
Gruß an alle Alternden (= ALLE) 😉
Puzzlerike ... immer schon irgendwie alt 😜
Sagte doch meine Oma,
als ich erst drei war, schon:
Zeig mal deine Finger.
Wie ALT bist du?