Ist Sie die Glücklichste aller Frauen?


Ist Sie die Glücklichste aller Frauen?

Diese Frage dürfte zu allen Zeiten eine der Fragestellungen des Alltags gewesen sein. Von einer besonderen Raffinesse aus der Zeit um 1890 berichtete einst Radebergs Amtsrichter Tränckner. In seinen damals veröffentlichten Kuriosa zur Justizgeschichte im Amtsgericht zitiert er einen „unverfänglichen Brief“. Derr Hintergrund lag in der Entscheidung des Gerichts, dass es eine legitime Forderung des Ehemannes sei, alle ankommenden oder abgehenden Briefe seiner Ehefrau zur Kenntnis zu bekommen.

Und so musste die Frau eines Handwerksmeisters eben zwischen den Zeilen schreiben:
Ich kann mich nicht beruhigen, teure Freundin,
so überglücklich fühle ich mich in meiner jungen Ehe,
bis ich Deinen bewährten, treuen Freundesbusen,
der stets in Übereinstimmung mit dem meinen schlug,
die so wunderbaren Gefühle anvertraut habe, die
mit dem Worte der süßesten, seelischen Aufregung
mein fast brechendes Herz erfüllen. Denn wisse,
mein mann ist der beste und herzigste Ehemann;
ich bin jetzt genau zehn Wochen verheiratet und
fand in „dieser Zeit noch nicht Grund zu sagen:
ich bereue den Tag, der uns verband. Mein Mann ist
in seinem Benehmen reizend gegen mich, nicht etwa
hässlich, widerwärtig, geizig und zänkisch, kurz,
wie jene Ungeheuer, die nur auf Tyrannei sinnen!
Die Frau – dies ist seine Ansicht – muss wie
Ein treuer Freund, ein treuer Kamerad, nicht wie
eine niedrige Sklavin behandelt werden; sie
Hat mit dem Manne gleiche Rechte, keines von beiden
muss, dies ist sein Prinzip, unbedingt gehorchen,
sondern eins muss dem andern gefällig sein!“
Ich weiß, mein Mann liebt nichts so sehr wie
mich, er hält ohne Frage nicht viel mehr auf mich, als auf
seine Stammkneipe und seine Trunkenheit
(denn so muss ich das Übermaß seiner Liebe nennen),
macht mich im Herzen oft errötend über die Unwürdigkeit
des Gegenstandes, den er liebt, wäre ich doch würdiger
Desjenigen, dem ich für das Leben verbunden bin!
Für jetzt genug meine liebe Freundin!
Möchtest Du immer so glücklich sein, wie ich un-
Fähig bin, von mir anders zu sagen, als: Ich bin sehr
glücklich!

Ein im ersten Lesen eher nichtssagender Brief, den der Ehemann juristisch überprüfen ließ. Er war nicht dahinter gekommen, dass man die erste Zeile lesen muss und dann jede zweite Zeile überspringt, „wenn man zwischen den Zeilen lesen will!“
Das Gericht fällte nur das Urteil: „Nichts zu beanstanden, so zulässig“.
Radeberg, 20. Dezember 1888. Gez. Tränckner, Amtsrichter

gefunden und nacherzählt von haweger

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Kommentare (1)

omasigi dachte ich irgendetwas stimmt nicht richtig zusammen.
Des Raetzels Loesung nen nst Du uns dann am Schluss.

Kommt daher der Ausdruck man muss zwischen den Zeilen lesen.

Dir wuensche ich ein schoenes Wochenende
omasigi

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